Titel

Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.

Geburtsjahr und -ort

1965, Klagenfurt / Kärnten

Studium/Studienrichtung

Technische Chemie, TU Wien

Interviewdatum

28. Februar 2012

Professorin Knaus im Kurzinterview

Die Forschungsarbeiten in meiner Gruppe sind thematisch sehr breit gestreut. Aktuell beschäftigen wir uns mit der Modifizierung von Polyolefinen durch Ankoppeln funktioneller Gruppen mittels Pfropfcopolymerisation in einem Mini-Extruder bzw. der photochemischen Funktionalisierung von Polyolefin-Oberflächen. Dadurch sollen ganz bestimmte Eigenschaften der Polyolefine verbessert werden, wie z.B. die Haftung an Metallen oder die Verträglichkeit mit polaren Komponenten in Blends und Compositen. Parallel dazu arbeiten wir an der Entwicklung von kohlenhydrat-basierenden Trägermaterialien für die Affinitätschromatographie und der Modifizierung von technischen Ligninen, um diese bisher fast ausschließlich  energetisch verwerteten nachwachsenden Rohstoffe auch stofflich zu nutzen. Die thematische Breite ist darauf zurückzuführen, dass die meisten meiner Projekte im Rahmen von Industriekooperationen durchgeführt wurden und werden, und die Firmen über die Jahre mit den unterschiedlichsten Themenstellungen an uns herangetreten sind.

 

An die TU Wien und in den Bereich Chemie haben mich eigentlich Zufälle geführt. Ich habe eine neusprachliche AHS besucht und wäre nach der Matura nie auf die Idee gekommen, Chemie zu studieren, da dank eines schlechten Lehrers keinerlei Begeisterung für dieses Fach geweckt worden war, und ich es auch nur für ein Theoriefach gehalten habe. Meine erste Studienwahl war eine Übersetzer- und Dolmetscherausbildung, wobei aber sehr bald klar war, dass das die falsche Wahl war. Ich bin dann zufällig als Besucher im Praktikum "Organische Chemie" gelandet und habe -  fasziniert davon, dass Chemie etwas mit manueller Tätigkeit zu tun hat - sofort die Studienrichtung gewechselt. Auch dass ich schlussendlich eine Universitätslaufbahn eingeschlagen habe, war nicht von langer Hand geplant. Ich habe die mir angebotene Universitätsassistentenstelle angenommen, weil ich unbedingt im Großraum Wien bleiben wollte, und es gleich nach Abschluss meines Doktoratsstudiums keine reizvollen Angebote aus der Industrie gab. Dass daraus ein Daueraufenthalt an der TU Wien geworden bin, ist auf die Faszination der Arbeit an der Universität zurückzuführen. Ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen, in dem ich mein Fachwissen zur Lösung herausfordernder Problemstellungen einsetzen und meine wissenschaftliche Neugier befriedigen kann, gleichzeitig mit Menschen arbeiten kann, für die ich als Vorgesetzter, Lehrer und/oder Mentor fungiere, und durch Arbeit im Rahmen der universitären Selbstverwaltung an der Gestaltung des gesamten Arbeitsumfeldes mitwirken kann.

Dass ich sehr aktiv im Bereich der universitären Selbstverwaltung war und bin, ist wahrscheinlich auf mein „Frau-Sein“ zurückzuführen. Man muss aber dazusagen, dass ich schon lange vor jeder gesetzlichen Quotenregelung von den männlichen Kollegen gebeten wurde, den sogenannten „Mittelbau“ in verschiedensten universitären Gremien zu vertreten. Die Frage, ob das passiert ist, weil oder obwohl ich eine Frau bin, müsste man den Kollegen stellen.

Bei mir läuft das mit der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben zugegebenermaßen nicht optimal. Aus verschiedensten Gründen ist die Arbeitsbelastung in den letzten Jahren stetig gestiegen, und es ist sehr schwierig, nicht weiterhin Abstriche beim Privatleben zu machen, wenn es beruflich nötig erscheint. Zum Glück habe ich ein soziales Netzwerk, das mich (noch) immer geduldig unterstützt. 

Wenn ich es auf eine Empfehlung reduzieren soll, dann lautet diese „nicht die typischen Frauenfehler machen“, also sich klare Ziele stecken und diese auch deutlich formulieren, mehr Selbstvertrauen statt übertriebener Bescheidenheit, nicht glauben, mehr Leistung bringen zu müssen als ein Mann, um akzeptiert zu werden, sich nicht schämen, weil man Quotenfrau in einer Männerdomäne ist, sondern stolz darauf sein, und es nicht als Einzelkämpferin versuchen, sondern Netzwerke aufbauen und an Coaching- und Mentoringprogrammen teilnehmen.