Institut Teknologi Bandung, Indonesien, Sommersemester 2023/24
Max Jonathan Pommer und Yannick Pavel
Januar/Februar 2024
Hallo, wir sind Jonathan und Yannick und studieren im Masterstudium Architektur. Wir stießen eher zufällig auf das Austauschprogramm an der School of Architecture am Institut Teknologi Bandung in Indonesien. Als wir uns mit der Universität und dem Austauschprogramm auseinandersetzten, war recht schnell klar, dass wir uns hierher bewerben wollen. Entsprechend groß war die Freude, dass wir beide die zwei verfügbaren Studienplätze erhalten haben, da wir uns bereits seit Beginn unseres Masterstudiums sehr gut kannten und uns nun mit großer Vorfreude in das gemeinsame Abenteuer stürzen konnten.
Für jene, denen die Stadt Bandung noch kein Begriff ist: Bandung, die muslimisch geprägte Stadt ist mit circa 2,5 Mio. Einwohner_innen die viertgrößte in Indonesien. Sie liegt etwa 180 km südwestlich der Hauptstadt Jakarta inmitten der Insel Jawa. Bandung war bis zur Unabhängigkeit Indonesiens Hauptstadt der niederländischen Kolonien in Indonesien.
So begannen wir kurz nach unserer Zusage mit den Vorbereitungen für unseren Aufenthalt. Die Vorbereitungen für unser Auslandsstudium in Bandung waren mehrschichtig. Hauptsächlich erhielten wir unsere Informationen von Kontakten der ITB. Die Online-Anmeldung für die Study Acceptance war der erste Schritt, gefolgt von der Einreichung der Unterlagen für das Study Permit. Nach der Bestätigung beantragten wir das erste Visum (VITAS), das 3.000.000 IDR (ca. 180€) kostete. Aufgrund des frühen Semesterstarts Anfang Februar mussten wir die Flüge und unsere Unterkunft sehr zeitnah buchen. Obwohl die ITB Dormitories eine günstige Option waren, entschieden wir uns für eine eigene 3-Zimmer-Wohnung in Universitätsnähe. Notwendige Impfungen wurden im Klinikum Favoriten erledigt, mit Kosten von etwas unter 1000€. Ebenso mussten wir zwei Klausuren vorverlegen, da diese sonst mit unseren spätesten Abreisedaten nicht mehr möglich gewesen wären. Zusätzlich kümmerten wir uns um einen Internationalen Führerschein.
Die Anreise nach Bandung begann Ende Januar mit einem Flug über Istanbul nach Jakarta. Dort verbrachten wir die erste Nacht in einem Hotel, um am nächsten Tag weiter nach Bandung zu reisen. Für die Fahrt nutzten wir den neuen Hochgeschwindigkeitszug, der die Strecke zwischen Jakarta und Bandung in beeindruckenden 30 Minuten zurücklegte. Nach einer weiteren Fahrt mit Grab, einer Fahrservice-App, kamen wir endlich in unserer neuen Wohnung für die nächsten Monate an.
In den ersten Tagen in Bandung begannen wir die Stadt zu erkunden. Bereits vor Semesterbeginn ermöglichte uns die ITB-Whatsappgruppe für Internationals, rasch Anschluss zu anderen zu finden. Wenige Tage nach unserer Ankunft erkundeten wir gemeinsam mit anderen Austauschstudierenden die Stadt, besuchten Malls, Sehenswürdigkeiten und gingen gemeinsam Abendessen. Auch zu zweit unternahmen wir Trips, erkundeten unser Viertel zu Fuß und besuchten den großflächigen Unicampus im Norden des Zentrums. Dieser Campus beeindruckte nicht nur durch seine Ruhe und Grünflächen, sondern auch durch die vielseitige Architektur der Fakultätsgebäude. Auf dem Campusgelände gelten auch spezifischen Bekleidungsvorschriften für Studierende. Hier herrscht die Verpflichtung, mindestens schulterlange Oberteile zu tragen. Zudem müssen die Beine vollständig bedeckt sein, und das Tragen von offenen Schuhen wie Flip-Flops, Sandalen oder Birkenstock ist streng untersagt. Bei diesem Besuch lernten wir unseren Ansprechpartner Ronika kennen, der uns als studierender an der ITB bei unserem Studienstart unterstützte. Auch historische Sehenswürdigkeiten wie Gedung Sate, ein niederländischer Regierungssitz aus der Kolonialzeit mit einem Museum über die Stadtgeschichte im Untergeschoss, erkundeten wir gemeinsam.
Nach wenigen Tagen mussten wir unser Daueraufenthalts-Visum beantragen, wobei uns die ITB in der Antragsstellung unterstützte. Das Immigration-Office erforderte erneut eine Gebühr von 1.600.000 IDR (ca. 100€) und die Hinterlegung des Reisepasses. Nach wenigen Tagen konnten wir unser Dauervisum bis zum Semesterende abholen. Auch die Anmeldung bei der örtlichen Polizei und der Antrag auf eine Residential ID wurden vom International Office der ITB intensiv begleitet.
Am ersten Tag des neuen Semesters in Bandung, am 5. Februar, erhielten wir endlich einen Termin bei der Institutsleiterin, um unsere Kursauswahl zu besprechen. Da die ursprünglich angebotenen Kurse nicht verfügbar waren, entschieden wir uns spontan für ein Designprojekt. Wir erhielten die Informationen zum Start des Kurses und trafen unseren studentischen Tutor, der uns durch das Fakultätsgebäude führte. Den Tag schlossen wir mit einem Essen in einem lokalen Restaurant ab und freuten uns auf den offiziellen Beginn unseres Studiums in Bandung am nächsten Tag.
Februar/März 2024
Nach unserer ersten Woche im Universitätsbetrieb verabredeten wir uns, um mit einer 10-köpfigen Gruppe der anderen Internationals einen Wochenendausflug zu unternehmen. Nahe der südlich von Bandung gelegenen Stadt Ciwidey mieteten wir uns ein kleines Haus am Patenggangsee. Von dort aus unternahmen wir Ausflüge, wie zum Beispiel eine kleine Wanderung um den Mount Patuha, einem Vulkan mit einem schönen hellblauen See in dessen Krater. Auch unternahmen wir eine sehr schöne Wanderung über die hügeligen Teeplantagen der Region hin zum Cibuni Rengganis Crater, wo wir uns nach dem langen Fußmarsch in den dortigen heißen Quellen entspannen konnten.
Der Designprozess für unser Projekt war strukturiert und anspruchsvoll. Unser Kurs findet zweimal pro Woche statt, jeweils dienstags und donnerstags von 07:00 Uhr morgens bis 16:00 Uhr nachmittags. In der ersten Stunde erklärte man uns das Thema des Projekts: ein städtebaulicher Wettbewerb namens "Designing Resilience Singapore" in Singapur auf einer neu geschaffenen 800 Hektar großen Insel. Unser 36-köpfiger Kurs wurde in sechs Gruppen unterteilt, die sich mit verschiedenen Aspekten des Projekts befassen konnten, wie Städtebau, Gemeinschaft und Gebäude. Ein Höhepunkt ist ein geplanter Ausflug der gesamten Gruppe nach Singapur Mitte April.
Zu Beginn des Prozesses, im Februar, lag der Fokus auf der Literaturrecherche. Jede Woche mussten wir als Gruppe zwei Bücher durcharbeiten und zweimal wöchentlich die Inhalte präsentieren, die dann im Kurs diskutiert wurden. Obwohl der Kurs offiziell auf Englisch abgehalten wurde und die Professorin sehr darauf bedacht war, diese Sprache zu verwenden, fanden viele Diskussionen auf Bahasa statt, der offiziellen Sprache Indonesiens. Dies stellte für uns manchmal eine Herausforderung dar, da wir das Gefühl hatten, wichtige Informationen zu verpassen.
Im März, in Vorbereitung auf die erste große Zwischenpräsentation Ende des Monats, verbrachten wir viel Zeit damit, Vergleichsprojekte zu recherchieren und erste Konzeptansätze zu formulieren. Zu diesem Zeitpunkt lernten wir auch unsere Tutoren kennen, die uns während des gesamten Entwurfsprozesses betreuten.
In den ersten Wochen des neuen Semesters vertieften wir unsere Beziehungen zu den indonesischen Kommiliton_innen. Durch gemeinsame Mittagessen tauschten wir Erfahrungen aus und diskutierten die Unterschiede zwischen den Architekturstudien in Österreich und Indonesien. Diese lockeren Treffen ermöglichten nicht nur einen kulturellen Austausch, sondern boten auch eine Plattform für Verabredungen und interessante Tipps für Wochenendausflüge. Als angenehme Ergänzung etablierte sich zudem das wöchentliche gemeinsame Badmintonspielen, gefolgt von einem gemeinsamen Essen.
Zum Tag der Präsidentschaftswahlen genossen wir einen Feiertag, der uns ein verlängertes Wochenende bescherte. Diese Gelegenheit nutzten wir, um Indonesien weiter zu erkunden, und entschieden uns für eine Reise zur benachbarten Insel Bali. Anders als der Rest von Indonesien ist Bali hinduistisch geprägt und auch westlichen Tourist_innen gut bekannt. In der zentral gelegenen Stadt Ubud fanden wir ein kleines Hotel, von dem aus wir die Insel mit einem gemieteten Roller drei volle Tage lang erkundeten. Wir besuchten traumhaft schöne Wasserfälle, hinduistische Tempel, einen Affenwald, wanderten durch Reisplantagen und genossen einen entspannten Tag am Strand am Bias Tugel Beach. Am Montag kehrten wir nach Bandung zurück, kamen am frühen Nachmittag an und konnten uns noch auf unseren Kurs am nächsten Tag vorbereiten.
In den ersten Märzwochen am 10. März begann in Indonesien der Fastenmonat Ramadan. Während dieser Zeit wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gefastet, was auch das Trinken von Wasser einschließt – eine Herausforderung bei konstanten Tagestemperaturen von über 30 Grad. Auch wenn diese strengen Fastenregeln nicht unmittelbar für uns gelten, erhielten wir den Hinweis, Nahrung und Getränke in der Universität diskret zu konsumieren, um den Respekt gegenüber unseren fastenden Kommiliton_innen zu zeigen.
Anfang April steht das Fastenbrechen an, zu dem die Universität eine Woche freigibt. Die meisten unserer Kommiliton_innen nutzen diese Zeit, um ihre Familien zu besuchen. Auch wir freuen uns auf unseren nächsten längeren Trip, den wir für die Woche geplant haben.
April 2024
Der April war ein aufregender Monat für uns an der Universität. Während des laufenden Ramadan und unserer laufenden Projekte für unseren städtebaulichen Entwurf beschlossen wir, die zweite Woche des Monats für eine ganz besondere Reise zu nutzen. Das Eid al-Fitr-Fest markierte das Ende des Ramadan und bot uns dank einer Ferienwoche zu diesem Anlass eine willkommene Woche Pause vom Universitätsalltag. Während die meisten unserer Kommiliton_innen diese Zeit nutzten, um Zeit mit ihren Familien zu verbringen, entschieden wir uns für eine zehntägige Reise nach Thailand, genauer gesagt nach Bangkok.
In Thailand konnten wir das Leben in vollen Zügen genießen. Wir machten Ausflüge zum Strand, kosteten von der Vielzahl an unglaublich leckerem Essen und besuchten kulturelle Einrichtungen wie den Königspalast und das Bangkok Kunst- und Kulturzentrum. Abends schlenderten wir gerne über die vielen lokalen Foodmarkets und genehmigten uns das eine oder andere erfrischende Kaltgetränk. Das absolute Highlight dieser Reise war das dreitägige Songkran Fest, von dem wir zwei Tage miterlebten. Songkran, auch als Wasserfest bekannt, hat seinen Ursprung in der Reinigung für das neue Jahr, wobei Wasser Leben und Fruchtbarkeit symbolisiert. Doch ab dem Nachmittag verwandelt sich das Fest in eine ausgelassene Feier. Millionen von Menschen bewaffneten sich mit wasserfesten Beuteln für Wertsachen und Wasserpistolen und strömten auf die Straßen, alle mit dem Ziel, sich gegenseitig nass zu machen. Überall wurden Wassertonnen mit Eiswasser platziert, um die Wasserpistolen aufzufüllen oder sich einen Eimer zu schnappen, um ihn über dem Kopf einer wildfremden Person zu entleeren. Die Erwachsenen wurden zu Kindern zurückversetzt, während die laute Musik den Rhythmus der Stadt vorgab. Obwohl Songkran während der heißesten Jahreszeit in Thailand stattfindet, konnte man es tatsächlich genießen, selbst wenn einem bei 40 Grad ein Eimer Eiswasser in den Nacken gekippt wurde. Nach diesem zweitägigen Rausch flogen wir zurück nach Indonesien, wenn auch nicht für lange.
Wir entschieden uns, nicht nach Bandung zurückzukehren, sondern verbrachten stattdessen zwei Tage in Jakarta. Dort nutzten wir die Gelegenheit, uns die Hauptstadt anzusehen und trafen uns unter anderem mit einigen internationalen Freunden, die wir in Bandung kennengelernt hatten. Nach diesen zwei Tagen machten wir uns schon wieder auf den Weg zum Flughafen – dieses Mal mit Singapur als Ziel! Da unser Entwurfsareal sich dort befindet, organisierte der Kurs eine Exkursion dorthin. Am Flughafen trafen wir unsere Kommilitonen und begannen unseren viertägigen Trip nach Singapur.
In Singapur hatten wir die Gelegenheit, drei Architekturbüros zu besichtigen, die uns interessante Einblicke in die lokale Baukultur gaben. Wir erkundeten auch die Umgebung unseres Entwurfsareals und erhielten eine faszinierende Führung durch den Campus und die Architekturfakultät der National University of Singapore. Zudem besuchten wir eine äußerst interessante Ausstellung über die Stadtentwicklung des Landes im Gebäude der Urban Redevelopment Authority. Natürlich kam auch die Freizeit nicht zu kurz – wir erkundeten die Marina Bay und genossen abends gemeinsame Essen mit unseren Kommilitonen. Während unseres Aufenthalts in Singapur setzten wir unsere Konzepte weiter um und hatten die Möglichkeit, sie in einem der Architekturbüros vorzustellen und direkt hilfreiches Feedback zu erhalten.
Nach dieser aufregenden Zeit flogen wir entspannt aus dem Urlaub zurück und waren glücklich über die vielen neuen Eindrücke und Erfahrungen. Zurück in Bandung freuten wir uns besonders darauf, uns wieder mit den anderen Austauschstudierenden zu treffen und unserem Alltag und unseren Studien nachzugehen.
Mai/Juni 2024
Anfang Mai nahmen wir am Cultural Day Trip des International Relations Office der ITB teil. Es war eine aufregende Gelegenheit, sowohl unsere bisherigen Austauschfreunde wiederzusehen, als auch neue Bekanntschaften mit Studierenden von der ITB zu schließen, die aus verschiedenen Teilen der Welt stammen. Unsere Reise führte uns mit zwei vollen Reisebussen nach Chiwidey, wo wir eine Teefabrik besuchten, die für ihren Schwarztee bekannt ist. Nach einer faszinierenden Führung durch die Produktion und einer erfrischenden Wanderung durch die Teefelder setzten wir unsere Reise zu den örtlichen heißen Quellen fort, die von der Vulkanhitze gespeist werden. Dort genossen wir ein köstliches Mittagessen und entspannten uns anschließend in den heißen Quellbecken. Diese Tagestour war nicht nur eine Gelegenheit, die Kultur und Natur der Region zu erleben, sondern auch eine Zeit des Kennenlernens und des Austauschs zwischen den Studierenden.
Während das Semester voranschritt, spürten wir deutlich, wie sich die heiße Phase näherte. Unsere Projektarbeit im Städtebau wurde intensiver und zielgerichteter. Aus den anfänglich zufällig zusammengewürfelten Gruppen formten sich effiziente Teams, die sich auf den bevorstehenden internationalen Städtebauwettbewerb in Singapur vorbereiteten. Jeder von uns war hochmotiviert, denn nur ein Projekt konnte an diesem renommierten Wettbewerb teilnehmen. Trotz des intensiven Arbeitsaufwands fanden wir eine willkommene Pause an einem verlängerten Wochenende, das wir auf Bali verbrachten. Zwischen Meetings und virtuellen Arbeitssitzungen fanden wir Zeit, uns am Strand zu entspannen und neue Energie zu tanken - denn irgendwie arbeitet es sich auf einer Strandliege doch gleich viel besser!
Die letzten Wochen des Semesters waren von einem straffen Zeitplan geprägt. Tagsüber arbeiteten wir unermüdlich an unseren Projekten, während abends Abschiedsessen mit Freunden organisiert wurden, die ihre Zeit in Indonesien beendeten. Es war eine Zeit gemischter Gefühle, denn während wir uns über unsere Fortschritte freuten, war uns bewusst, dass das Ende unseres Abenteuers nahte.
Schließlich war der große Tag der Endpräsentationen gekommen. Mit Stolz präsentierten wir unsere Entwürfe vor einer Jury aus Professoren, Tutoren und Gasthörern. Die Diskussionen nach den Präsentationen waren anregend und brachten neue Perspektiven hervor. Es war ein nervenaufreibender Moment, als die Jury ihre Entscheidung traf - und wir waren überglücklich, als unser Projekt den ersten und zweiten Platz belegte. Dieser Erfolg bedeutete nicht nur Anerkennung für unsere harte Arbeit, sondern auch die Verantwortung, unsere Entwürfe bis zum Wettbewerb in Singapur weiter zu verfeinern.
Mit dem Ende des Semesters und dem Abschluss unserer Zeit an der ITB wurden die Planungen für die Zukunft konkret. Während Max schon eher zurückreiste, blieb Yannick in Asien, um den Sommer zu genießen und den Kontinent weiter zu erkunden. Der Abschied war emotional, aber über allem stand die Erkenntnis, dass wir eine unvergessliche Reise erlebt hatten, die uns persönlich und akademisch bereichert hat.