Silikate, also Mineralien, die Silizium und Sauerstoff enthalten, sind auf unserem Planeten sehr häufig. Sand, Steine und Felsen unter uns bestehen großteils aus Silikaten, und Silikate können CO2 aus der Luft binden. Durch Verwitterung entstehen aus Silikaten Tonminerale und sie kommen schließlich als Bestandteil im Erdboden vor, wo sie wichtige Nährstoffe für Pflanzen freisetzen. Schließlich kommen Silikat-Teilchen auch als Staub in der Atmosphäre vor; dort bilden sie Keime für Eiskristalle und beeinflussen die Wolkenbildung. Diese Silikatteilchen beeinflussen daher das Wetter und Klima.

Die meisten dieser Phänomene beruhen auf Prozessen an der Oberfläche der Silikate: Moleküle adsorbieren und reagieren dort, es können andere Moleküle freigesetzt werden und es entstehen schlussendlich auch Verwitterungsprodukte. Die Struktur der Oberfläche auf atomarer Skala – Zusammensetzung, kristallographische Orientierung, exakte Anordnung der Atome, Defekte, Ladungsverteilung – bestimmt die Eigenschaften.

Trotzdem weiß man heute nur sehr wenig über die Oberflächen von Silikaten, und das hat praktische Gründe: Diese Mineralien sind gute elektrische Isolatoren, daher können sie mit vielen Methoden der Oberflächenphysik und -chemie, wie beispielsweise mit dem Rastertunnelmikroskop, nicht untersucht werden. Die fortschreitende Entwicklung des Rasterkraftmikroskops (non-contact atomic force microscope, nc-AFM) mit atomarer Auflösung ermöglicht uns, diese Hürden zu überwinden. Wir verwenden hochaufgelöste AFM-Messungen zusammen mit Röntgen-Photoelektronenspektroskopie und Rechnungen mittels Dichtefunktionaltheorie, um wichtige Erkenntnisse über diese Oberflächen zu gewinnen.

Glimmer

Glimmer (Muskovit): Struktur und AFM-Bilder

© CC BY 4.0 Giada Franceschi/IAP

Glimmer (Muskovit): Struktur und AFM-Bilder

Muskovit ist eine Form von Glimmer und ein wichtiges Aluminiumsilikat, das aus einzelnen Silikat-Lagen aufgebaut ist. Die Kaliumatome zwischen diesen Lagen erlauben es, Glimmer dort zu spalten und die so erzeugten, neuen (und daher noch sauberen!) Oberflächen zu untersuchen. Wir konnten die Anordnung der Kaliumatome abbilden und aus ihrer Anordnung auch Rückschlüsse auf die Verteilung der Aluminiumatome in der darunterliegenden Silikatlage ziehen.

  • G. Franceschi, P. Kocán, A. Conti, S. Brandstetter, J. Balajka, I. Sokolović, M. Valtiner, F. Mittendorfer, M. Schmid, M. Setvín, U. Diebold
    Resolving the intrinsic short-range ordering of K+ ions on cleaved muscovite mica
    Nature Communications
    14, 208 (2023); doi: 10.1038/s41467-023-35872-y

Feldspat

Feldspat-Kristall (Mikroklin), rechts unten die Struktur der Oberfläche mit OH-Gruppen

© Giada Franceschi

Feldspat-Kristall

Feldspat-Kristall (Mikroklin), rechts unten die Struktur der Oberfläche mit OH-Gruppen

Die Gruppe der Feldspate sind die häufigsten Mineralien und machen mehr als 50% der Erdkruste aus; trotzdem weiß man nur wenig über ihre Oberflächen. Kleinste Feldspat-Staubteilchen kommen auch in der Atmosphäre vor, wo sie eine wichtige Rolle als Keim für die Eisbildung in Wolken spielen.

Wir haben die Oberflächen von Kalium-Feldspaten (KAlSi3O8) im Ultrahochvakuum untersucht, um die Oberflächenchemie und die Nukleation von Eis auf diesen Oberflächen zu verstehen. Es zeigte sich, dass die Oberfläche immer mit Hydroxidgruppen (OH) bedeckt ist; diese sind für die Kondensation von Wasser und die Eisbildung von grundlegender Bedeutung.

G. Franceschi, A. Conti, L. Lezuo, R. Abart, F. Mittendorfer, M. Schmid, U. Diebold
How water binds to microcline feldspar (001)
The Journal of Physical Chemistry Letters
15, 15 (2024); doi: 10.1021/acs.jpclett.3c03235, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster