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Beim Aussortieren alter Kleidung ist die Frage: Wegwerfen oder recyceln? Wie sich Fasern wiederverwenden lassen, erforschen Wissenschaftler_innen der TU Wien im Projekt SCIRT.

Recyclingsymbol, dargestellt durch drei Stoff-Pfeile in unterschiedlichen Farben.

© Lauren Jong/Flickr

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In Zukunft könnte immer mehr Kleidung aus recycelter Altkleidung bestehen.

Laborumgebung: Es sind 10 Flaschen zu sehen, die mit blauem Stoff und einer klaren Flüssigkeit gefüllt sind.

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An der TU Wien wird die Wiederaufbereitung von Mischfasern erforscht.

Hält die Kreislaufwirtschaft auch in der Modeindustrie Einzug? Forschende und Modeproduzenten aus fünf Ländern möchten die Branche gemeinsam revolutionieren. Warum das wichtig ist, erklärt Dr. Andreas Bartl: „Derzeit erfolgt erst in wenigen EU Ländern eine getrennte Sammlung von Alttextilien. Diese Sammelsysteme finanzieren sich durch den Verkauf der Second-Hand-Ware und erfassen daher auch nur diesen Produktstrom. Spätestens 2025 müssen aufgrund einer EU-Richtlinie Alttextilien getrennt gesammelt werden, auch solche, die sich nicht für die Wiederverwendung eignen. Recyclingsysteme, die ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind, müssen jedoch erst entwickelt und umgesetzt werden.“ – So auch das Ziel von SCIRT (System Circularity & Innovative Recycling of Textiles). Außerdem wird das Design der Kleidungsstücke evaluiert und die Lebensdauer der Produkte durch geeignete Materialkombinationen verlängert.

Damit die Hose zum Hemd werden kann

Der Einsatz von Recyclingmaterialien ist bereits gängige Praxis in der Modeindustrie. Allerdings werden Polyesterfasern (PET) nur selten aus alter Kleidung gewonnen, sondern aus Getränkeflaschen. „Die Faserhersteller verbrauchen rund dreiviertel des aus alten PET-Flaschen hergestellten Granulats. Somit basieren rund 15 % der PET-Fasern auf Recyclingmaterial. Es wird jedoch nur etwa ein Prozent der getragenen Kleidungsstücke wieder zu Fasern und somit neuer Kleidung verarbeitet“, sagt Bartl, Wissenschaftler aus der Forschungsgruppe Partikeltechnologie, Recyclingtechnologie und Technikbewertung, der gemeinsam mit Emanuel Boschmeier und Wolfgang Ipsmiller an SCIRT arbeitet.

Noch vor ein paar Jahren spielte Recycling in der Modeindustrie kaum eine Rolle. Grund dafür ist mitunter, dass das Recycling von Fasern teurer ist, als sie neu zu produzieren. Daher braucht es nicht nur gesetzliche Vorgaben wie sie derzeit evaluiert werden, auch muss es einen Markt für recycelte Mode geben. „Um herauszufinden, welche Bedürfnisse der Markt hat, erarbeiten wir gemeinsam mit Modeherstellern die wichtigsten Kriterien. Denn nur so kann aus einer Hose einmal ein Hemd werden“, stellt Bartl in Aussicht.

Enzyme unterstützen Recyclingprozess

Viele Kleidungsstücke bestehen aus zwei oder mehr Fasermaterialien. Für die Funktionalität der Stoffe hat das Vorteile. Möchte man sie am Ende der Produktlebensdauer jedoch in den Kreislauf zurückführen, so ist das Fasergemisch nicht direkt für das Recycling geeignet, sondern es sind aufwändige Trennverfahren notwendig.

Andreas Bartl, Emanuel Boschmeier und Wolfgang Ipsmiller forschen insbesondere an Verfahren zur Wiederaufbereitung von Mischtextilien aus Polyester und Baumwolle, eine der gängigsten Materialkombinationen am Markt: „Um die Polyesterfasern einem weiteren Produktzyklus zuführen zu können, müssen die Baumwollfasern aus dem Textil entfernt werden. Dies gelingt uns durch den Einsatz von Cellulasen. Das sind Enzyme, die Cellulose – das ist der Hauptbestandteil in Baumwolle – in kleine Moleküle spalten. So wird Baumwolle zu Glukose und kann in der chemischen Industrie oder im Rahmen einer zirkulären Bioökonomie weiterverwendet werden“, erklärt Bartl. „Die Polyesterfasern hingegen schmelzen wir auf, um ein Granulat herzustellen. Gegebenenfalls muss dieses Granulat noch nachbehandelt werden, um eine Qualität zu erhalten, die sich für die Faserproduktion eignet“. Cellulasen werden bereits in großem Maßstab industriell gewonnen und auch die PET-Re-Granulation kann auf existierende Verfahren zurückgreifen. Die Hauptaufgabe der TU Wien besteht daher darin, das Verfahren zu optimieren, um es im großen Maßstab gesamt nutzbar zu machen.

Umbruch in der Textilbranche

„Die nächsten Monate werden für alle, die in die textile Kette involviert sind, herausfordernd“, prognostiziert Boschmeier, Projektassistent bei SCIRT. Denn rechtliche und politische Rahmenbedingungen werden bis 2025 definiert werden. Unabhängig davon ist der Branche bewusst, dass sich der Umgang mit Textilien stark verändern wird und Ergebnisse des SCIRT-Projekts dringend benötigt werden. Daher setzen die Projektpartner an der Ursache an, nicht an den Symptomen: „Es kann nicht unser alleiniges Ziel sein, Recyclingverfahren zu entwickeln, während parallel dazu immer mehr und vor allem in immer kürzeren Zyklen Textilien auf den Markt gebracht werden“, sagt Ipsmiller.

Das Projekt SCIRT wird durch Horizon 2020 über die Dauer von drei Jahren gefördert. Die Koordination liegt bei der flämischen Forschungseinrichtung VITO, die in dem Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung beheimatet ist. Insgesamt beteiligen sich 18 Partner aus fünf Ländern an SCIRT.

Kontakt

Dr. Andreas Bartl
Institut für Verfahrenstechnik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166102
andreas.bartl@tuwien.ac.at

Dipl.-Ing. Emanuel Boschmeier
Institut für Verfahrenstechnik
Technische Universität Wien
emanuel.boschmeier@tuwien.ac.at

Dipl.-Ing. Wolfgang Ipsmiller
Institut für Verfahrenstechnik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166151
wolfgang.ipsmiller@tuwien.ac.at

Text: Sarah Link