Cochlea-Implantate (CIs) ermöglichen es Gehörlosen, Sprache in ruhiger Umgebung zu hören und zu verstehen. Bei einem hohen Geräuschpegel im Hintergrund sind sie jedoch weit weniger effektiv; auch Musik können sie nicht mehr wahrnehmen. Es wird angenommen, dass diese suboptimale Wahrnehmung dadurch entsteht, dass die räumlich/spektrale Aktivierung der Cochlea durch elektrische Stimulation zu unerwünschten Kanalinteraktionen führt, die die Qualität der an das Gehirn übertragenen Informationen verschlechtern. Kürzlich wurde gezeigt, dass die magnetische Stimulation durch Mikrospulen eine engere Aktivierung der Cochlea bewirkt, was den natürlichen Signalmustern näherkommt und darauf hindeutet, dass spulenbasierte Geräte das Potenzial haben, die CI-Leistung erheblich zu verbessern.

Die Implantation von Mikroelektroden-Arrays in die Cochlea (so genannte Cochlea-Implantate) ermöglicht es Gehörlosen, Sprache in einer ruhigen Umgebung zu verstehen. Dies ist zwar ein bemerkenswerter Fortschritt, der Zehntausenden von Nutzern geholfen hat, aber die Leistung wird bei höheren Geräuschpegeln im Hintergrund erheblich beeinträchtigt. Darüber hinaus können die meisten CI-Träger keine Musik hören. Es ist bekannt, dass die elektrische Stimulation eine spektral breit gefächerte Aktivierung der Cochlea bewirkt, was zu Überschneidungen zwischen benachbarten Kanälen führt und somit die Anzahl der unabhängigen Spektralkanäle verringert (sowohl für die Sprachunterscheidung bei hohen Hintergrundgeräuschpegeln als auch für die Musikwiedergabe wird eine größere Anzahl unabhängiger Spektralkanäle benötigt, als sie von den vorhandenen Implantaten erzeugt werden kann). Die Erhöhung der Anzahl der Kanäle hat sich jedoch als schwierig erwiesen, da die hoch leitfähige Lösung, die die Implantate umgibt (Perilymphe), die Ausbreitung der Aktivierung von jeder Elektrode vergrößert, so dass sich die Felder von benachbarten Elektroden überlappen und die Kanäle nicht mehr unabhängig sind. Die Ausbreitung der Felder wird noch dadurch verschlimmert, dass sich die Ziele der Stimulation (Spiralganglionneuronen) über eine knöcherne Wand vom Implantat entfernt befinden und daher höhere Stimulusamplituden für die Aktivierung erforderlich sind, was zu einer größeren Stromausbreitung führt.

Mikrospulen können eine attraktive Alternative zu Elektroden sein, da die Physik, die die Ausbreitung der induzierten Felder bestimmt (Maxwell-Gleichungen), eine engere Begrenzung der Aktivierung nahelegt. Darüber hinaus ermöglicht die hohe Permeabilität von biologischem Gewebe für Magnetfelder, dass die Stimulation die Knochenwand problemlos durchdringen kann, ohne dass höhere Stimulationspegel (und die daraus resultierende Ausbreitung der Aktivierung) erforderlich sind.  In Übereinstimmung damit führt die Stimulation durch Mikrospulen, die in die Cochlea von Mäusen (Lee et al., ELife, 2022) und Meerschweinchen implantiert wurden, zu schmalen Aktivierungskanälen im Colliculus inferior, dh. zu einer besseren Annäherung an das normale physiologische Signal und zu kleineren Kanälen als bei den Elektroden. Die Fähigkeit, schmale Spektralkanäle zu erzeugen, deutet darauf hin, dass mit Mikrospulen eine größere Anzahl unabhängiger Kanäle möglich ist und somit das Potenzial für eine verbesserte Rehabilitation des Hörvermögens besteht.

Finite Elemente Modell einer Meerschweinchencochlea

© Paul Werginz

Finite Elemente Modell einer Meerschweinchencochlea

Unser Ziel ist die Weiterentwicklung von Mikrospulen für den Einsatz in CIs. Im Zuge eines Projekts welches von den National Institutes of Health (NIH, USA) gefördert wird, beschäftigen wir an der TU Wien uns als Projektpartner mit der elektromagnetischen Theorie und der Computermodellierung zur Optimierung des Designs von Spulen für den Einsatz in CIs.