Wir produzieren und konsumieren eindeutig über unsere Verhältnisse. Klimawandel, Umweltbelastungen und Ressourcenknappheit sind die zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft, denen wir uns stellen müssen. Wie können wir den Ressourcenverbrauch reduzieren und anfallenden Abfall sinnvoller verwerten? Ein Lösungsansatz ist das Konzept der Kreislaufwirtschaft.
Es gibt viele Ideen und Wege, mit denen der Kreislauf der Produktlebenszyklen geschlossen werden kann: von Produktion und Verbrauch bis hin zur Abfallentsorgung und zum Markt für Sekundärrohstoffe.
Unterstützt durch digitale Technologien können die Wege von Produkten, Komponenten und Materialien nachverfolgt und die daraus resultierenden Daten auf sichere Weise zugänglich gemacht werden, sodass alle Akteur_innen entlang des Wertstoffkreislaufs stets mit identen Daten arbeiten.
Die TU Wien forscht schon seit Jahren umfassend an kreislauforientierten Produkten, Materialien und Technologien sowie Modellen und Konzepten und betrachtet das Thema ganzheitlich aus verschiedensten Blickwinkeln.
Die Wiederverwertbarkeit bestehender Produkte und Materialien reduziert Abfälle und lässt sich auf verschiedenste Bereiche, wie beispielsweise auf den Bausektor, anwenden. Vor dem Hintergrund der Circular City wurden beim diesjährigen Blickpunkt Forschung Ergebnisse aus Forschungsprojekten präsentiert, die dazu beitragen, die gesamte Wertschöpfungskette auf allen Ebenen abzubilden: vom Produktdesign, die Wiederverwendung und das Recycling bis zur Verwertung, vom Geschäftsmodell bis zum Konsument_innenverhalten, vom Bauteil zum Stadtteil.
Aktuelle Forschungsergebnisse wurden zu folgenden Themen präsentiert:
Forschungskooperation Ass.Prof. Dr.techn. Dr.h.c. Andreas Hofer, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen, Forschungsbereich Städtebau, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
DI Andrea Überbacher, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, MSc
DI Wolfgang Gerlich, PlanSinn Planung & Kommunikation GmbH, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Das transdisziplinäre Projekt beschäftigte sich mit der nachhaltigen Transformation von Wohnquartieren der Nachkriegsmoderne in Wien und der Ermittlung von vorhandenen Potenzialen und Aktionsfeldern zum Zwecke der Quartiersertüchtigung, dem sogenannten „Retrofitting“. Retrofit_LABsVienna: „Retrofit“ bedeutet, gealterte Strukturen durch gezielte Interventionen zukunftsfit zu machen. Übergeordnetes Ziel ist es, eine räumliche „Retrofitting-“ Strategie zur architektonischen, ökologischen und sozialen Ertüchtigung von Wohnquartieren der Nachkriegsmoderne in Wien auf den Weg zu bringen. Dazu wurde ein Online-Dialog mit Stakeholdern in Wien Brigittenau geführt, um Bedürfnisse, Potenziale, Herausforderungen zu erheben. Der Begriff „Retrofitting“ bzw. „Retrofit“ steht dabei – anders als oftmals interpretiert – nicht nur für die Nachrüstung eines singulären oder mehrerer Gebäude, sondern inkludiert die Aufwertung des umliegenden urbanen Raums, der Freiflächen, sowie die Nachrüstung der sozialen und ökologischen Infrastrukturen, unter größtmöglicher Integration und Beibehaltung der vorhandenen Strukturen, bei gleichzeitiger paralleler partizipativer Prozessgestaltung. Im digitalen Online-Dialog-Modul wurde gemeinsam mit lokalen Wissensträger*In darunter Key-Stakeholder, Stadtteilakteur_Innen und Retrofitting-Expert_Innen aus vierzehn Wiener Institutionen erste konkrete Handlungsfelder, Bedarf sowie Ansatzpunkte zur trans- und interdisziplinären Prozessgestaltung erarbeitet. Ziel ist es diese Erkenntnisse in einem weiterführenden Projekt der angewandten Forschung als Mehrwert für Wien weiter zu vertiefen.
Projektwebsite, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Präsentation Hofer, Überbacher, Gerlich, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Univ.Prof. Prof.h.c. Dietmar Wiegand, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen, Forschungsbereich Projektentwicklung und -management, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster und Geschäftsführer der Movatoo GmbH
Peter Kneidinger, materialnomaden GmbH, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Im Rahmen der Begleitforschung zum Redevelopment des ehemaligen Hotels Waldhof in St. Corona am Wechsel werden unter anderem die Möglichkeiten und Hindernisse, die Kosten und Benefits des Recyclings von Baumaterialien und Bauobjekten untersucht. Bisherige Ergebnisse: Upcycling ist in bestimmten Kundenkreisen in Mode. Im Falle eines Abrisses fehlen für das Upcycling geeignete Plattformen zur Vermittlung von Angebot und Nachfrage, Fachkräfte für den zerstörungsfreien Ausbau und die Planung des Wiedereinbaus. Das Wissen über die breite Palette an Möglichkeiten des Upcycling muss durch Forschung verbessert und durch Bildung verbeitert werden.
Präsentation Wiegand, Kneidinger, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Dr.techn. Meliha Honic, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement, Forschungsbereich Integrale Bauplanung und Industriebau, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Das starke Bevölkerungswachstum sowie die daraus folgende Urbanisierung steigern den weltweiten Materialressourcen‐ und Energieverbrauch. Der Bausektor ist für 60% der extrahierten Rohstoffe verantwortlich und generiert zudem 40% der energiebezogenen CO2 Emissionen. In Österreich betragen die Abfälle aus dem Bausektor etwa 70% des gesamten jährlichen Abfallaufkommens ‐ Fakten, welche die dringende Notwendigkeit von Recyclingmaßnahmen unterstreichen. Der Bestand hat großes Potential um als Rohstoffreservoir zu dienen, jedoch fehlt derzeit das gesamtheitliche Wissen über den Gebäudebestand, welches das größte Hindernis für die Wiedernutzung und das Recycling von Materialien sowie Elementen darstellt. Hauptziel von BIMstocks ist die Entwicklung einer Methodik für die durchgängige digitale Erfassung der materiellen Zusammensetzung des Baubestandes zwecks Modellierung des Sekundärrohstoffkatasters sowie Prädiktion der Recyclingpotentiale, durch Erstellung eines BIM‐Objektekatalogs für typische Bestandsgebäude in Wien, Generierung von as-built BIM-Modellen und darauffolgende Hochskalierung auf Stadt‐Ebene. Etwa 10 Use Cases, welche einen großen Teil der für Wien typischen Wohnbauten abdecken, sollen erfasst werden, um somit eine Hochskalierung auf Stadt-Ebene zu ermöglichen. Finales Ziel ist die Generierung einer GIS‐basierten Urban Mining Plattform, welche die erlangten Informationen der einzelnen Use Cases einbettet, sowie die Recyclingpotentiale, Materialflüsse und Abfallmassen prognostiziert. Zudem soll ein Framework, welches die Umsetzung von Urban Mining Strategien ermöglicht, entwickelt werden. Das Framework soll alle Einzelschritte sowie die angewandten Methoden beschreiben. Das Projekt stellt somit die Fortsetzung des im Forschungsprojekt SCI_BIM entwickelten Rahmenwerks für die integrale Ermittlung von Geometrie und Material durch Kopplung von Laserscan und GPR-Technologie zwecks semiautomatisierter BIM-Modell Erstellung. SCI_BIM zeigte, dass die GPR-Technologie weitere Tests benötigt um a) Anwendung an unterschiedlichen Konstruktionstypen und b) eine Materialdatenbank aufzubauen, welche die Effizienz der Materialermittlung wesentlich steigern würde. Die Innovation des Projekts liegt in der Kopplung unterschiedlicher Technologien welche eine Skalierung von Bauteil-Ebene zur Stadt-Ebene ermöglichen: Aufnahmetechnologie mittels GPR, der Anwendung von Machine Learning zwecks automatisierter Ermittlung der Materialzusammensetzung, sowie prädiktive Modellierung auf Stadt-Ebene in der digitalen Urban Mining Plattform. Erstmals werden dabei auch die Unsicherheiten, die sich aus den Use Case Samples, den Messungen und die Hochrechnung ergeben, abgeschätzt. Das angestrebte Ergebnis ist, basierend auf GPR-Aufnahmen sowie darauffolgenden Machine Learning Algorithmen, die Erstellung eines Bauteilekatalogs für typische Wohngebäude in Wien, welcher eine Hochskalierung auf Stadt-Ebene ermöglicht, sowie die Einbettung der Bauteile bzw. Gebäude in die GIS-basierte Urban Mining Plattform. Der Hauptnutzen der aus BIMstocks entstehenden Ergebnisse ist die Erhöhung der Recyclingraten durch Anwendung von Urban Mining Strategien, wofür die generierte öffentliche Urban Mining Plattform als Basis dient.
Präsentation Honic, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Dr.techn. Kamyar Tavoussi, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Institut für Architekturwissenschaften, Forschungsbereich Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
In the last years, several projects of medium and high-rise timber-based multi-story buildings have been proposed and developed. In most of the cases, timber-concrete composite (TCC) floors play a significant role for the design of the structural slabs due to acoustic performance, fire protection and structural issues. Within several research projects and with the aim to optimize the structural and ecological characteristics of building components the Department of Structural Design and Timber Engineering (ITI) at the TU Wien developed timber-steel hybrid beams that can be used independently or combined with concrete floors. The combination of the proposed timber-steel hybrid beams with structural concrete slabs points to the development of prefabricated and semi-prefabricated timber-steel-concrete ribbed elements, optimizing the structural performance of the three combined materials and at the same time offering a global solution to structural performance, acoustic, fire protection, assembly and cost issues. Concrete slabs provide in-plane stiffness, enough mass for sound isolation and can be optimized from a structural performance point of view, meanwhile hybrid beams provide lightness, reduced structural depth and make frame semi-rigid joints easy to build. The idea is to prefabricate or semi-prefabricate the ribbed plates. In order to recognize the potential for future market implementation and to demonstrate the competiveness of the developed hybrid ribbed floor slabs, the economic feasibility and the ecological impact, structural elements were analyzed in several case studies.
Präsentation Tavoussi, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Associate Prof. Dr.techn. Alireza Fadai, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Institut für Architekturwissenschaften, Forschungsbereich Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
DI Klaus Engelhart, HolzVerbund GmbH, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Nachhaltige Gebäudestrukturen müssen eine einfache Veränderung sowohl der Grundrisse als auch der Gebäudetechnik bei Nutzungsänderungen innerhalb der Gebäudelebensdauer ermöglichen. Außerdem sind Nachhaltigkeitspotentiale durch eine effizientere Energie- und Baustoffausnutzung auszuschöpfen. Die Nachhaltigkeit von Tragsystemen lässt sich zum einen durch das Recycling, wobei hier zwischen dem Baustoff-, Bauteil- und Bauwerksrecycling zu unterscheiden ist, und zum anderen durch das Einsparen von Ressourcen verbessern. Die Einsparung von Ressourcen kann unmittelbar z. B. durch eine Verringerung der Verbrauchsmassen bei der Herstellung von Tragsystemen als auch mittelbar z. B. durch die Vermeidung von Umbaumaßnahmen infolge flexibler Nutzungsmöglichkeiten erfolgen. Das Ziel des gegenständigen Forschungsprojekts ist die Entwicklung multifunktionaler Deckensysteme (Spannweite größer oder gleich 6 Meter), die eine flexible Gebäudenutzung über den gesamten Lebenszyklus sicherstellen, sowie die Ableitung technischer Empfehlungen und Konstruktionsprinzipien zur Realisierung nachhaltiger holzbasierter Hybridkonstruktionen im Geschossbau. Dabei ist die Flexibilität bei sich ändernder Nutzung ohne Eingriffe in das Tragwerk des Gebäudes von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang wurde mit der Vollholzhybriddecken Engelhart GmbH eine neue Holzhybrid-Decke entwickelt. Die Frage der Vorfertigung wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle im Bauwesen spielen. Die Möglichkeit einer schnellen, genauen und wetterunabhängigen Montage spricht für solche Deckenelemente, die alle statischen und bauphysikalischen Anforderungen genügen und somit ökologisch und ökonomisch den heutzutage üblichen Bauweisen überlegen sein sollten. Darüber hinaus lässt sich das System zum einen sehr einfach montieren und auch wieder demontieren, sortenrein trennen und wiederverwerten. Die Möglichkeit, kleine Zimmereibetriebe in die Produktion von solchen Rippendeckenelementen einzubeziehen, erfordert die Einfachheit der Herstellung.
Präsentation Fadai, Engelhart, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Poster Fadai, Engelhart, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Dr.techn. Rainer Pamminger, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung, Forschungsbereich Konstruktionslehre, Fördertechnik und Ecodesign, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Circular Start into Business
In diesem Vortrag sollen die Ergebnisse zweier EU Projekte vorgestellt werden: CircularStart und KATCH_e: Ziel von CircularStart ist, Inkubatoren und Start-ups zu Unterstützung und schon zu Beginn deren Geschäftsmodelle kreislauffähig zu gestalten. Ergebnis des Projektes sind ein Guiding Tool, ein Bewertungstool (CSAT) sowie ein eLearing Kurs zur Integration der Kreislauffähigkeit entlang der Phasen der Geschäftsmodellentwicklung: Ideenfindung, Integration, Validierung und Implementierung. Diese Materialien wurden gemeinsam mit Start-ups getestet und Geschäftsmodelle für eine Kreislaufwirtschaft entwickelt. In Katch_e wurde u.a. auf Basis des Business model canvas eine Methode/Tool entwickelt wie man konkrete Kreislauf-Strategien in einem Geschäftsmodell umsetzt und welche Aspekte dabei in Betracht gezogen werden sollen.
Circular Economy Tools für den Verpackungssektor
Tools zur Bewertung und Umsetzung von Kreislaufwirtschaft in der Verpackungsbranche Zielgruppe: Inverkehrbringer von Verpackungen v.a. FMCG - Getränke, Kosmetika, Reinigungsmittel
Ergebnisse: -Umweltbewertungstool mit 3 Indikatoren (CO2-Fußabdruck, Ressourceneffizienz, Littering-Risiko); - Tool zur Integration von CE-Geschäftsmodellstrategien; - Tool zur Analyse des Produktdesigns hinsichtlich CE-Eignung
Projektwebsite Circular Start, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Projektwebsite KATCHE_e, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
Präsentation Pamminger, öffnet eine Datei in einem neuen Fenster
Die Projekte wurden im Rahmen von Kurzpräsentationen zusammengefasst. Im Anschluss gab es vor Ort die Möglichkeit zu einem Austausch mit TU Wien-Forschenden und Industrievertretungen.
Die Präsentationen finden Sie nach der Veranstaltung zum Download unter den jeweiligen Abstracts zur Nachlese.