In den letzten 25 Jahren hat die Menschheit dieselbe Menge an festen Rohstoffen gewonnen wie in der gesamten Menschheitsgeschichte davor. Um die dabei entstehenden Umweltbelastungen zu reduzieren und generell weniger Ressourcen zu verbrauchen, benötigt man neue Ansätze und ein Umdenken.
Die TU Wien unterstützt diesen Prozess durch Grundlagenforschung und interdisziplinäre anwendungsorientierte Forschung. Der Schutz, die Nutzung und das Management unserer primären Ressourcen wie Wasser, Mineralien und biologische Rohstoffe ist unseren Expert und Expertinnen genauso ein Anliegen wie die optimale Nutzung der vom Menschen über längere Zeiträume erzeugten Materiallager (sekundäre Ressourcen).
Unsere Zukunft wächst nach
Wirkliche Nachhaltigkeit erreichen wir dann, wenn das Angebot an Rohstoffen der Nachfrage langfristig entspricht und dabei keine irreversiblen Veränderungen der Umwelt eintreten. Neue Verfahren der Prospektion, der Stoffgewinnung, der Stoffsubstitution wie auch nachwachsende Rohstoffe sind dabei von großer Bedeutung – Forschungsteams der TU Wien leisten einen wichtigen Beitrag dazu. Abgesehen davon, dass aus Biomasse mit neuen Technologien umweltfreundlich und CO2-neutral Energie gewonnen werden kann, wird man in Zukunft aus pflanzlichen Ausgangsstoffen über Lignin und Cellulose wertvolle Chemikalien für die Industrie gewinnen (Stichwort Bioraffinerie). Wichtig ist hier zu betonen, dass unsere ExpertInnen biologische Nebenprodukte nutzen und somit keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion besteht.
Auch ökologische Baumaterialien (wie Holz, Lehm, Stroh, Schilf, Verbundwerkstoffe, …) und biologische Grundstoffe werden an der TU Wien aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt und in speziellen Konstruktionen eingesetzt, um Gebäude mit gesundem Raumklima zu schaffen. Ziel ist es, Technologien den menschlichen Bedürfnissen und Ressourcen anzupassen und nicht umgekehrt.
Der Umgang mit Ressourcen
Damit uns einerseits wertvolle stoffliche Ressourcen nicht verlorengehen und sich andererseits schädliche Stoffe nicht rund um uns anreichern, müssen wir Stoffkreisläufe noch besser verstehen lernen. An der TU Wien wird analysiert und bewertet, wie sich Stoffe in der Natur und in der Anthroposphäre ausbreiten – im Boden, im Wasser, in der Luft aber auch in Bauwerken und Siedlungen. Hier geht es um Wert- und Schadstoffe, um Nährstoffe und Düngemittel, genauso wie um Metalle und Spurenstoffe: richtig eingesetzt tragen sie entscheidend zum Wohlstand bei, kümmern wir uns jedoch nicht um die Nebeneffekte, kann dies langfristig verheerende Wirkungen haben. Die TU Expert und Expertinnen erarbeiten sich deshalb ein Verständnis über den anthropogenen Stoffwechsel als Ganzes, d.h. über die gesamten, vom Menschen geschaffenen Stoffflüsse und -lager (von der Quelle bis zur letzten Senke). Die Analyse, Bewertung und Gestaltung von Stoffflüssen ist notwendig, um die gesellschaftlichen Ziele „Ressourcenschonung“ sowie „Schutz von Mensch und Umwelt“ zu erreichen. Mathematische Modelle und Wissensbasen geben uns nicht nur ein Verständnis des aktuellen Zustandes, sie dienen der Früherkennung, Prioritätensetzung und erlauben künftige Entwicklungen vorherzusagen.
Anwendungsbeispiele sind u.a. die Optimierung abfallwirtschaftlicher Systeme, die Erarbeitung von Grundlagen für urbanen Bergbau (Urban Mining), die Entwicklung neuer Technologien und Konzepte in der Wasser- und Abwasserwirtschaft sowie die Erstellung von Konzepten für eine umweltverträgliche Ernährung und Landwirtschaft.
Insbesondere als Basis für eine optimale Wasserwirtschaft sind Stoffstromanalysen unentbehrlich. Leben braucht Wasser – an der TU Wien werden Grundlagen und Maßnahmen für einen ökologisch optimierten Wasserkreislauf untersucht. Oberflächen- und Grundwasser werden charakterisiert und in theoretischen Modellen abgebildet, sozialwissenschaftliche und gesundheitliche Aspekte werden integriert und neue Methoden für Bewertung und Monitoring entwickelt.
Abfall ist wertvoll
Der größte Energiebedarf und auch die stärkste Umweltbelastung entlang eines Lebenszyklus entstehen bei der Rohstoffgewinnung. Effiziente Entsorgung und Aufbereitung sind deshalb wichtige Maßnahmen, um sowohl die Umwelt zu schützen als auch den Energiebedarf zu reduzieren. Ob bei Baustoffen, Elektronik, metallischen Werkstoffen, Abwasser oder Textilien – die Expert und Expertinnen der TU Wien erarbeiten die Grundlagen für eine ökologisch orientierte, ökonomisch erfolgreiche Verwertung von sekundären Rohstoffen. Selbst aus Klärschlamm lassen sich noch nutzbare Stoffe wie lebenswichtiger Phosphor gewinnen. Die Trennlinie zwischen zu entsorgendem Abfall und wertvollem Rohstoff wird in Zukunft stets neu zu ziehen sein.
Die TU Wien setzt schon seit geraumer Zeit wesentliche Impulse für die Abwasseraufbereitung und -entsorgung. Die weltweit anerkannte Expertise reicht von der Planung über den Bau und die Optimierung bis zum Betrieb von Abwasserreinigungsanlagen, sowohl von mechanischer als auch von biologischer Seite. Mit verschiedenen Methoden und Technologien können heute unerwünschte Stoffe abgeschieden und gefiltert werden, und auch die Trinkwasseraufbereitung stellt einen wichtigen Aspekt dar.
Die Technologieführerschaft Österreichs in Urban Mining (der „Stadtbau“ als Antonym zum „Bergbau“) fußt zu einem entscheidenden Teil im Beitrag der Forscher und Forscherinnen der TU Wien. Rohstoffe müssen am Ende ihrer Lebensdauer rückgewonnen werden können. Dazu ist es notwendig, einerseits schon bei der Gestaltung von Produkten einzugreifen, andererseits eine systematische Erfassung und Katalogisierung von anthropogenen Rohstofflagern durchzuführen. Sowohl private und öffentliche Bauwerke und Infrastruktur (unter anderem Deponien, Kläranlagen) als auch alltägliche Produkte bilden ein enormes Potenzial an wiederverwertbaren Materialien (Phosphor, Eisen, Aluminium, Kupfer, Zink, Blei, Lithium und viele mehr).
Die ganze Welt - und noch viel mehr
Der Umgang mit Ressourcen hat viele Aspekte: Nicht nur ökologische, sondern auch politische, wirtschaftliche und soziologische. Wie geht es mit der Verfügbarkeit von Rohstoffen weiter? Was bedeuten die bevorstehenden, nötigen Veränderungen für verschiedene Regionen, für Unternehmen, für die Abfall- und Wasserwirtschaft? An der TU Wien spielt Ressourcenmanagement eine entscheidende Rolle – unsere Expert und Expertinnen begnügen sich nicht mit Details, sondern behalten das große Ganze im Auge. Nur wenn man von Anfang an bedenkt, wie das Gesamtbild am Ende aussehen soll, lassen sich die vielen kleinen Mosaiksteine richtig einordnen.
Wasserwirtschaft (Nutzung)
- Gewässerökologie
- Flussgebietsmanagement
- Grundwasserwirtschaft (inkl. Wasser und Gesundheit)
Anthropogener Stoffhaushalt und Stoffstromanalysen
- Stoffbilanzen von (Schwer-)Metallen, Giftstoffen, Nährstoffen, Luft(schad)stoffen
- ressourcenschonende Stoffkreisläufe
- Wasser/Abwasser
Recycling/Urban Mining (anthropogene Lagerstätten)
- mineralische und metallische Ressourcen (P, Fe, Cu, Pb, ...)
- Baustoffe, Baurestmassen
- Fasergewinnung (Textilien, Fahrzeugteile)
- Metallische Werkstoffe
- Elektronik, etc.
Entsorgung/Aufbereitung
- Abwasser (Sammelsysteme und Kläranlagen)
- Abfallverwertung (vor allem Bio)
- sichere letzte Senken schädlicher Substanzen
Nachwachsende Rohstoffe
- ökologische Baumaterialien (Holz, Stroh, Verbundwerkstoffe, ...)
- biologische Grundstoffe (Biomasse im Allgemeinen, Zucker/Stärke, Cellulose/Hemicellulose/Lignin)
Ökologische und ökonomische Aspekte
- betriebliches und regionales Ressourcen- und Abfallmanagement
- Ressourcenökonomie
In diesem Themenfeld sind vor allem die Fakultäten für "Bauingenieurwesen" und "Technische Chemie" vertreten. Die Forschungsaktivitäten liegen in der angewandten Forschung, mit Ursprüngen in der Grundlagenforschung. Forschungsgruppen an mehr als 20 Instituten beschäftigen sich von den unterschiedlichsten Blickwinkeln mit den stofflichen Ressourcen unserer Umwelt.
In rund 70 Projekten jährlich werden etwa 2 Millionen € pro Jahr verforscht. Der wissenschaftliche Output ist in den letzten Jahren unverändert – mit einem leichten Anstieg bei den SCI-Publikationen.
Alle angegeben Daten und Informationen beziehen sich auf die Forschungsperiode 2016-2018 (in Anlehnung an die Periode der Leistungsvereinbarung).