Fortschritte in der Wärmemanagementtechnologie sind erforderlich, um die thermischen Anforderungen zu erfüllen, insbesondere bei Geräten, die eine hohe Wärmeableitung erfordern und gleichzeitig eine sehr genaue Temperaturregelung bis auf wenige Zehntelgrade erfordern. In diesem Zusammenhang besteht ein entscheidender Bedarf an neuartigen thermisch hochleitfähigen Materialien in Kombination mit fortschrittlichen Technologien zur Wärmekontrolle.

Dazu werden verschiedene Verbundwerkstoffe experimentell untersucht, darunter MMCs auf Ag-, Cu- oder Al-Basis und hochleitfähigen Einschlüssen wie Kohlenstoff-Fasern, Graphitflakes, Diamanten und Kohlenstoff-Nanoröhren (CNTs), die das Potenzial haben, die Probleme zu lösen. Eines der wichtigsten Probleme ist die thermische Fehlanpassung zwischen den Wärmequellen und den Wärmesenken. Dies führt zur Entwicklung von Verbundwerkstoffen, bei denen die Matrix eine hohe intrinsische Wärmeleitfähigkeit und die Füllstoffe sowohl eine hohe intrinsische Wärmeleitfähigkeit als auch einen sehr niedrigen Ausdehnungskoeffizienten aufweisen, so dass ein Werkstoff mit einem insgesamt niedrigen CTE und einer hohen Leitfähigkeit entsteht. Aufgrund der CTE-Fehlanpassung zwischen den Wärmequellen und den Wärmesenkenmaterialien kann es zu Delaminationen kommen, die zu einem Versagen der Bauteile führen.

Die Abbildung zeigt das Problem der thermischen Fehlanpassung bei hochleitenden Matrizen wie Ag oder Cu und dem niedrigen CTE von Standard-Halbleiter-Wärmequellenmaterialien (Si, GaAs,...) sowie die Eigenschaften von Füllstoffen wie Diamanten und auch einiger kommerziell erhältlicher Verbundwerkstoffe (Al/SiC, Cu/Cf und Al/Cf-Verbundwerkstoffe).

Das Diagramm zeigt den Zusammenhang zwischen Wärmeleitfähigkeit und Ausdehnungskoeffizienten verschiedener Materialien, die für heat-sink Anwendungen von Bedeutung sind

Das Diagramm zeigt den Zusammenhang zwischen Wärmeleitfähigkeiten und Ausdehnungskoeffizienten verschiedener Materialien, die für heat-sink Anwendungen von Bedeutung sein könnten. Die Darstellung zeigt, dass es einen "gap" zwischen den typischen Halbleitern wie Si, GaAs und den höchstleitenden Metallen wie Cu, Ag und Al gibt. Durch den Einsatz vom MMCs mit sehr hochleitenden Stoffen wie Diamanten, C-Fasern etc. kann aber der Ausdehnungskoeffizient an den des Halbleitermaterials angepasst werden und gleichzeitig höchste Wärmeleitfähigkeiten erreicht werden, welche benötigt werden, um die hohen Wärmelasten aus den Halbleitern effektiv abzuführen.

Obwohl das Interface zwischen den Bestandteilen eines Verbundwerkstoffs ein komplexes Thema ist, ist es von enormer Bedeutung, die Spannungen und die thermische Grenzflächenleitfähigkeit zu beherrschen, um das volle Potenzial hochleitfähiger Phasen auszuschöpfen. Daher muss die Grenzfläche sorgfältig untersucht werden.
Dies geschieht entweder durch die Verwendung metallischer Legierungen mit geringen Zusätzen karbidbildender Elemente, durch Zusätze von Elementen mit einer gewissen Affinität zu Kohlenstoff oder durch die Abscheidung dünner Zwischenschichten von Karbidbildnern auf den Verstärkungsphasen. Eine solche Zwischenschicht kann auch durch Mischen auf molekularer Ebene oder durch Gasphasentransportabscheidung erfolgen. Die Forschung konzentriert sich auf theoretische Überlegungen sowie auf die Untersuchung der Wachstumsmechanismen. Ein weiterer, recht neuer Ansatz besteht darin, entweder die spezifische Oberflächenrauigkeit von Diamanten zu erhöhen, um den lokalen Wärmefluss zu verringern, oder die Oberflächen-Terminierung der Diamanten zu beeinflussen. Letzteres hat sich als recht wirksam erwiesen, um den Wärmewiderstand an der Grenzfläche drastisch zu verringern. Die Erhöhung der Oberflächenrauigkeit kann relativ einfach durch Behandlung von Diamantpulvern in Säuren wie Schwefelsäure, Salpetersäure bzw. Königswasser erreicht werden. Die Terminierung der Oberflächen kann wiederum ebenfalls einfach durch oxidative bzw. reduzierende Behandlungen erreicht werden.

Theoretischer Ansatz zur Verbesserung der Interfaceleitfähigkeit in Verbundwerkstoffen

Die Interfaceleitfähigkeit zwischen Matrix und hochleitenden Inklusionen kann auf verschiedene Arten positiv beeinflusst werden: einerseits mittels Zwischenschichten, welche entweder durch das Zulegierung "aktiver" Elemente zur Matrix oder durch ein Beschichten der Inklusionen mit geeigneten Elementen erzeugt werden, durch eine Oberflächenstrukturierung zur Erhöhung Oberfläche, wodurch die lokale Wärmestromdichte sinken kann, oder durch eine geeignete Oberflächenterminierung der hochleitenden Inklusionen. Letztere ist v.a. bei Diamanten wichtig, da diese produktionsbedingt an der Oberfläche wasserstoff-terminiert sind. Durch eine Sauerstoffterminierung gelingt es aber den Phononenübergang deutlich zu verbessern. Dies ist z.B. auch durch eine deutliche Änderung des Benetzungsverhaltens an unterschiedlich terminierten Diamantoberflächen zu erkennen.

Phononenzustandsdichte verschiedener Substanzen als Funktion der Winkelfrequenz

Phononenzustandsdichte verschiedener Materialien als Funktion der Winkelfrequenz. Durch das Einfügen von elektrisch gut leitenden Zwischenschichten mit mittlerer Debye-Temperatur kann der Phononentransmissionswahrscheinlichkeitskoeffizient zwischen hochleitenden Diamanten und einer metallischen Matrix (hier Aluminium) verbessert werden. Grundsätzlich verhindern große Unterschiede in den Debyetemperaturen zwischen einer metallischen Matrix und einer hochleitenden Inklusion einen effizienten Phononenübergang, aber durch Auswahl geeigneter Zwischenschichten kann dies positiv beeinflusst werden.

Einfluss der Kontaktzeit bei der gasdruckinfiltration auf die Wärmeleitfähigkeit in Al-Diamant MMCs

In Al-Diamant MMCs hat die Herstellmethode einen bedeutenden Einfluss auf die Bildung von Interface-Reaktionen und damit die Entstehung bestimmter Reaktionsprodukte. So bildet sich zwischen Aluminium und Diamant Aluminiumkarbid Al4C3. Dieses ist zum einen wichtig für einen guten Phononenübergang zwischen dem Phonenleiter (Diamant) und dem Elektronenleitern (Metall) und damit für eine hohe Gesamt-Wärmeleitfähigkeit im Verbundwerkstoff. Allerdings ist dieses Karbid auch sehr hygroskopisch und kann damit im schlimmsten Fall zur Zerstörung des Bauteils führen. Daher ist die Kontrolle der Karbid-Bildung von besonderer Bedeutung. Wir konnten zeigen, dass bei einer Herstellung über Gasdruckinfiltration die Kontrolle der Kontaktzeit zwischen der Al-Schmelze und den Diamanten sehr wichtig ist. Die Karbidbildung wird aber auch ein Zulegierung von Si zum Al beeinflusst. Wir konnten auch erstmals die Karbidmenge analytisch quantifizieren.

Die Bildung eines Al-Karbids in Al-Diamant MMCs als Funktion der Herstellbedingungen

Die Bildung eines Al-Karbids in Al-Diamant MMCs als Funktion der Herstellbedingungen: je höher die Kontaktzeit zwischen Schmelze und Diamanten während der Gasdruckinfiltration, desto mehr Al4C3 bildet sich, wobei dies auf den unterschiedlichen kristallografischen Ebenen der Diamanten nochmals unterschiedlich sein kann. Durch Zulegieren von Si zu Al ändert sich die Menge und die Morphologie der Al4C3-Kristalle ebenfalls deutlich.

Ziel dieser Untersuchungen ist es Erkenntnisse über die thermische (und ggf. auch elektrische) Leitfähigkeit von metallischen Verbundwerkstoffen im Temperaturbereich von 4K bis zur Umgebungstemperatur zu gewinnen. Hochwärmeleitende Füllstoffe wie Diamanten werden einer Matrix aus Ag, Al oder Cu durch Flüssigmetall-Infiltrationsmethoden oder durch PM-Prozesse hinzugefügt. Kleine Proben werden in einem 4He-Kryostaten montiert und während des Durchlaufs durch das Temperaturprogramm bis 300 K wird zwischen einem Heizer und einer Wärmesenke, die an beiden Enden der Probe gegenüberliegend verankert sind, ein stationärer Wärmefluss erzeugt. Dadurch kann die Wärmeleitfähigkeit bestimmt werden (Kooperation mit Institut für Festkörperphysik der TU Wien, Prof. Dr. E. Bauer).

Schematische Messanordnung zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit im Temperaturbereich zwischen 4K und Raumtemperatur

Schematische Messanordnung zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit im Temperaturbereich zwischen 4K und Raumtemperatur. Der nötige Temperaturgradient über die Probenlänge wird über einen Dehnmessstreifen auf der einen Seite der Probe erzeugt, die andere Seite ist in Kontakt mit einer heat-sink. Die gesamte Probe wird dann in einen 4He Kryostaten eingebaut, auf ca. 4K abgekühlt und dann wieder langsam auf Raumtemperatur erwärmt.

Verlauf der Wärmeleitfähigkeit und der elektrischen Leitfähigkeit von Ag-3Si zwischen 4K und Raumtemperatur.

Die Verfügbarkeit der Raumtemperatur- und der 4-K-Werte des elektrischen Widerstands ermöglicht im Allgemeinen die Ableitung des so genannten RRR-Verhältnisses (Residual Resistivity Ratio) des elektrischen Widerstands, das eine Bewertung des Rest-Siliziums in fester Lösung ermöglicht. Hochwertige Materialien zeichnen sich durch große Werte des RRR aus. Während in einer naiven Betrachtung ein zunehmender Si-Gehalt mit zunehmender Unordnung in der Probe und damit größeren Widerständen einhergehen würde, zeigen experimentelle Daten RRR-Verhältnisse von 3,81, 4,23, 5,62 und 13,7 für x = 0,001, x = 0,0025, x = 0,005 bzw. x = 0,03 Si. Dies deutet darauf hin, dass die Materialien mit niedrigem Si-Gehalt eine schlechtere Qualität aufweisen als die mit höherem Si-Gehalt. Außerdem lässt sich eine erhöhte statische Unordnung ablesen für x=0,001 aus dem Restwiderstand (ρ4,2 K =0,61μ Ωcm) im Vergleich zu x=0,03 ablesen, wobei ρ4,2K =0,17μ Ω cm etwa weniger als ein Drittel des ersten Wertes. Der Grund für diese Beobachtung kann entweder auf Probleme bei der Bildung von Si-Ausscheidungen zurückzuführen, die sich nicht leicht in einer Ag-Si-Matrix bilden. Es besteht jedoch eine gute Chance, dass Si zu vorhandenen Si-Teilchen diffundiert und so aus dem Ag-Si-Mischkristall ausgeschieden wird.
Da es im Ag-3Si viele solcher vorhandenen Si-Teilchen gibt, ist der Diffusionsweg kurz. In Legierungen mit x ≪ 0,03 gibt es nur wenige Si-Teilchen zum Andocken, so dass der Mischkristall kinetisch stabilisiert ist. Andererseits kann man hier die Löslichkeitsgrenze von Si in Ag sehen. Beides unterstützt die Entscheidung, Ag-3Si als Matrixzusammensetzung für die Herstellung von von Diamant-Verbundwerkstoffen einzusetzen.

Wärmeleitfähigkeit von Ag-Diamant MMCs im Temperaturbereich zwischen 4K und Raumtemperatur.

Das Diagramm zeigt die Wärmeleitfähigkeit von Ag-3Si Diamant MMCs im Temperaturbereich zwischen 4K und Raumtemperatur. Dabei zeigt sich ein deutlich unterschiedliches Verhalten zwischen größeren und kleineren Diamanten, sowie einer Sauerstoffterminierung der Diamantoberflächen und solchen, welche nicht behandelt wurden und damit wasserstoffterminiert sind. Kleinere Diamanten führen zu deutlich geringeren Wärmeleitfähigkeiten im MMC, wohingegen die höchsten Leitfähigkeiten mit den größten Diamanten erreicht werden können.

Interfaceleitfähigkeiten von Ag-3Si/Diamant MMCs im Temperaturbereich zwischen 4K und Raumtemperatur

Das Diagramm zeigt die Berechnung der effektiven Interfaceleitfähigkeiten von Ag-3Si/Diamant MMCs. Die Quadrate stellen unbehandelte Diamanten dar, die Dreiecke sind die Ergebnisse von MMCs bei denen die Diamantoberflächen sauerstoffterminiert wurden. Die Daten werden mit h(T)-Ergebnissen verglichen, die von Collins und Monachon an Al/O/Diamant-Grenzflächen durch TDTR "Time Domain Thermoreflectance" Experimente erhalten wurden. Es zeigte sich, dass durch die Oberflächenterminierung der Diamanten die Interfaceleitfähigkeit im System Ag-3Si/Diamant bedeutend verbessert werden kann.

Neutronendiffraktionsuntersuchungen am FRM II in München von Al-Diamant MMCs. Ziel war es den Einfluß verschiedener Herstellparameter auf die mechanischen Eigenschaften und die unterschiedlichen Spannungen und Dehnungen zwischen der Metallmatrix und den Diamanten zu ergründen. Dabei zeigt sich, dass die Kontaktzeit zwischen einer Metallschmelze und den Diamanten während der Gasdruckinfiltration, sowie die Oberflächenmodifikation einen bedeutenden Einfluss auf die Interface-Haftung bzw. Delamination zwischen den Partnern haben.

Versuchsaufbau zur Neutronendiffraktion am FRM II in München für die Messung der Dehnung in Al-Diamant MMCs

Versuchsaufbau zur Neutronendiffraktion am FRM II in München für die Messung der Dehnung in Al-Diamant MMCs am Stress-Spec Gerät.

Diagramm zeigt die Dehnung gegen die Spannung bei der Neutronendiffraktion von Al-Diamant-MMCs

Das Diagramm zeigt die Dehnung gegen die Spannung bei der Neutronendiffraktion von Al-Diamant-MMCs, hergestellt mittels Gasdruckinfiltration bei verschiedenen Kontaktzeiten zwischen Schmelze und Diamanten. Je länger diese Kontaktzeit, desto stärker ist das Interface ausgebildet und höhere Spannungen können übertragen werden. Allerdings sinkt die Wärmeleitfähigkeit des Verbunds, da sich eine dickere Aluminiumkarbid (Al4C3) Grenzschicht zwischen den Diamanten und der Al-Matrix bildet, welche einen höheren Interface-Widerstand bewirkt.