Lange Zeit ging man davon aus, dass das Phänomen der Beugung eine unvermeidliche physikalische Grenze für die Auflösung der Lichtmikroskopie darstellt. Nach der Abbeschen Beugungsgrenze können Strukturen, die kleiner als die halbe Wellenlänge des Lichts sind, nicht aufgelöst werden. In den letzten Jahrzehnten gab es jedoch Entwicklungen in der Fluoreszenzmikroskopie, die es ermöglichen, zelluläre Strukturen auf der Nanometer-Längenskala zu untersuchen.

Einer dieser Ansätze wird als Einzelmolekül-Lokalisierungsmikroskopie (SMLM) bezeichnet. Im Jahr 2006 wurden gleichzeitig verschiedene Realisierungen dieser Technik entwickelt: die photoaktivierte Lokalisierungsmikroskopie (PALM), die Fluoreszenz-Photoaktivierungs-Lokalisierungsmikroskopie (fPALM) und die stochastische optische Rekonstruktionsmikroskopie (STORM). Zu den neueren Ansätzen gehören die direkte stochastische optische Rekonstruktionsmikroskopie (dSTORM) und die Punktakkumulation für die Bildgebung in der Nanoskala-Topographie (PAINT), einschließlich DNA-PAINT (weitere Informationen über SMLM-Techniken finden Sie in der Literatur).

Der Grundgedanke aller SMLM-Techniken besteht darin, das Signal einzelner Emitter zeitlich zu trennen, was die Bestimmung ihrer Positionen mit Nanometergenauigkeit ermöglicht. Dies wird in der Regel durch Ausnutzung stochastischer Blink- oder Bindungsphänomene erreicht, sodass zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein geringer Anteil der Moleküle sichtbar ist. Daher müssen für die Bilderfassung Tausende von Einzelbildern aufgenommen werden. Die Rohdaten werden anschließend analysiert und liefern als Endergebnis eine Liste von Lokalisierungskoordinaten.

 

 

wissenschaftliche Darstellung des Prinzips der Einzelmolekül-Lokalisierungsmikroskopie

Prinzip der Einzelmolekül-Lokalisierungsmikroskopie (SMLM)

Die zu untersuchende Struktur wird mit Fluorophoren markiert. Im beugungsbegrenzten Bild (a) überlagern sich die Punktbildfunktionen (PSF) der einzelnen Emitter und die Struktur kann nicht bestimmt werden. Bei der SMLM-Methode schalten die Fluorophore stochastisch zwischen einem hellen (fluoreszierenden) Ein-Zustand und einem dunklen (nicht fluoreszierenden) Aus-Zustand um. In jedem Bild befindet sich nur eine kleine Teilmenge aller Markierungen im hellen Zustand, sodass ihre Fluoreszenzsignale weit genug entfernt voneinander sind und die Position der Moleküle mit hoher Präzision bestimmt werden kann (b). Schließlich werden die Lokalisierungen aus allen aufgenommenen Bildern kombiniert, um ein rekonstruiertes Bild mit sehr hoher Auflösung zu erhalten (c).

In der Praxis beeinflussen mehrere Parameter die Qualität der erhaltenen Bilder. So kann beispielsweise die Position der Moleküle nur mit einer gewissen Genauigkeit bestimmt werden, was zu leicht verwackelten Bildern der tatsächlichen biomolekularen Struktur führt. Außerdem tragen nicht alle Biomoleküle einen funktionierenden Farbstoff, so dass diese bei der Analyse übersehen werden. Außerdem kann die Markierung über einen Linker mit dem Biomolekül verbunden sein, so dass die Position des Biomoleküls nicht adäquat dargestellt wird. Schließlich kann das Biomolekül mit mehreren Farbstoffmolekülen gleichzeitig markiert sein, von denen jedes mehrfach nachgewiesen werden kann, was zu einer Mehrfacherfassung führt.

wissenschaftliche Darstellung von Lokalisierungen der Positionen von Moleküle

© TU Wien

Einfluss der Bildgebungsparameter auf das rekonstruierte SMLM-Bild

Die linke Spalte zeigt die tatsächliche Lokalisierung der Proteinmoleküle (Kreise), wobei die vollen und offenen Kreise die Proteine anzeigen, die eine nachweisbare bzw. nicht nachweisbare Markierung tragen. Die erhaltene Lokalisierungskarte ist in der rechten Spalte dargestellt. Aufgrund von Lokalisierungsfehlern sind die Lokalisierungen leicht von den tatsächlichen Positionen der Moleküle verschoben (a). Darüber hinaus wird die Struktur durch eine verminderte Markierungseffizienz (b), eine Verschiebung der Markierung (c) oder eine Mehrfacherfassung (d) verzerrt oder falsch dargestellt.

Die Forschung hat ungemein davon profitiert, die räumliche Verteilung von Biomolekülen in ihrer natürlichen Umgebung, wie etwa in intakten Zellen, bestimmen zu können.

Die Anwendung von SMLM auf verschiedene Plasmamembranproteine zeigte das Vorkommen von Nanoclustern in unterschiedlichem Ausmaß. Ein Problem der SMLM besteht jedoch darin, dass ein und dasselbe Farbstoffmolekül mehrfach detektiert wird, was den Nachweis von Proteinclustern erschwert. Tatsächlich enthält das SMLM-Bild eines einzelnen Proteinmoleküls wahrscheinlich mehrere Lokalisierungen und kann daher leicht als Proteincluster fehlinterpretiert werden.

Wir haben zwei potenzielle Lösungen für dieses Problem entwickelt: i) einen Ansatz der Markierungstitration, bei dem SMLM-Bilder bei verschiedenen Markierungsgraden analysiert und verglichen werden; ii) einen Zweifarben-SMLM-Ansatz (2-CLASTA), mit dem ein p-Wert für die Nullhypothese berechnet werden kann, dass der experimentelle Datensatz einer zugrunde liegenden biomolekularen Verteilung entspricht, die sich nicht signifikant von einer völlig zufälligen Verteilung unterscheidet.

Markierungs-Titration SMLM 

Der Ansatz basiert auf gezielten Variationen der Markierungsdichte der Proben und einer anschließenden quantitativen Clusteranalyse. Im Gegensatz zu herkömmlichen Protokollen erhalten wir Informationen über molekulare Verteilungen aus einer Reihe von Experimenten, bei denen die Proben mit unterschiedlichen Markierungsdichten hergestellt werden. Insbesondere macht sich unsere Methode eine charakteristische Abhängigkeit zwischen der durchschnittlichen Markierungsdichte innerhalb eines vermuteten Clusters und der relativen Fläche, die von diesen Clustern bedeckt wird, zunutze, wenn der Grad der Markierung variiert wird. Die Methode umgeht das Problem der Clustering-Artefakte, die durch die Blinkstatistik der verwendeten Fluorophore entstehen. Sie lässt sich problemlos auf PALM- und (d)STORM-Experimente anwenden, bei denen entweder überexprimierte Proteine in einem breiten Spektrum von Expressionsgraden vorhanden sind oder Antikörperkonzentrationen titriert werden, um unterschiedliche Markierungsgrade zu erreichen.

Wissenschaftliche Abbildung zeigt schematische Darstellung der Markierungstitrationsmikroskopie

© Schütz Group

Schematische Darstellung der Markierungstitrationsmikroskopie

Die Variation der Markierungsdichte führt zu charakteristischen Veränderungen in den Lokalisierungskarten (hier dargestellt an simulierten Daten einer zufälligen (a) und einer geclusterten Proteinverteilung (b)). Skalenbalken 1µm.

Abbildung einer schematischen Darstellung der Dichte der Lokalisationen innerhalb von Clustern

© Tu Wien

Dichte der Lokalisationen innerhalb von Clustern

Die normalisierte Dichte der Lokalisationen innerhalb von Clustern ρ/ρ0 ist als Funktion der relativen Fläche, die von Clustern η bedeckt wird, aufgetragen. Die Abweichung von der Referenzkurve für Zufallsverteilungen (rote Linie) ermöglicht die Unterscheidung von Cluster- (grau) und Zufallsverteilungen (schwarz).

2-CLASTA

2-Farben Localization Microscopy und Signifikanztestverfahren (2-CLASTA) bietet einen parameterfreien statistischen Rahmen für die qualitative Analyse von zweidimensionalen SMLM-Daten mittels Signifikanztestverfahren. 2-CLASTA liefert p-Werte für die Nullhypothese von zufälligen biomolekularen Verteilungen, unabhängig vom Blinkverhalten der gewählten Fluoreszenzmarkierungen. Die Methode ist parameterfrei und erfordert weder zusätzliche Messungen noch eine Gruppierung der Lokalisationen.

Die Idee besteht darin, dasselbe Biomolekül mit zwei verschiedenen Farbstoffen zu markieren und die Lokalisationen in den jeweiligen Farbkanälen zu bestimmen. Das Programm berechnet die nächstgelegenen Abstände zwischen ihnen. Anschließend vergleicht es die nächstgelegenen Abstände für die aufgenommenen Daten mit den Abständen aus einer Zufallsverteilung von Biomolekülen, die aus den gemessenen Daten berechnet wurde. Als Ergebnis liefert die Methode einen p-Wert für die Nullhypothese, dass der experimentelle Datensatz einer zugrunde liegenden biomolekularen Verteilung entspricht, die sich nicht signifikant von einer völlig zufälligen Verteilung unterscheidet, wie sie durch einen räumlichen Poisson-Prozess beschrieben wird. In dieser Hinsicht unterscheidet sich 2-CLASTA von bestehenden quantitativen Ansätzen, die in der Regel darauf abzielen, quantitative Parameter zu bestimmen, bevor sie das bloße Vorhandensein von biomolekularen Clustern tatsächlich testen.

The figure shows an exemplary results-window

Parameter der 2-Farb-Lokalisierungsmikroskopie und Signifikanztestverfahren

Die Abbildung zeigt ein beispielhaftes Ergebnisfenster für die Analyse von drei Datensätzen. Der untere Abschnitt zeigt ausgewählte Regionen und kumulative Verteilungsfunktionen der nächsten Nachbarn der analysierten Daten für jeden Datensatz.

Unsere wichtigsten Publikationen

Verifying molecular clusters by 2-color localization microscopy and significance testing

Arnold, A. M., M. C. Schneider, C. Hüsson, R. Sablatnig, M. Brameshuber, F. Baumgart, and G. J. Schütz. 2020. Verifying molecular clusters by 2-color localization microscopy and significance testing. Scientific Reports 10(1):4230, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Das Paper stellt einen Ansatz zur Erkennung von Clustern vor, der auf Signifikanztests von 2-farbigen SMLM-Bildern basiert. Es bietet ein ImageJ-Plugin für eine unkomplizierte Datenanalyse

What we talk about when we talk about nanoclusters

Baumgart, F., A. Arnold, B. Rossboth, M. Brameshuber, and G. J. Schütz. 2019. What we talk about when we talk about nanoclusters. Methods and Applications in Fluorescence 7(1):013001, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Ein Übersichtsartikel im Rahmen einer virtuellen Konferenz, bei der eine Gruppe von Forschern verschiedene Aspekte des SMLM diskutiert.

TCRs are randomly distributed on the plasma membrane of resting antigen-experienced T cells

Rossboth, B., A. M. Arnold, H. Ta, R. Platzer, F. Kellner, J. B. Huppa, M. Brameshuber, F. Baumgart, and G. J. Schütz. 2018. TCRs are randomly distributed on the plasma membrane of resting antigen-experienced T cells. Nature Immunology 19(8):821-827, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Mit Hilfe der Markierungs-Titration SMLM und der STED-Mikroskopie konnten wir die vermuteten Cluster des T-Zell-Rezeptors unter nicht aktivierenden Bedingungen nicht nachweisen.

Varying label density allows artifact-free analysis of membrane-protein nanoclusters

Baumgart, F., A. M. Arnold, K. Leskovar, K. Staszek, M. Fölser, J. Weghuber, H. Stockinger, and G. J. Schütz. 2016. Varying label density allows artifact-free analysis of membrane-protein nanoclusters. Nat Meth 13(8):661-664, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Wir haben die Analyse und den Vergleich von SMLM-Bildern vorgenommen, die bei verschiedenen Markierungstitrationen erzielt wurden, um Szenarien echter Proteingruppierung zu identifizieren.

Superresolution microscopy reveals spatial separation of UCP4 and F0F1-ATP synthase in neuronal mitochondria

Klotzsch, E., A. Smorodchenko, L. Löfler, R. Moldzio, E. Parkinson, G. J. Schütz, and E. E. Pohl. 2015. Superresolution microscopy reveals spatial separation of UCP4 and F0F1-ATP synthase in neuronal mitochondria. Proc Natl Acad Sci U S A 112(1):130-135, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Unsere erste SMLM-Publikation, in der wir die Verteilung von UCP4, einem mitochondrialen Entkopplungsprotein, im Nanobereich untersucht haben.

Weitere Lektüre

Visualizing and discovering cellular structures with super-resolution microscopy

Sigal, Y. M., R. Zhou, and X. Zhuang. 2018. Visualizing and discovering cellular structures with super-resolution microscopy. Science 361:880-887, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Aktueller Überblick über den aktuellen Forschungsstand im Bereich SMLM. Enthält eine Vielzahl von Beispielen und Anwendungen.

Biological Insight from Super-Resolution Microscopy: What We Can Learn from Localization-Based Images

Baddeley, D., and J. Bewersdorf. 2018. Biological Insight from Super-Resolution Microscopy: What We Can Learn from Localization-Based Images. Annual Review of Biochemistry 87(1):965-989, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Dieser Übersichtsartikel behandelt schwerpunktmäßig die Interpretation/Auflösung von Daten.

Imaging Intracellular Fluorescent Proteins at Nanometer Resolution

Betzig, E., G. H. Patterson, R. Sougrat, O. W. Lindwasser, S. Olenych, J. S. Bonifacino, M. W. Davidson, J. Lippincott-Schwartz, and H. F. Hess. 2006. Imaging Intracellular Fluorescent Proteins at Nanometer Resolution. Science 313:1642-1645, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Eine der ersten drei Publikationen über SMLM, die nahezu gleichzeitig veröffentlicht wurden.

Ultra-high resolution imaging by fluorescence photoactivation localization microscopy

Hess, S. T., T. P. Girirajan, and M. D. Mason. 2006. Ultra-high resolution imaging by fluorescence photoactivation localization microscopy. Biophys J 91(11):4258-4272, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Eine der ersten drei Publikationen über SMLM, die nahezu gleichzeitig veröffentlicht wurden.

Sub-diffraction-limit imaging by stochastic optical reconstruction microscopy (STORM)

Rust, M., M. Bates, and X. Zhuang. 2006. Sub-diffraction-limit imaging by stochastic optical reconstruction microscopy (STORM). Nat Methods 3(10):793-795, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster.

Eine der ersten drei Publikationen über SMLM, die nahezu gleichzeitig veröffentlicht wurden.