Female Biography Analysis
Das Forschungsprojekt von Marita Haas zielt auf den Vergleich von Identitätskonstruktionen von Frauen in männer- bzw. frauendominierten Berufen, im Einzelnen in Naturwissenschaft und Technik bzw. Pädagogik. Folgende zentrale Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wie sehen individuelle Biographien in Naturwissenschaft und Technik vs. Biographien in der Pädagogik aus? Wie gehen die Frauen mit ihrer (weiblichen) Rolle im Berufsfeld um? Wie konstruieren diese Frauen ihre Identitäten? Werden Geschlechter- und Berufsidentitäten in den beiden Berufsfeldern unterschiedlich konstruiert? Wie sind diese Konstruktionen miteinander verknüpft?
Der Forschungsansatz bezieht sich auf die Prinzipien der Figurationssoziologie (Elias 1987) und legt den Fokus auf die untersuchten Frauen und die Art und Weise, wie Frauen ihre Biografien wahrnehmen. Auf der Grundlage von narrativ-biographischen Interviews (Schütze 1983) werden die Selbstwahrnehmungen und Identitätskonstruktionen von Frauen in männerdominierten vs. frauendominierten Berufsfeldern untersucht. Um die Identitätskonstruktionen in den beiden kontrastierenden Berufen umfassend zu untersuchen, wird ein Teil der Stichprobe mit einer typischen, zusammengefassten Lebensgeschichte aus dem jeweils anderen Berufsfeld konfrontiert. Durch die vergleichende Perspektive der Untersuchung wird ein Aushandlungsprozess mit der eigenen Biographie erwartet, der tiefere Einblicke in die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu anderen Biographien offenbart (Appelsmeyer 1996). Der Hintergrund der Studie basiert auf i) der Theorie der "doppelten Sozialisation" und der Tatsache, dass das Leben von Frauen nach wie vor auf Familie und Beruf basiert (Becker-Schmidt 1987) und ii) der Segregation von Berufen und Berufshierarchien nach Geschlechteraspekten (Wetterer 2002; Teubner 2009). Darüber hinaus lag der Schwerpunkt der jüngsten Forschung von Marita Haas auf den Karrierewegen von Frauen in Wissenschaft und Technik. Ergebnisse des Leaky Pipeline Projekts zeigten, wie Identitätskonstruktionen von Wissenschaftlerinnen mit ihrem Minderheitenstatus als Frau in einem männerdominierten Beruf zusammenhängen (Haas et al. 2016). In diesem Zusammenhang folgt das vorgeschlagene Forschungsprojekt der These, dass jeder Beruf seine inhärenten (Geschlechter-)Regeln und (Rollen-)Erwartungen hat und dass diese Faktoren (weibliche) Biografien prägen und mit ihnen in Wechselwirkung stehen.
Das vorgeschlagene Projekt untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Identitätskonstruktionen und der (männlich oder weiblich dominierten) beruflichen Lebensgeschichte. Diese Forschung wird Beiträge zu konstruktivistischen Ansätzen und zur Sozialtheorie über die Wechselbeziehung von Biographien mit Geschlecht und Berufen liefern. Darüber hinaus werden die Ergebnisse die bestehenden biographischen Modelle für Frauen erweitern.
Marita Haas hat eine Hertha-Firnberg-Post-Doc-Stelle an der Technischen Universität Wien, die vom Österreichischen Wissenschaftsfonds finanziert wird.
Empfohlene Literatur
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- Beauvoir, Simone de (1949) The Second Sex. David Campbell Publishers: London.
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- Butler, Judith (2004) Undoing Gender. Routledge: London.
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- Dausien, B. (2009). Differenz und Selbst-Verortung - Die soziale Konstruktion von Geschlecht in Biographien als Forschungskonzept. In: Aulenbacher, B. & Riegraf, B. (eds.) Erkenntnis und Methode. Geschlechterforschung in Zeiten des Umbruchs. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden.
- Hermanns, Harry (1992). Die Auswertung narrativer Interviews. Ein Beispiel für qualitative Verfahren. In: Hoffmeyer-Zlotnik, Jürgen H. P. (ed.) Analyse verbaler Daten. Über den Umgang mit qualitativen Daten Westdeutscher Verlag: Opladen.
- Kanter, Rosabeth Moss (1977) Men and Women of the Corporation. Basic Books: New York.
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- Wetterer, Angelika (2002) Arbeitsteilung und Geschlecherkonstruktion. 'Gender at Work' in theoretischer und historischer Perspektive. Universitätsverlag Konstanz: Konstanz.