Ferenc Krausz wurde - gemeinsam mit Pierre Agostini und Anne L'Huillier - mit dem Physik-Nobelpreis 2023 ausgezeichnet. Die Experimente, welche Ferenc Krausz in den 1990er und frühen 2000er Jahren am Institut für Photonik der TU Wien durchführte, wurden als Begründung des Nobelpreiskomitees zur Verleihung ausdrücklich genannt.
Ferenc Krausz studierte Physik an der TU Budapest, 1988 wechselte er an die TU Wien in die Gruppe von Professor Arnold Schmidt. Bereits seine Dissertation von 1991 war der Entwicklung von Ultra-Kurzpulslasern gewidmet. Der Fokus seiner weiteren Arbeit lag auf der Verkürzung der Laserimpulse und der Erhöhung der Pulsspitzenleistung. Es ist ihm durch die Einführung der chirped-mirror-Technologie gelungen, die Laserimpulse auf nur mehr einige Femtosekunden zu komprimieren und er setze seine Forschungsarbeiten mit der Entwicklung von Laserverstärkersystemen fort. Er habilitierte sich und wurde Assistenzprofessor am Institut für Photonik der Fakultät für Elektrotechnik & Informationstechnik der TU Wien.
In dieser Zeit gründete Ferenc Krausz mit seinen Kollegen Christian Spielmann und Andreas Stingl das erfolgreiche Unternehmen „Femtolasers“ und weitete seine wissenschaftliche Arbeit auf die Erzeugung kürzerer Wellenlängen und die Untersuchung fundamentaler Prozesse in der Licht-Materie-Wechselwirkung aus. Insbesondere die Emission von sehr hohen Harmonischen bei kürzerer Wellenlänge von angeregten Atomen weckte sein Interesse. Aufgrund der kurzen Wellenlänge vermutete man, dass damit Attosekundenpulse (1 Attosekunde = 10-18 Sekunden) hergestellt werden können. Eine direkte Messung solcher Pulse scheiterte aber vorerst wegen der fehlenden Messmethode. 2001 schließlich gelang in den Laserlabors des Instituts für Photonik eine direkte Messung eines Attosekundenpulses mit einer Dauer von 650 Attosekunden durch Kreuzkorrelation dieses Attosekundenpulses mit dem erzeugenden Laserpuls und es wurde schnell klar, dass diese Messung ein wissenschaftlicher Durchbruch war, der sehr viele Bereiche betreffen würde. Die Arbeit wurde in Nature publiziert und hat es auch auf die Titelseite der NewYorkTimes geschafft –für wissenschaftliche Resultate eine sehr rare Auszeichnung. Ferenc Krausz schuf damit die Grundlage für ein neues Forschungsfeld: Die Attosekundenphysik – das Studium von Zeitabläufen auf extremst kurzen Skalen.
Ferenc Krausz hat den START-Preis sowie den Wittgenstein-Preis des FWF verliehen bekommen und wurde zum Universitätsprofessor am Institut für Photonik ernannt. 2003 erhielt er schließlich das Angebot als Direktor ans Max-Plank-Institut für Quantenoptik nach Garching bei München zu gehen, wo er seit 2004 als Direktor und Professor an der LMU-München tätig ist. Bis heute ist er Honorarprofessor an der TU Wien.
Ferenc Krausz zeichnet sich durch sein sehr hohes Engagement für die Forschung, einer großen Zielstrebigkeit und auch einer hohen Leistungsbereitschaft aus. Durch seine sehr integrative Persönlichkeit versucht er stets Kolleg_innen naher und auch ferner Disziplinen für neue Ideen zu begeistern. So hat er während seiner Zeit in Wien auch ein großes Forschungsverbund-Projekt - den Spezialforschungsbereich „SFB“ (gefördert durch den FWF) „Advanced-Light-Sources- ADLIS“ - mit Kolleg_innen aus den Bereichen der Theoretischen Physik und der Chemie gestartet, welcher auch nach seinem Wechsel nach München sehr erfolgreich weitergelaufen ist. Auch durch die Max-Plank-Research-School MPRS-APS besteht eine starke Verbindung zwischen dem MPQ und der TU Wien.
Die Physik der ultrakurzen Zeiträume
Wer jemals eine schnelle Bewegung fotografieren wollte, weiß: Man braucht dafür eine kurze Belichtungszeit, sonst bekommt man nur ein verschwommenes Bild. In der Quantenphysik ist es so ähnlich: Wenn man Prozesse untersuchen möchte, die sich auf ultrakurzen Zeitskalen abspielen, zum Beispiel das Verhalten eines Elektrons in einem Atom, dann braucht man extrem kurze Laserpulse.
Man kann kurze Laserpulse erzeugen, indem man mehrere Laserstrahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen miteinander kombiniert – aber das genügt nicht um in den Attosekundenbereich vorzustoßen. In den 1980er Jahren entdeckte man einen Prozess, der einen anderen, besseren Weg aufzeigte: Wenn man kurze Laserpulse mit einer Wellenlänge im Infrarotbereich in bestimmte Gase schießt, entsteht eine neuartige Art von Laserlicht mit viel höheren Frequenzen.
Elektronen, die mit Atomen kollidieren
Es dauerte eine Weile, bis der Grund dafür klar wurde: Wenn der Laserpuls ausreichend stark ist, kann das Lichtfeld einzelnen Atomen im Gas ein Elektron entreißen. Dieses Elektron wird dann vom Laserlicht beschleunigt, kehrt aber dann um und stößt wieder mit seinem Atom zusammen. Dabei wird viel Energie frei, und zwar in Form von Licht. Dieses Licht hat Frequenzen im Röntgenbereich – also in einem vielen höheren Energiebereich als das Licht des ursprünglichen Infrarot-Lasers. Da dieser Prozess vom Laserlicht getrieben wird, läuft die Generation der Röntgenstrahlung phasenkohärent mit dem Laserfeld ab, und zwar auf einer Subzyklen-Zeitskala. In jedem Laser-Halbzyklus wird ein Attosekundenpuls generiert. Durch Hochpassfilterung der erzeugten Strahlung, kann daraus ein Attosekundenpulszug gewonnen werden.
Ultrakurze Laserpulse
Wesentlich schwieriger allerdings ist es, einen einzelnen Attosekundenpuls zu erzeugen. Genau das ist Krausz und seinen Mitarbeitern allerdings im Jahr 2001 durch die Verwendung von Laser-Pulsen von nur 5fs Dauer gelungen. Die Erzeugung solch kurzer Laserpulse mit hoher Spitzenleistung war eine wesentliche Voraussetzung für die Erzeugung einzelner Attosekundenpulse. Gemeinsam mit einem Team aus Mailand ist Ferenc Krausz diese Erzeugung in den späten 1990er Jahren gelungen. Ein weiterer wichtiger Schritt zur routinemäßigen Generation von einzelnen Attosekundenpulsen war die Erfindung der Phasenstabilisierung von verstärkten Laserpulsen. Damit hat Ferenc Krausz alle wichtigen Innovationen auf dem Weg zum Attosekundenzeitalter maßgeblich mitbestimmt.
Den Quanten auf der Spur
Mit Attosekundenpulsen kann man den zeitlichen Verlauf von Prozessen studieren, die bis dahin als „augenblicklich“ oder „instantan“ bezeichnet worden waren. Was genau passiert, wenn ein Elektron aus dem Atom herausgelöst wird? Verlassen manche Elektronen das Atom schneller als andere? Wie lange dauert eigentlich ein Quantensprung? Solche Fragen lassen sich mit Hilfe dieser Attosekunden-Pulse nun untersuchen. Selbst in Richtung biologischer Anwendungen wird geforscht: Die besonderen Eigenschaften dieser Attosekunden-Lichtpulse könnten es sogar erlauben, sie zum Untersuchen biologischer Proben und zur Diagnose von Krankheiten zu verwenden.