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Neues CD-Labor: So bremst man Züge

Schienenfahrzeuge möglichst rasch abzubremsen ist eine schwierige technische Aufgabe. An der TU Wien wird daran nun in einem neu eröffneten Christian Doppler Labor geforscht.

CD-Labor-Leiter Johannes Edelmann - und ein Schema einer Zugbremse

Schienenfahrzeuge haben einen großen Vorteil gegenüber Fahrzeugen mit Gummireifen: Der Rollwiderstand ist gering, man verliert kaum Energie durch Reibung, das macht den Schienenverkehr so effizient und umweltschonend. Doch wenn man rasch bremsen möchte, dann wird genau dieser Vorteil zum Nachteil, denn dann ist möglichst hohe Reibung gefragt.
An der TU Wien soll die Bremstechnologie von Schienenfahrzeugen nun genauer untersucht und verbessert werden – in einem neuen Christian-Doppler-Labor, das am 5. Juni 2023 eröffnet wurde. Ermöglicht wurde das durch das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und den Industriepartner Knorr-Bremse.

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher betont die Relevanz des Forschungsgebietes: „Kürzere Bremswege bei geringerer Materialabnutzung erhöhen Pünktlichkeit und Sicherheit aller schienengebundenen Fahrzeuge, also von Eisenbahn, Straßenbahn oder U-Bahn. Gleichzeitig sinken dadurch Instandhaltungskosten sowie Ressourcen- und Energieverbrauch. Exzellente Grundlagenforschung, wie in diesem CD-Labor, ist das Fundament für zukünftige Innovationen des Schienenverkehrs. Davon profitieren nicht nur Reisende sowie Pendlerinnen und Pendler, sondern auch der Standort Österreich und die Umwelt."

Sand und Magnete

„Der Bremsweg ist bei Schienenfahrzeugen normalerweise viel länger als man das vom Auto kennt“, sagt Prof. Johannes Edelmann, der das neue Labor leitet. „Ganz besonders bei Nässe oder auch durch Verunreinigungen wie nasses Laub im Herbst kann es oft zu Problemen kommen.“ Es gibt unterschiedliche Techniken, die Bremswirkung bei Straßenbahnen oder Volleisenbahnzügen zu erhöhen. Eine Möglichkeit sind Sandungssysteme: Im Zug wird Sand mittransportiert, der dann bei der Bremsung direkt vor den Rädern auf den Schienen verstreut werden kann. Das sorgt für stärkere Reibung.

Außerdem sind in Schienenfahrzeugen oft Magnetschienenbremsen eingebaut. „Dabei handelt es sich um einen Metallrahmen mit Elektromagneten, der im Fahrwerk des Schienenfahrzeugs angebracht ist“, erklärt Johannes Edelmann. „Beim Bremsen werden die Elektromagnete an die Schiene gezogen und schleifen auf der Schiene.“

Der Kontakt zwischen Schiene und Rädern spielt in diesem Fall gar keine Rolle – selbst wenn die Räder aufgrund schlechter Bedingungen rutschen, kann man mit Magnetschienenbremsen immer noch anhalten. 

Bessere Bremsleistung, weniger Verschleiß, weniger Energieaufwand

Auch wenn das Grundprinzip recht einfach ist – genau herauszufinden, wie man solche Bremssysteme optimiert, ist eine wissenschaftlich höchst komplizierte Angelegenheit. „Man muss beispielsweise das dynamische Verhalten während des Bremsprozesses genau verstehen“, sagt Johannes Edelmann. „Die einzelnen Komponenten können schwingen, das kann die Bremswirkung beeinträchtigen.“ Besonders wenn man über Schienenkreuzungen und Weichen oder über verschmutzte Schienen fährt, ist die Interaktion zwischen dem Bremssystem und der Schiene sehr komplex.
Mehrere Forschungsdisziplinen greifen hier ineinander: Die Mechanik, mit der man die Bewegung beschreiben und Reibungskräfte berechnen kann, die Elektrodynamik, mit der man das elektromagnetische Verhalten der Magnetschienenbremse analysiert, und die Tribologie, die sich mit Abnützung und Verschleiß von gegeneinander reibenden Materialien beschäftigt. Im Rahmen des Christian Doppler Labors sollen mathematische Modelle und komplexe Computersimulationen dazu entstehen. Außerdem wird man Messungen durchführen, ein eigener neuer Prüfstand soll dafür an der TU Wien errichtet werden.

„Es geht darum, gleich mehrere Ziele gleichzeitig zu erreichen“, sagt Johannes Edelmann. „Wir möchten eine gute Bremsleistung, besonders auch bei schwierigen Bedingungen. Außerdem soll durch bessere Bremssysteme der Verschleiß minimiert und die Infrastruktur geschont werden. Und zusätzlich möchten wir auch noch das Gewicht der Bremssysteme minimieren, um Energie zu sparen.“

Über Christian Doppler Labors

In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafter_innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).

Rückfragehinweis

Prof. Johannes Edelmann
Institut für Mechanik und Mechatronik
Technische Universität Wien
+43-1-58801-325110
johannes.edelmann@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at