Neuartige Nanomaterialien und ihre Heterostrukturen spielen eine zentrale Rolle in der aktuellen rechnergestützten materialwissenschaftlichen Forschung. Dank jüngster experimenteller Fortschritte sind mehrere zweidimensionale Festkörper mit einer breiten Palette elektronischer Eigenschaften entstanden, die vom berühmten halbmetallischen Graphen bis zum stark isolierenden hexagonalen Bornitrid reichen. Moderne Synthesetechniken für die Herstellung und Manipulation stabiler Schichten zweidimensionaler Kristalle sind inzwischen gut entwickelt. Ebenso zeichnen sich Edelmetall-Nanocluster durch hohe katalytische Reaktivität und scharfe plasmonische Resonanzen aus, die auf bestimmte Energien zugeschnitten werden können. Durch Abscheidung und anschließenden Transfer können einzelne Schichten wie ein Sandwich kombiniert werden, wobei die Schichten in einer vordefinierten Reihenfolge gestapelt werden. Die so entstehenden van-der-Waals-Heterostrukturen weisen interessante neue Effekte auf, die über die Physik hinausgehen, die nur mit einer einzelnen Schicht möglich ist. Nanostrukturen, die aus solchen Komponenten zusammengesetzt sind, versprechen eine breite Palette von Anwendungen, von hocheffizienten Katalysatoren oder Solarzellen bis hin zur Nanoelektronik mit extrem niedrigem Stromverbrauch.

Simulation von Nanobauteilen

Unsere Forschung konzentriert sich auf die Simulation neuer Nanostrukturmaterialien, die aus realistischen Nanobauteilen bestehen, einschließlich Defekten und Verunreinigungen. Der Begriff Nanobauteil bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die typische Bauteilgröße, die bis zu einigen Mikrometern reicht und Millionen von Atomen enthält, aber noch unter mesoskopischen Dimensionen liegt. Folglich spielen Quanteneffekte eine wichtige Rolle. Die theoretische Beschreibung dieser Systeme stellt daher ein anspruchsvolles Multiskalenproblem dar, das eine aktive Methodenentwicklung erfordert. Wir simulieren den Transport durch Nanobauteile, die von unseren experimentellen Mitarbeitern (z.B. an der RWTH Aachen oder der ETH Zürich) gebaut werden, sowie die elektronische Struktur und die Eigenschaften von niedrigdimensionalen Materialien und ihren Heterostrukturen.

Durch Fehler zum Erfolg

Eine kleine Gitterfehlanpassung zwischen benachbarten Schichten, zum Beispiel bei Graphen und hexagonalem Bornitrid, führt zu regelmäßigen, periodischen Moiré-Mustern. Selbst in Strukturen, die aus Schichten desselben Materials bestehen, führt eine Verdrehung der Schichten gegeneinander zu Moiré-Potentialen, deren Periodizität empfindlich vom Verdrehungswinkel abhängt. Die daraus resultierenden Heterostrukturen weisen veränderte elektronische Eigenschaften auf, wie z. B. unkonventionelle Supraleitfähigkeit oder Mott-isolierende Phasen. Im weiteren Sinne kann die Bandstruktur der Heterostruktur mit Hilfe von Verdrehungswinkeln in überraschender Weise verändert werden, was einen Weg zur Entwicklung der gewünschten Materialeigenschaften verspricht. Leider ist die theoretische Behandlung der großen Einheitszellen von Moiré-Mustern, einschließlich eines Substrats und angrenzender Funktionsschichten, eine Herausforderung für eine vollständige ab-initio-Behandlung. In einer laufenden Zusammenarbeit mit Allan McDonald (Houston, TX, USA) entwickeln wir Moiré-Potentiale für verdrilltes dreischichtiges Graphen sowie für Übergangsmetall-Dichalcogenide. Mit Hilfe eines effektiven Moiré-Potentials können wir die beobachteten, aus dem Moiré resultierenden Feinstrukturen reproduzieren. Mit Hilfe eines Quantenpunkts, der durch eine STM-Spitze induziert wird, konnten unsere experimentellen Mitarbeiter an der RWTH Aachen auch Moiré-Potentiale direkt untersuchen, die gut mit unseren Simulationen übereinstimmten.

Webseite

http://dollywood.itp.tuwien.ac.at/~florian/, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Publikationen

F. Libisch, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster