Motivation

Das Ziel von qBounce ist die experimentelle Überprüfung des Newtonschen Gravitationsgesetzes im Mikrometerbereich mithilfe hochsensitiver Messmethoden der Quantenmechanik [1,2]. Das in unseren Experimenten verwendete Bindeglied zwischen Quantenmechanik und Gravitation sind ultrakalte Neutronen, welche im Gravitationspotential der Erde gebundene Zustände ausbilden. Neutronen bieten sich aufgrund ihrer elektrischen Neutralität sowie sehr kleinen Polarisierbarkeit besonders für unsere Messungen an. 

Es gibt zahlreiche Beweggründe für Gravitationsexperimente bei kleinen Abständen. Nach heutigem Wissensstand sind alle Abläufe auf der Erde und im Universum vier fundamentalen Kräften unterworfen. Die am längsten bekannte Kraft, die Gravitation, wird durch die Allgemeine Relativitätstheorie beschrieben. Sie ist eine klassische Feldtheorie und wird durch alle derzeitigen Experimente bestätigt.
Die anderen drei fundamentalen Kräfte sind durch Quantenfeldtheorien im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik beschreibbar. Derzeit ist es noch nicht gelungen, die Gravitation mit dem Standardmodell zu vereinen.

Neutronen

© Atominstitut, Photo: Harmut Abele

Schematische Darstellung der Gravitationsresonanz-Spektroskopie. Der rote Pfeil markiert den vibrierenden Spiegel [3].

Eine Vielzahl neuer theoretischer Beschreibungen wurden eingeführt, welche Erklärungen für verschiedene Probleme der Astronomie und der Kosmologie bieten können.
Einige dieser prominenten und derzeit unbestätigten Theorien, welche zu messbaren Effekten in unserem Experiment führen würden, sind hier angeführt:

  • Große, kompaktifizierte Extradimensionen der Raumzeit (Large Extra Dimensions of Space-Time) wurden vor ca. einem Jahrzehnt von Arkani-Hamed, Dimopoulos and Dvali [4,5] vorgeschlagen, um das Hierarchie-Problem der Teilchenphysik zu lösen. Sie würden das Gravitationspotential folgendermaßen verändern.
    In dieser Formel steht n für die Anzahl der zusätzlichen Dimensionen und R für den Kompaktifizierungsradius. 
    Dieser Vorschlag verstärkte das Interesse für Gravitationsexperimente bei kleinen Abständen, da zu jener Zeit Kompaktifizierungsradii bis zu 1 mm experimentell nicht ausgeschlossen waren.
Formel
  • Spinabhängige Wechselwirkungen
    Die Existenz von Axionen wurde vorgeschlagen, um das starke CP-Problem zu lösen [6]. Darüber hinaus gelten Axionen als vielversprechende Kandidaten für Dunkle Materie. Die Existenz dieser hypothetischen Teilchen würde zu einer kurzreichweitigen, spinabhängigen Kraft mit einem Monopol-Dipol-Term führen:
    Durch astronomische Beobachtungen und Laborexperimente sind Axionen über einen weiten Parameterraum experimentell ausgeschlossen, nicht jedoch im sogenannten Axionen-Fenster (axion window) welches sich über eine Massenskala von 10 µeV/c² bis 1 eV/c² erstreckt. Diese entspricht einer Längenskala von 0,2 µm bis 2 cm und liegt damit im Sensitivitätsbereich unserer Experimente.
Formel
  • Sonstige Fünfte Kräfte
    Abweichungen vom Newtonschen Gravitationsgesetzt werden oft generisch mittels eines Yukawa-artigen Terms parametrisiert:
    Die beiden Parameter α und λ sind dabei die Kopplungsstärke bzw. die Wechselwirkungsreichweite.
    Casimirkraft-Messungen und Neutronenstreuexperimente setzen Grenzen im Submikrometerbereich. Für Reichweiten größer als 50 µm stammen die restriktiven Grenzen von Pendelexperimenten und astronomischen Beobachtungen. Unser Experiment hat das Potential, die Lücke dazwischen zu schließen.
Formel