In einem naturbelassenen Waldfusslauf liegt Totholz im und quer über den Fluss

Die Erhaltung oder Wiederherstellung von Ökosystemen ist zu einem wichtigen Thema im Wasserbau geworden. In der Ingenieurpraxis mangelt es an Werkzeugen oder Methoden, was auf den fehlenden Einblick in Prozesse an der Schnittstelle von Strömungsmechanik, Sedimenttransport und Ökologie zurückzuführen ist. Beispiele hierfür sind die Wiederherstellung der Sedimentdynamik durch Flussaufweitungen, die Gestaltung von Uferzonen, die Gestaltung von Rückzugsgebieten, die Sanierung von Einmündungsbereichen zu Hotspots für die biologische Vielfalt, die Gestaltung von Laichgebieten für Fische, die Anreicherung des Flussbetts durch den Einbau großer Gestein oder großer Hölzer.

Abb. Holz in einem Fluss, das die Heterogenität Strömung, der Morphologie und des Substrats verstärkt

 

 

Der Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf den hydromorphologischen Prozessen und Funktionen von (Tot-)Holz (Abb). Totholz spielt in Flüssen eine wichtige Rolle. Es schafft Heterogenität in der Strömung (Stagnationszonen, Wellen, Düsen, Wirbelablösung, Zonen erhöhter Turbulenz usw.), in der Morphologie (Kolk- und Ablagerungszonen) und im Substrat (Sedimentsortierung) und verbessert dadurch die Lebensraumvielfalt. Darüber hinaus gibt es auch Mikroströmungs- und Habitatstrukturen auf der Oberfläche des Holzes selbst. Holz führt auch zur vorübergehenden Speicherung von Nähr- und Schadstoffen. Es hat aber auch nachteilige Auswirkungen: Es verursacht einen zusätzlichen Strömungswiderstand, der zu einem Anstieg des Wasserspiegels und zu einer Erhöhung des Hochwasserrisikos führen kann. Die Anreicherung von Großholz hat ein großes Potenzial als Flussrenaturierungstechnik, aber es fehlen derzeit wissenschaftlich fundierte Gestaltungsrichtlinien.

Im Rahmen der Dessertation von Théo Fernandez (Beginn 08.2021) wird in Laborexperimenten untersucht, wie zylindrische Hindernisse im Fluss die Strömung, den Sedimenttransport, Kolke, die Morphologie und Überschwemmungsgefahren beeinflussen. Der Anwendungsbereich geht über Holz in Flüssen hinaus: horizontale Zylinder sind auch repräsentativ für Pipelines in Flüssen, und vertikale Zylinder sind auch repräsentativ für Brückenpfeiler. Diese Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hydromechanik am KIT, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (Olivier Eiff). Als Beispiel für technologische Innovation hat mein Team kostengünstige Kraftmessdosen zur Messung der auf den Zylinder wirkenden Gesamtkraft und eine Reihe kostengünstiger Dehnungsmessstreifen zur Analyse der räumlich-zeitlichen Kohärenz der Wirbelablösung im Kielwasser der Zylinder entwickelt.

Die Doktorarbeit von Iqbal Pratama (begonnen 10.2021) untersucht die Bildung von Holzstaus an Brücken mit Hilfe von Laborexperimenten in Kombination mit numerischen Simulationen. Einblicke in die Prozesse, die der Stau-Bildung zugrunde liegen, sollen zu Richtlinien für ein verbessertes Brückendesign führen, das die Risiken der Stau-Bildung minimiert.

Ingo Schnauder (Postdoc) untersucht die Hydro- und Morphodynamik im Bereich von Totholz, das als Flussrenaturierungsmaßnahme in den Fluss eingebracht wird. Der Schwerpunkt liegt auf dem Strömungsfeld und der Entwicklung der Bathymetrie in der Nähe des Holzes, der Retention im Kielwasser des Holzes und der Entwicklung von Richtlinien für die optimale Gestaltung von Holzstrukturen im Fluss.