Motivation

Ein Großteil der (Infrastruktur-)Bauwerke in Österreich und darüber hinaus wird in Stahlbetonbauweise errichtet. Um die Bewehrung in Stahlbetonbauwerken vor Korrosion zu schützen, wird diese in der Regel von einer geeigneten Betondeckung umhüllt (20-60mm). Dennoch ist der Erhaltungszustand bestehender Infrastrukturbauten vielfach von Schäden aufgrund von Korrosion der Bewehrung geprägt, da diese Passivierung im Laufe der Zeit durch fortschreitende Karbonatisierung des Betons verloren geht. Als mögliche Alternative zu metallischen Bewehrungen bieten sich deshalb Bewehrungen aus nichtmetallischen Faserverbundkunstoffen (FRP – Fibre-reinforced polymers) an. Diese sind als Bewehrungsstäbe bzw. -lamellen, Spanngliedern als auch in Form von flächigen Textilbewehrungen erhältlich (siehe Abb. 1). Die Bewehrung besteht in der Regel aus Hochleistungsfasern (vorrangig AR-Glas und Carbon, aber auch Basalt), welche mit einer Kunststoffmatrix getränkt sind. Da die Bewehrung nicht rostet, kann einerseits die Beton-deckung reduziert werden, wodurch der Bau und die Anwendung leichterer Tragwerke ermöglicht wird. Andererseits kann die Dauerhaftigkeit des Tragwerkes erhöht werden, wodurch sich sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht Vorteile ergeben.

Grafik Carbon, Glas, Basalt

Eine erste Phase der intensiven Forschung und Entwicklung zu diesem Thema gab es bereits in den 1980 Jahren in europäischen, amerikanischen und asiatischen Ländern. Derzeit ist eine zweite, vorrangig von deutschen Wissenschaftlern getragene, Welle im Zuge der Entwicklung von Textilbewehrungen im Gange, die zu einer Renaissance rund um das Thema der Faserverbundkunststoffe geführt hat. Die Umsetzung zahlreicher Pilotprojekte zeugt demnach von der technischen Machbarkeit und dem Potential dieser Ent-wicklungen. Dennoch haben sich FRP-Bewehrungen bis dato nicht am Markt etabliert. Die oftmals ange-deutete Absenz von Richtlinien und Normen als möglicher Hemmschuh ist mittlerweile unbegründet, da zahlreiche nationale Richtlinien und Normen, sowie auch Empfehlungen internationaler Fachvereinigun-gen vorhanden sind. Vielmehr stehen einer breiten Anwendung von FRP-Bewehrungen die aktuell noch höheren Errichtungskosten im Vergleich zu Stahlbetontragwerken gegenüber. Berücksichtigt man jedoch die Vorteile von FRP-Bewehrungen, so wird die Betrachtung der Er-richtungskosten als alleiniges Entscheidungskriterium bei der Wahl des Tragwerkes dem Werkstoff nicht gerecht. Aufgrund der Dauerhaftigkeit der Bewehrung ergibt sich in vielen Fällen eine höhere Lebensdauer des Tragwerkes, bei gleichzeitig geringerem Wartungsaufwand. Dies bringt sowohl volkswirtschaftliche (geringere Instandsetzungskosten) als auch gesellschaftspolitische (Umweltaspekte) Vorteile mit sich. Eine gesamtheitliche Betrachtung der ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Einsatzes von FRP-Bewehrungen über den Lebenszyklus eines Bauwerkes ist daher von Nöten, um eine transparente und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage bei der Projektierung eines Bauwerkes zu schaffen. Eine solche Entscheidungsgrundlage ist bis dato nicht vorhanden. Zwar existieren einzelne Untersuchungen zum öko-nomischen Design von FRP-bewehrten Bauteilen auf Querschnittsebene und einzelne vage ökologische Betrachtungen der Materialien, es hat aber noch keine gesamtheitliche Betrachtung auf der Systemeben stattgefunden. Daraus abgeleitet ist das erklärte Ziel des Projektkonsortiums eine solche Entscheidungs-grundlage zu schaffen in dem ein klarer Empfehlungsleitfaden auf Basis ökonomischer und ökologischer Kennzahlen herausgearbeitet wird, wo und in welchem Ausmaß der Einsatz von FRP-Bewehrungen bei der Errichtung von Infrastrukturbauwerken Sinn macht.

Projektziele

Das Projektziel ist durch die Herausgabe eines Empfehlungsleitfadens zum Einsatz nichtmetallischer Be-wehrung bei der Projektierung für Infrastrukturbauwerke definiert. Dieser soll auf Basis der aktuellen ökonomischen und neu erarbeiteten ökologischen Grundlagen erarbeitet werden. Grundsätzlich sind viele Anwendungsgebiete für nichtmetallische Bewehrungen vorstellbar. In einer umfassenden Analyse wird das Potential für den Einsatz nichtmetallischer Bewehrungen in den jeweiligen Anwendungsgebieten auf-gezeigt.

Finanzierung

Finanziert und begleitet wird das Forschungsprojekt vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), von der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) und der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG (ASFINAG) im Rahmen der Initiative „Verkehrs-infrastrukturforschung“.

Projektkonsortium und Kontakt

Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien, Arbeitsgruppe für Ressourceneffizienten Hoch- und Ingenieurbau unter der Leitung von Prof. Benjamin Kromoser bearbeitet.

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