Der Forschungsbereich Medizinische Strahlenphysik ist am am Forschungs- und Therapiezentrum MedAustron derzeit hauptsächlich in zwei Forschungsprojekten aktiv:

  • Tomographie mittels Ionen
  • Mikrodosimetrie

Am MedAustron können Protonen auf eine Energie von 800 MeV und Kohlenstoffkerne auf bis zu 400 MeV/Nukleon in einem Synchrotron beschleunigt werden. Diese Teilchenstrahlen sind in einem dediziert der Forschung zur Verfügung stehenden Experimentierraum zugänglich. Seit Dezember 2016 findet am MedAustron regulärer klinischer Betrieb zunächst mit Protonen mit Energien bis maximal 250 MeV und seit 2019 auch mittels Kohlenstoff Ionen statt.

Computertomograpie mittels Ionen

Die für die Ionentherapie notwendige Betrahlungsplanung beruht auf der genauen Kenntnis des Gewebes und dessen Zusammensetzung welches das Ion auf dem Weg zum Tumor durchqueren muss und dabei abgebremst wird bzw. Energie verliert. Derzeit wird das für die Teilchentherapieplanung benötigte Bremsvermögen aus einer Computertomographie mittels Röngtenstrahlung ermittelt. Für die konventionelle Strahlentherapie, die ebenfalls auf Photonen basiert, ist diese Information hinreichend. Die Ionen die in der Teilchentherapie verwendet werden, folgen jedoch gänzlich anderen physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Eine Schätzung des Bremsvermögens bzw. des Energieübertrags für geladene Teilchen basierend auf Photonen führt zu Fehlern in der Reichweite der Ionen im Gewebe, welche durch größere Sicherheitsmargen in der Bestrahlungsplanung kompensiert werden müssen. Dies führt letztlich zu einer unerwünschten höheren Strahlendosis in gesundem Gewebe in der Umgebung des bestrahlten Tumors.

Der genannte Energieübertrag kann auch mit Hilfe des Ionenstrahls (zum Beispiel Protonen, Kohlenstoff Ionen oder Helium Ionen) direkt abgeschätzt werden. Dazu wird der Strahl durch den Körper gelenkt und dessen Position (Tracking) und Energie (Kalometrie) beim Austritt aus dem Köper gemessen, wie in der Abbildung unten dargestellt.

Schematische Darstellung des Prinzips der Ionentomographie.

© Albert Hirtl

Prinzip der Tomographie mittels Ionen

Ionen mit einer definierten Energie (E) durchqueren ein Objekt und verlieren dort einen Teil ihrer Energie (ΔE). In einem speziellen Detektor werden diese gestoppt und ihre Restenergie (E-ΔE) gemessen.

Die gemessene Position und Energie des Ionenstrahls wird verwendet um mit Hilfe geeigneter Algorithmen ein dreidimensionales Bild des Energieübertrag des Protonenstrahls im Körper zu rekonstruieren. Erste Messungen mit einem Tomographie System wurden bereits am MedAustron durchgeführt und aus den gemessenen Daten konnte ein dreidimensionales Bild eines kleinen Würfels mit Stufen (Stufenphantom) rekonstruiert werden. Der experimentelle Aufbau am MedAustron und das rekonstruierte Bild sind in den Abbildungen unten dargestellt.

Fotografie des Ionentomographie-Aufbaus am MedAustron mit rekonstruiertem Bild des Phantoms.

© Albert Hirtl

Fotografie des Ionentomographie-Aufbaus am MedAustron mit rekonstruiertem Bild des Phantoms.

Mikrodosimetrie

Die Protonen- und Ionenstrahltherapie hat sich in immer mehr Einrichtungen weltweit als Methode zur Krebsbehandlung etabliert und ist seit 2016 auch in Österreich bei MedAustron verfügbar.

Die Bestimmung der Dosis für das bestrahlte Gewebe in der Ionentherapie ist ein wesentlicher Bestandteil jeder Behandlung. Derzeit wird die während des Bestrahlungsprozesses abgegebene Dosis meist als deponierte Energie pro Masseneinheit angegeben. Dabei handelt es sich um eine makroskopische Größe, die keine Informationen über die Wechselwirkungen auf der Ebene der zellulären Strukturen liefert, wo die Energiedeposition heterogen ist, wie z. B. um die Teilchenspuren von Ionenstrahlen. Daher werden bei MedAustron Forschungen zur Charakterisierung der Energiedeposition auf mikroskopischer Ebene mit Hilfe von Mikrodosimetern durchgeführt. Dabei handelt es sich um Strahlungsdetektoren, bei denen die Abmessungen des empfindlichen Volumens in der Größenordnung von einigen Mikrometern liegen, um Zellkerne zu simulieren. Silizium- und Diamant-Mikrodosimeter sowie gasgefüllte gewebeäquivalente Proportionalzähler werden regelmäßig eingesetzt und werden in einem laufenden gemeinsamen Forschungsprojekt bei MedAustron untersucht. Diese Studien sollen nun um Detektoren basierend auf Siliziumkarbid erweitert werden.