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Passende Spielregeln für selbstfahrende Autos

Welche Gesetze sollen für autonomes Fahren gelten? Die Ergebnisse eines Forschungsprojekts der TU Wien sprechen für serviceorientierte Mobilität statt Individualverkehr.

Selbstfahrendes Auto auf einer Landstraße

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Selbstfahrende Autos brauchen Regeln.

Schwarz-weiß Bild von Mathias Mitteregger

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Mathias Mitteregger

Versuche mit autonomen Fahrzeugen laufen seit Jahren – es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis sie zum Alltag gehören. Daher ist es wichtig, sich jetzt Gedanken darüber zu machen, welche gesetzlichen Regeln für solche Fahrzeuge gelten sollen. Ein Forschungsprojekt an der TU Wien, koordiniert von Mathias Mitteregger vom future.lab, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster der Fakultät für Architektur und Raumplanung zeigt: Falsche Regelungen könnten dazu führen, dass der Individualverkehr drastisch ansteigt. Wir sollten stattdessen versuchen, die Lebensqualität in den Städten zu erhöhen und Mobilität als Service anzubieten. Selbstfahrende Autos könnten eine wertvolle Ergänzung zu unseren heutigen öffentlichen Verkehrsmitteln sein – aber kein Ersatz.

Mehr Verkehr durch autonomes Fahren?

„Angesichts der globalen Klimakrise und des Ziels, lebenswerte Städte zu schaffen, kann es sich unsere Gesellschaft nicht leisten, eine Technologie zuzulassen, die zusätzliches Verkehrsaufkommen generiert“, sagt Mathias Mitteregger. Genau das droht uns aber, wenn sich autonomes Fahren ohne gut durchdachte gesetzliche Regelungen durchsetzt: Wer entspannt im selbstfahrenden Auto sitzt, nimmt vielleicht eine viel längere Anreise zum Arbeitsplatz in Kauf. Damit gäbe es Anreize für weitere Zersiedelung, oder für das Errichten von Produktionsstätten und Firmenzentralen weit abseits der Siedlungskerne, wo der Baugrund möglichst billig ist.

„Wir kommen zu dem Ergebnis, dass autonome Fahrzeuge neue Ungleichheiten schaffen könnten“, sagt Mitteregger. „Plötzlich entstehen neue Standortvorteile für ganz bestimmte Firmen und in ganz bestimmten Lagen, die Mobilität verbessert sich nur für Teile der Gesellschaft – für andere allerdings nicht. Hier müssen wir die sozialen Folgen des kommenden Wandels auf jeden Fall im Auge behalten.“

Zugelassen für definierte Betriebsbereiche

In Deutschland liegt nun ein Gesetzesentwurf vor, der autonomes Fahren auf bestimmte „Betriebsbereiche“ beschränken will. Automatisierte Fahrsysteme würden dann zum ersten Mal vom Testbetrieb in den Regelbetrieb wechseln, aber nur für genau definierte Strecken bzw. Streckennetzabschnitte. „Das könnte ein sinnvoller Schritt sein, weil das die Entwicklung weg vom Individualverkehr und eher in Richtung serviceorientierte Mobilität lenken könnte“, meint Mathias Mitteregger.

Wenn man für ein selbstfahrendes Auto eine Lizenz für einen bestimmten Betriebsbereich erwerben müsste, dann wäre das in erster Linie für Firmen interessant, die selbstfahrende Mobilität auf Strecken anbieten wollen, die besonders gut für autonomes Fahren geeignet sind – etwa für Fahrten zwischen großen Städten. Für Privatpersonen wäre der Anreiz klein, auf autonomes Fahren zu wechseln. „Das Gesetz in Deutschland kann tatsächlich zu einem Meilenstein werden“, sagt Mathias Mitteregger. „Aus unserer Sicht wäre allerdings wünschenswert, dass nicht alleine technische Daten gesammelt werden, wie es der Gesetzgeber bislang vorschlägt. Es braucht ein Monitoring der Wirkungen: Wer profitiert? Wo wird getestet? Was bedeutet das für die Treibhausgas-Emissionen? Ein Blindflug in die Zukunft wäre in diesem Fall hoch riskant.“

Mit den richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen könnte autonomes Fahren zu einer Erweiterung des öffentlichen Verkehrs werden, in Gegenden, die derzeit nicht gut erschlossen sind. „In einer Stadt wie Wien ist der öffentliche Verkehr heute schon sehr gut. Das sollten wir bewahren, autonomes Fahren soll nicht zu einer Konkurrenz für öffentliche Verkehrsmittel oder dem Fuß- und Radverkehr werden“, betont Mitteregger. Gerade im Bereich des Stadtrandes, wo die Intervalle öffentlicher Verkehrsmittel lang sind und die Versorgung nicht in zufriedenstellendem Ausmaß garantiert werden kann, könnte autonomes Fahren, eine Marktlücke schließen. Gleichzeitig muss man klären, wie man effiziente Schnittstellen bzw. Umsteigemöglichkeiten zwischen klassischen Öffis und den neuen autonomen Verkehrsmitteln schaffen kann.

„Wir können autonomes Fahren so gestalten, dass es uns Vorteile bringt“, ist Matthias Mitteregger überzeugt. „Aber wir müssen schon heute ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen mitbedenken, um schwerwiegende Fehler zu vermeiden.“

 

Mathias Mitteregger beschäftigt sich mit der Frage, wie Technologien Städte verändern und verändert haben. An der TU Wien leitet er eine interdisziplinäre Forschungsgruppe, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, die untersucht wie automatisierte Mobilität dazu beitragen kann, bestehende Ziele der Stadtentwicklung zu erreichen. Die Forschungsgruppe setzt sich aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Forschungsbereiche future.lab Research Center, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Örtliche Raumplanung, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, Verkehrssystemplanung, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster und Soziologie, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster zusammen. Teil des Kernteams sind: Emilia M. Bruck, Aggelos Soteropoulos, Andrea Stickler, Martin Berger, Jens S. Dangschat, Rudolf Scheuvens, Ian Banerjee. Vor Kurzem ist die Publikation "AVENUE21 – Automatisierter und vernetzter Verkehr: Entwicklungen des urbanen Europa, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster" Open Access bei Springer Vieweg erschienen.