Sex bzw. die biologische Dimension des Geschlechts

Sex bzw. das biologische Geschlecht verweisen auf die Biologie. Bei Menschen verweist Sex auf die biologischen Eigenschaften, die männliche, weibliche und/oder Intersex-Personen unterscheiden. Bei nichtmenschlichen Tieren verweist Sex auf biologische Eigenschaften, die Männchen, Weibchen und/oder hermaphrodite Tiere unterscheiden. In Technik und Produktdesignforschung erfasst Sex anatomische und physiologische Eigenschaften, die sich auf das Design von Produkten, Systemen und Prozessen auswirken können.

Definition von Sex für die biomedizinische Forschung: Menschen und Labortiere

Sex verweist auf die biologischen Merkmale, die männlich, weiblich und/oder intersex je nach den Funktionen unterscheiden, die sich aus dem Chromosomensatz, Fortpflanzungsorganen oder spezifischen Hormonen oder Umweltfaktoren herleiten, die die Expression von phänotypischen Merkmalen bei sich geschlechtlich fortpflanzenden Organismen beeinflussen. Diese Merkmale müssen in einem beliebigen Individuum nicht unbedingt im Einklang stehen (Ainsworth, 2018; Fausto-Sterling, 2012). Sex kann nach den folgenden Kriterien definiert werden:

1. Genetische Bestimmung des biologischen Geschlechts: chromosomale Ausstattung, bei den meisten Säugetieren gewöhnlich XX/XY. Die Anwesenheit von geschlechtsdeterminierenden Genen bedeutet, dass jede kernhaltige menschliche Zelle ein biologisches Geschlecht hat.

2. Gameten: Keimzellen. Bei Spezies, die zwei morphologisch abgegrenzte Typen von Gameten ausbilden, ist die Ei-Sperma-Unterscheidung die Grundlage der Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Individuen.

3. Morphologie: körperliche Merkmale, die weibliche und männliche Phänotypen unterscheiden.

a. Primäre Geschlechtsmerkmale bei Menschen und anderen Säugetieren sind unter anderem:

  • i. innere Fortpflanzungsorgane und Genitalien, die aus bipotenten Organen (z. B. undifferenzierten Gonaden, die zu Eierstöcken oder Hoden werden) und dualen Strukturen hervorgehen. Meist bleibt eine Struktur erhalten, während sich die andere zurückbildet.
  • ii. äußere Genitalien, die sich im Allgemeinen in eine von zwei Grundformen ausdifferenzieren: distale Vagina, Schamlippen und Klitoris bei weiblichen und Hodensack und Penis bei männlichen Exemplaren. Äußere Genitalien müssen allerdings nicht unbedingt das karyotypische oder innere genitale Geschlecht widerspiegeln (Fausto-Sterling, 2000).

b. Sekundäre Geschlechtsmerkmale bei Menschen und vielen anderen Tieren sind phänotypische Merkmale, die mit männlichen oder weiblichen Exemplaren assoziiert werden und in der Pubertät unter dem Einfluss von endogenen Östrogenen bei weiblichen und Androgenen bei männlichen Exemplaren hervortreten. Beispiele von sekundären Geschlechtsmerkmalen bei Menschen sind unter anderem die kleinere Statur und das breitere Becken, Brustentwicklung und größere Fetteinlagerungen an Oberschenkeln und Gesäß bei Frauen und breitere Schultern, mehr Muskelmasse, mehr Gesichts- und andere Körperbehaarung und männlicher Haarausfall bei Männern. Diese Merkmale variieren innerhalb der beiden Geschlechter und die Spektren überschneiden sich. Viele Frauen sind etwa größer als viele Männer und manche Frauen sind stärker als viele Männer.

Intersex-Varianten können als Varianten oder Kombination dessen definiert werden, was als charakteristisch männliche XY und charakteristisch weibliche XX chromosomale, Gonaden- und Genitalmerkmale betrachtet wird. In manchen Fällen haben Intersex-Individuen (je nach Kriterien in einer Größenordnung zwischen 1:100 bis 1:4.500) Genitalien oder andere Merkmale, die nicht eindeutig als männlich oder weiblich eingeordnet werden können (Jones, 2018; Arboleda et al., 2014; Karkazis, 2008; Kessler, 1998).

Definition von Sex für die Forschung an Labortieren

Sex verweist auf biologische Eigenschaften, die männlich, weiblich und/oder hermaphrodit unterscheiden.

Sex kann nach den folgenden Kriterien definiert werden:

1. Genetische Geschlechtsbestimmung: chromosomale Ausstattung (weiblich/männlich), etwa XX/XY, ZW/ZZ (Vögel und manche Insekten) und XX/XO (Insekten). Unabhängig vom Karyotyp bedeutet die Anwesenheit von geschlechtsbestimmenden Genen, dass jede kernhaltige Zelle ein Geschlecht hat.

2. Nicht-genetische Geschlechtsbestimmung: in vielen Spezies verbreitet (Gilbert, 2010). Sie ist sehr unterschiedlich und umfasst unter anderem:

  • a. Soziale Geschlechtsbestimmung: Bei vielen Fischen, Mollusken und anderen Spezies wird das Geschlecht über soziale Interaktionen mit den anderen Individuen einer Population bestimmt. Bei der Pantoffelschnecke Crepidula fornicata sind alle jungen Individuen männlich, manche wechseln jedoch abhängig von ihrer Position in einem Schneckenhaufen zum weiblichen Geschlecht.
  • b. Umweltbedingte Geschlechtsbestimmung: Beim Igelwurm Bonellia viridis wird das Geschlecht durch die physische Umwelt bestimmt. Larven, die am Meeresboden landen, entwickeln sich als Weibchen (~10 cm lang), während Larven, die ein geschlechtsreifes Weibchen durch ihren Rüssel aufnimmt, sich als Männchen entwickeln (~2 mm lang) und symbiotisch leben. Bei allen Krokodilen und einigen anderen Reptilienarten wird das Geschlecht teilweise oder ganz durch die Temperatur bestimmt. Bei manchen Spezies wird das Geschlecht innerhalb eines Temperaturspektrums genetisch bestimmt, außerhalb dieses Bereichs aber umweltbedingt.

3. Gameten: Keimzellen. In Spezies, die zwei morphologisch unterschiedliche Arten von Gameten hervorbringen, ist die Ei-Sperma-Unterscheidung die Grundlage der Unterscheidung zwischen weiblichen und männlichen Exemplaren. Bei einigen Spezies (sog. Sequentielle Hermaphroditen) kann sich die Art der Keimzellen verändern, die ein Individuum im Laufe des Lebens hervorbringt.

Hermaphrodit beschreibt ein Individuum, das im Lauf seines Lebens sowohl männliche als auch weibliche Gameten hervorbringen kann. Hermaphroditismus ist in der Natur sehr häufig und kommt bei ungefähr 30% der Tierspezies (außer Insekten) und den meisten Pflanzen vor (Jarne & Auld, 2006). Hermaphroditen werden entweder als simultan (Individuen, die gleichzeitig als männlich und weiblich funktionieren) oder sequentiell (Individuen, die zunächst im einen Geschlecht funktionieren und dann zu irgendeinem Zeitpunkt zum anderen Geschlecht wechseln) klassifiziert. Die Faktoren, die Zeitpunkt, Richtung und Häufigkeit des Geschlechtswechsels bestimmen sind in der Natur sehr unterschiedlich und sind von der Spezies und der sozial-ökologischen Umgebung des Individuums abhängig (Munday et al., 2006; s. Fallstudie: Meeresforschung, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster).

Definition des biologischen Geschlechts für Technik und Design

In der Technik- und Produktdesignforschung umfasst Sex anatomische und physiologische Eigenschaften, die sich auf das Design von Produkten, Systemen und Verfahren auswirken können (s. Portal: Designdenken, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster). Viele Geräte und Maschinen wurden für männliche Körper entworfen. Zum Beispiel basierten die Cockpits von militärischen und kommerziellen Flugzeugen traditionell auf männlicher Anthropometrie, was es für manche Frauen (oder kleine Männer) schwierig oder sogar gefährlich machte, als Piloten zu arbeiten (Weber, 1997). Crashtest-Dummys basieren ebenfalls auf männlichen Körpern; obwohl heute kleinere Dummys benutzt werden, um Frauen zu repräsentieren, modellieren sie weiterhin körperliche Unterschiede wie Nackenstärke nicht (s. Fallstudie: Inklusive Crashtest-Dummys, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster; Linder & Svedberg, 2019). Thermostate in Bürogebäuden, die auf männlichen Stoffwechselraten basieren, regeln die Temperatur für viele Frauen zu niedrig (van Hoof, 2015). Arbeitsplatzsicherheitsausrüstung (z. B. Sicherheitswesten für die Polizei) passen häufig Frauen oder kleineren Männern nicht.

Es ist auch wichtig, Unterschiede innerhalb von Gruppen von Frauen, Männern und genderdiversen Personen zu erfassen. Viele Apps zur Beobachtung der Menstruation werden Nutzerinnen mit unregelmäßigem Zyklus nicht gerecht (Tiffany, 2018).

For Data Collection:
The U.S. National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine recommend methods for data collection for the term “sex” (National Academies, 2022).

Works Cited

Ainsworth, Clair. (2015). Sex Redefined. Nature 518 (7539), 288-291.

Arboleda, V. A., Sandberg, D. E. & Vilain. (2014). E. DSDs: Genetics, underlying pathologies and psychosexual differentiation. Nat. Rev. Endocrinol. 10, 603–615.

Ainsworth, Clair. (2015). Sex Redefined. Nature 518 (7539), 288-291.

Fausto-Sterling, A. (2000). Sexing the Body: Gender Politics and the Construction of Sexuality. New York: Basic Books.

Fausto-Sterling, A. (2012). Sex/Gender: Biology in a Social World. New York: Routledge.

Fine, Cordelia, Joel, Daphna, & Rippon, Gina. (2019). Eight Things You Need to Know about Sex, Gender, Brains, and Behavior: A Guide for Academics, Journalists, Parents, Gender Diversity Advocates, Social Justice Warriors, Tweeters, Facebookers, and Everyone Else. The Scholar & Feminist Online 15 (2).

Gilbert, S. (2010). Developmental Biology, 9th Edition. Sunderland: Sinauer Associates.

Jarne, P. & Auld, J. R. (2006). Animals mix it up too: the distribution of self-fertilization among hermaphroditic animals. Evolution 60, 1816-1824.

Jones, T. (2018). Intersex studies: A systematic review of international health literature. Sage Open 8(2), 2158244017745577.

Karkazis, K. (2008). Fixing Sex: Intersex, Medical Authority, and Lived Experience. Durham: Duke University Press.

Kessler, S. (1998). Lessons from the Intersexed. News Brunswick: Rutgers University Press.

Linder, A., & Svedberg, W. (2019). Review of average sized male and female occupant models in European regulatory assessment tests and European laws: gaps and bridging suggestions. Accident Analysis & Prevention, 127, 156-162.

McCarthy, M., & Arnold, A. (2011). Reframing Sexual Differentiation of the Brain. Nature Neuroscience, 14 (6), 677-683.

Munday, P.L., Buston, P.M. and Warner, R.R., 2006. Diversity and flexibility of sex-change strategies in animals. Trends in Ecology & Evolution, 21(2), pp.89-95.

National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine. (2022). Measuring Sex, Gender Identity, and Sexual Orientation.

 Washington, DC: The National Academies Press. doi.org/10.17226/26424, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Ritz, S. A., & Greaves, L. (2022). Transcending the Male–Female Binary in Biomedical Research: Constellations, Heterogeneity, and Mechanism When Considering Sex and Gender. International Journal of Environmental Research and Public Health, 19(7), 4083.

Tiffany, K. Period-tracking apps are not for women. Vox, November 16, 2018.

van Hoof, J. (2015). Female thermal demand. Nature Climate Change 5, 1029-1030.

Weber, R. N. (1997). Manufacturing Gender in Commercial and Military Cockpit Design. Science, Technology, & Human Values 22 (2): 235-253.