Institutsexkursion 2018
Nach der großen Frankreich Tournee im Vorjahr stand dieses Jahr wieder eine eintägige Exkursion am 5.6.2018 auf dem Programm. Gestartet wurde die Exkursion mit einer ungefähr 40 Mann starken Truppe bei der Firma voestalpine BÖHLER Edelstahl in Kapfenberg. Leider herrschte striktes Kameraverbot am Werksgelände, weswegen an dieser Stelle nur unser Institutsfoto am Eingang als Beweisfoto aufgenommen werden konnte.
Nichtsdestotrotz wurden wir herzlichst empfangen und uns ein Einblick in die Welt der Edelstahlverarbeitung gewährt. Während der Führung durch die einzelnen Produktionshallen wurden uns allerlei Walzen, Pressen, Bohrer und andere nicht identifizierbare Riesenmaschinen vorgezeigt. Zur besseren Visualisierung des Aufwandes um eine Maschine herzustellen, wurde bei jedem Gerät eine Ferrari Umrechnung angegeben (also wieviel Ferraris müsste man tauschen, damit man die gleiche Maschine daheim sein Eigen nennen darf). Dabei sind die Leistungen sehr beeindruckend: Der Bohrer schafft eine Länge von bis zu 10 Metern, im Mehrlinienwalzwerk erreicht der aus einem Block gewalzte Draht am Endpunkt eine Geschwindigkeit von 40 m/s, bei der größten Presse wird ein Druck von bis zu 350 Meganewton (entspricht 35000 Tonnen) erzeugt. Auch manche Verfahren wie die Metallpulverherstellung (angeblich die teuerste Technologie am Standort), wo der Stahl aufgeschmolzen und in mikrometerfeines Pulver gespritzt wird, klangen sehr imposant. Unsere Gastgeber bei Böhler wussten natürlich auch, dass die durchschnittlichen Temperaturwerte in Wien nicht vergleichbar mit der kühlen Temperatur im Murtal sind und haben dementsprechend auch vorgesorgt: Da sie befürchteten, dass uns selbst in der langen Hose und Schutzmantel zu kühl ist, haben sie für uns frisch die Edelstahlblöcke aus den 900-1150°C warmen Öfen herausgezogen und die am Werk vorhandenen Klimageräte, welche laut dem Führer an dem Tag in Betrieb waren, auf sommerliche Temperaturen hochgedreht, sodass wir uns pudelwohl wie in Wien bzw. manche auch pudelnass gefühlt haben.
Nach dieser spannenden und schweißtreibenden dreistündigen Führung durch das Werksgelände rundete eine zünftige Wurst- bzw. Käsesemmeljause den Vormittag ab. Dank und Anerkennung gebührt den Kollegen, die bereits vor der frühmorgendlichen Busabfahrt von Wien nach Kapfenberg für die gesamte Gruppe Jausensackerl besorgt haben.
© Christian Zaruba
Gruppenfoto vor dem Eingang des Wasserleitungsmuseums Kaiserbrunn
Mit dem Bus ging es am Fuß der Rax vorbei zum Wasserleitungsmuseum Kaiserbrunn, wo wir von dem Betriebsleiter von „Wiener Wasser Hirschwang“ Ing. Hans Tobler und einem Kollegen freundlich empfangen wurden. Nach einer kurzen Begrüßung im Freien gingen wir sogleich ins Museum hinein. Ing. Tobler wollte sofort all unsere Fragen zum Thema „Wiener Wasser“ beantworten, ohne sich mit Inputs seinerseits aufzuhalten. Herr Prof. Kozeschnik konnte ihn aber dann doch zum konventionellen Ablauf - zuerst Vortrag danach Fragestellung - motivieren. Das kleine, aber feine Museum gibt kombiniert mit den Erläuterungen Ing. Toblers einen guten Einblick in die lange Geschichte der Wasserversorgung Wiens.
© Dagmar Fischer
Foto der Quelle der 1. Wiener Wasserleitung
Aus heutiger Sicht sind die Zustände, die in Wien bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Bezug auf die Wasserversorgung (Qualität und Zugang) und Hygiene geherrscht haben, unvorstellbar. Die rasant anwachsende Bevölkerung Wiens bezog aus Brunnen das Grundwasser, das stark verunreinigt war und deshalb zu Seuchen wie Typhus führte. Einen ersten Schritt zu einer Verbesserung veranlasste Albert Kasimir von Sachsen Herzog von Teschen mit dem Bau der 1804 fertiggestellten Albertinischen Wasserleitung aus dem Bereich der heutigen Hüttelbergstraße in Wien Penzing. Da die Wasserversorgung für das immer größer werdende Wien nicht ausreichend gedeckt werden konnte, entschied sich der Wiener Gemeinderat 1869 für die Errichtung der 1. Wiener Hochquellen-wasserleitung aus dem Quellgebiet von Rax und Schneeberg. Dem Beschluss gingen langjährige Planungen voraus, wobei das Unterfangen nur durch den Erwerb der Wälder und Grundstücke durch die Stadt Wien umgesetzt werden konnte. Anton Gabrielli wurde mit dem Bau der Wasserleitung beauftragt. Nach einer Bauzeit von vier Jahren wurde die 1. Wiener Hochquellenwasserleitung (zahlreiche Stollen und 30 Aquädukte) am 24. Oktober 1873 von Kaiser Franz Joseph I. feierlich eröffnet. Gleichzeitig wurde der Hochstrahlbrunnen am Wiener Schwarzenbergplatz, den Baumeister Gabrielli aus Dankbarkeit für den Großauftrag gespendet hatte, in Betrieb genommen.
Bald darauf wurde klar, dass für die Versorgung Wiens eine 2. Hochquellenleitung notwendig war. Am 2. Dezember 1910 ging diese, von Quellen aus dem Hochschwabgebiet gespeist (über 100 Aquädukte), in Betrieb. Das Quellschutzgebiet der beiden Leitungen ist mit 675 m2 größer als die Fläche Wiens. Die Pflege der Schutzwälder ist äußerst essentiell, denn der Waldboden speichert das Wasser und dient als Filter. Schwebstoffe werden aus dem Wasser herausgefiltert, wofür der heimische Mischwald (Fichte, Tanne, Buche) bestens geeignet ist.
© Stadt Wien
Grafik der Wiener Hochquellenwasserleitungen
Durch das natürliches Gefälle von den niederösterreichisch-steirischen Kalkalpen nach Wien ist eine gravitative Versorgung ohne Pumpen möglich, das Wasser rinnt sozusagen aus den Bergen nach Wien. Die 1. Hochquellleitung endet im Wasserbehälter am Wiener Rosenhügel, die 2. in Mauer. Von dort aus beginnt die Wasserverteilung für Wien auf 27 Wasserbehälter, in denen so viel Wasser gespeichert wird, dass die Stadt vier Tage versorgt werden könnte. Die Reise des Wassers aus dem Rax-Schneeberg- Gebiet dauert rund 24 Stunden, aus dem Hochschwabgebiet 36 Stunden.
© Dagmar Fischer
Foto eines Kollegen am Brunnen
Durch den Höhenunterschied von 360 m liegt die Geschwindigkeit des Wassers bei rund 5 km/h und die Wassertemperatur beträgt 6-8 Grad Celsius. Als sehr interessant empfanden wir, dass in Spitzenzeiten das Hochquellwasser mit Wiener Grundwasser gemischt wird (rund fünf Prozent werden ins Rohrnetz eingespeist), um die Nachfrage abdecken zu können. Wien benötigt rund 440 Millionen Liter Wasser pro Tag, wobei 130 Liter pro Tag von jedem Wiener und jeder Wienerin verbraucht werden.
Dass Wien zum 9. Mal zur lebenswertesten Stadt gekürt wurde, hängt sicherlich auch mit der ausgezeichneten Qualität des Trinkwassers zusammen. Heute wird die Wassergüte durch die neueste Technologie rund um die Uhr kontrolliert, sollten die Werte nicht passen, wird das Wasser in die umliegenden Flüsse abgeleitet, bevor es in Wien ankommt. Ing. Tobler ließ hier mit der folgenden Anekdote aufhorchen: Vor einigen Jahrzenten lief der Test der Wassergüte noch nicht so technisch ausgefeilt ab, unter einen mit Wasser gefüllten Glaskrug wurde eine Qualitätszeitung untergelegt und wenn man diese durch das Wasser gut lesen konnte, wurde das Wasser nach Wien geschickt.
© Christian Zaruba
Gruppenfoto vor dem Wasserschloss Kaiserbrunn
Nach unserem Besuch des Wasserleitungsmuseums Kaiserbrunn, haben wir uns entschieden ein Stück des 1. Wiener Wasserleitungsweges zu wandern. Dieses Stück führt vom Wasserleitungsmuseum entlang der Schwarza zur Rax-Seilbahn. Das landschaftlich beeindruckende Gebiet wird auch als „alpine Steiganlage“ bezeichnet und führt durchs Höllental, ein Engtal zwischen den Kalksteinmassiven Schneeberg und Rax.
© Christian Zaruba
Landschaftsfoto des 1. Wiener Wasserleitungsweges
© Dagmar Fischer
Landschaftsfoto des 1. Wiener Wasserleitungsweges
© Ernst Kozeschnik
Dagmar Fischer am 1. Wiener Wasserleitungsweg
In Gumpoldskirchen eingetroffen, empfing uns das freundliche Personal der „Weiberwirtschaft“. Kurz darauf saßen wir schon beim Wein zusammen und verzehrten Schnitzel, Kümmelbraten und Topfenstrudel mit Vanillesoße (von den Einheimischen auch Quarkstulle genannt). Anschließend brachte uns der Bus zurück nach Wien und so konnten wir auf einen gelungenen Institutsausflug 2018 zurückblicken.