1. Einleitung

Für die Verankerung von vorgespannten Stählen werden fast ausschließlich Keilverankerungen angewandt. Die großen Vorteile einer Keilverankerung sind die jahrelange Erfahrung bei Bemessung und Anwendung auf der Baustelle, der geringe Preis, die einfache Handhabung und die kurze Zeit für die Installation. Diese gut etablierte Technologie konnte anfänglich nicht mit solchem Erfolg für die Verankerung von Faserverbundwerkstoffen angewandt werden, da die Anisotropie des Materials wenig berücksichtigt wurde. In diesem Beitrag wird die innovative Keilverankerung (Composite Wedge), die auf die Anforderungen der Faserverbundwerkstoffe eingeht vorgestellt. Das Verankerungssystem wurde am Institut für Tragkonstruktionen der Technischen Universität Wien entwickelt. Das Ziel der Entwicklung war es, eine kostengünstige Verankerung zu entwickeln mit der es möglich ist, Lamellen oder Stäbe aus Faserverbundwerkstoffen vorzuspannen. Die Vorteile von vorgespannten Faserverbundwerkstoffen sollen durch die einfache und kostengünstige Verankerung der Bauindustrie zugänglich gemacht werden und neue Impulse setzen. Die Faserverbundwerkstoffe die hauptsächlich im Bauwesen eingesetzt werden, sind Stäbe und Lamellen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) und glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Hier wird nur auf die Verankerung von CFK-Lamellen eingegangen, eine Verankerung von einzelnen Stäben und Stabbündeln ist aber sinngemäß möglich. Die Keilverankerung wurde im Jahr 2003 zum Patent angemeldet, 2004 wurde das Patent erteilt [1]. Noch im Dezember 2004 wurde die internationale Anmeldung (PCT) durchgeführt.

2. Die Keilverankerung zum Vorspannen von CFK-Zugelementen

Die Gründe für den seltenen Einsatz von vorgespannten CFK-Lamellen oder Stäben sind, dass die derzeitigen Verankerungen meist einen niedrigen Wirkungsgrad aufweisen und das Anbringen der Verankerung ebenso wie der Verankerungsvorgang aufwändig sind. Wegen der Querdruckempfindlichkeit und der hohen Zugfestigkeit ist es viel schwieriger CFK-Zugelemente als Spannstähle zu verankern.

Bei einer Keilverankerung wird die Kraft im Zugelement über Schubspannungen in die Keile und von dort weiter in den Ankerkörper eingeleitet. Keile und Ankerkörper sind über eine geneigte Ebene, auf der die Keile gleiten können, verbunden, siehe Abbildung 1. Beim Belasten werden die Keile an das Zugelement angedrückt. In diesen Kontaktflächen wirken die Anpressdrücke auf das Zugelement und die Zugkraft wird über Schubspannungen auf die Keile übertragen. Der Anpressdruck verursacht einen Querdruck bzw. Druck normal zur Faserrichtung im Zugelement. Bei Materialien, die auf Querdruck empfindlich sind, wie CFK, darf der maximal auftretende Querdruck eine bestimmte Größe nicht überschreiten, sonst wird das Zugelement schon bei geringer Zugbelastung zerdrückt.

Herkömmliche Keilverankerung mit Verteilung des Anpressdrucks und der Schubspannungen in den Kontaktflächen von Keil und CFK-Lamelle.

Abbildung 1: Herkömmliche Keilverankerung mit Verteilung des Anpressdrucks und der Schubspannungen in den Kontaktflächen von Keil und CFK-Lamelle.

3. Die Funktionsweise der neuen Keilverankerung (Composite Wedge System)

Bei einer üblichen Keilverankerung, wie in Abbildung 1 dargestellt, konzentrieren sich der Anpressdruck und die Schubspannungen nahe der Keilspitze und erreichen dort schon bei geringen Zugspannungen im Spannglied sehr hohe Werte. Durch die ungünstigen Spannungsverläufe wird das CFK-Zugelement vor Erreichen der Zugfestigkeit zerstört und die Tragfähigkeit des Spanngliedes kann nicht ausgenutzt werden. Um das jahrelang erprobte Prinzip der Keilverankerung auch beim Vorspannen von CFK-Zugelementen einsetzen zu können, wurde ein neuer Keil am Institut für Tragkonstruktionen der TU-Wien entwickelt und zum Patent [1] angemeldet. Dieser Keil verteilt die Anpressdrücke in der Kontaktfläche gleichmäßig auf das CFK-Zugelement, dabei bleibt der maximale Anpressdruck gering und zerstört das CFK-Zugelement nicht. Das Prinzip besteht darin, daß der Keil aus zwei Schichten mit unterschiedlichen Dicken hergestellt wird, die einen stark unterschiedlichen

Elastizitätsmodul aufweisen. Die gleichmäßige Verteilung wird nun durch das Ansteigen der Schichtdicke mit niedrigem Elastizitätsmodul vom lastfernen zum lastnahen Ende hin erreicht, siehe Abbildung 2 und 3. Durch die Variation der Elastizitätsmodule und durch das Verhältnis

der Schichtdicken von lastnahem und lastfernem Ende kann ein wunschgemäßer Anpressdruck eingestellt werden, der konstant ist oder ansteigt. Die übertragbaren Schubspannungen in den Kontaktflächen von Keil und Zugelement folgen annähernd dem Verlauf des Anpressdrucks. Zudem, je höher der Anpressdruck umso höher ist die maximal übertragbare Schubspannung. Bei einem hohen gleichmäßigen Anpressdruck in der gesamten Kontaktfläche kann daher auch eine hohe Kraft übertragen werden. Durch nicht-lineare Finite Elemente Berechnungen wurden die Schichtdicken der Keile und deren Verlauf für die Versuche an den 1.2mm dicken CFK-Lamellen bemessen.

Neue Composite Wedge Verankerung mit Verteilung des Anpressdrucks und der Schubspannungen in den Kontaktflächen von Keil und CFK-Lamelle.

Abbildung 2: Neue Composite Wedge Verankerung mit Verteilung des Anpressdrucks und der Schubspannungen in den Kontaktflächen von Keil und CFK-Lamelle.

Typischer Keil der Compoiste Wedge Verankerung

Abbildung 3: Typischer Keil der Compoiste Wedge Verankerung

Versuchsaufbau für Zugprüfung.

Abbildung 4: Versuchsaufbau für Zugprüfung.

4. Experimentelle Untersuchungen

In mehren Zugversuchen wurde die Traglast der Verankerung bestimmt, siehe Abbildung 4. In der Tabelle 1 sind die Abmessungen (Dicke, Breite), sowie die rechnerische Traglast (FNennbruchlast) des Lamellenquerschnitts, die im Versuch erreichte Traglast der Lamelle oder der Verankerung (FVersuch) und der Wirkungsgrad der Verankerung angegeben. Man sieht, daß die für 1.2mm dicken Lamellen bemessene Verankerung für diese Lamellenquerschnitte den optimalen Wirkungsgrad von 99 bis 100 % erreicht. Bei der Bestimmung des Wirkungsgrades wird die im Versuch erreichte Traglast des Gesamtsystems der rechnerischen Tragfähigkeit des Querschnitts gegenübergestellt. Ein Wirkungsgrad von 100 % heißt hier, daß die Querschnittstragfähigkeit der Lamelle erreicht wurde und nicht die Tragfähigkeit der Verankerung. Bei den Versuchen versagte die CFK-Lamelle immer zwischen den Ankerkörpern auf der freien Länge. Die rechnerische Traglast (FNennbruchlast) wurde für die Bestimmung des Wirkungsgrades mit dem Mittelwert der Festigkeit von 3100N/mm² berechnet. Der Hersteller garantiert jedoch nur eine mittlere Festigkeit von 2800N/mm². Würde der Wirkungsgrad mit der garantierten Festigkeit berechnet werden, ergäbe dies einen Wirkungsgrad von 110 %. In diesen Versuchen wurde die Kontaktfläche zwischen Keil und CFK-Lamelle geklebt.

Vergleich von Versuch und Berechnung

5. Bestimmen der maximal möglichen Traglast der Verankerung und weitere Entwicklungen

Je dicker die Lamellen sind, umso höher werden die Anpressdrücke und die Schubspannungen in den Kontaktflächen. Die Breite hat hier keinen Einfluß, da es sich um ein ebenes System handelt. Um die Grenzen dieser Keilgeometrie zu bestimmen, wurden mit den Keilen für 1.2 mm dicke Lamellen Versuche mit 2.5 mm starken Lamellen durchgeführt. Bei Verklebung wurde ein Wirkungsgrad von 82 bis 84 % erreicht. Der Wirkungsgrad mit 82 bis 84 % an 2.5 mm dicken Lamellen ist beachtlich und zeigt auf, daß die Verankerung für 1.2 mm dicke Lamellen noch hohe Reserven hat.

Im nächsten Schritt wurde die Verankerung dahingehend optimiert, dass der Klebeverbund durch einen Reibverbund ersetzt wurde. Die wesentlichsten Vorteile sind, dass keine Verzögerung durch das Aushärten des Klebers entsteht und die Lamelle auch nachträglich entspannt oder gespannt werden kann. Die Versuche haben gezeigt, dass der Wirkungsgrad mit 89 % bei Anwendung des Reibverbundes sogar geringfügig höher war als beim Klebeverbund.

Das nächste Ziel ist es nicht nur bei 1.2mm starken Lamellen einen Wirkungsgrad von 100 % zu erreichen sondern auch bei 2.5 mm starken Lamellen. Die Geometrie der neuen Keile wurde mit Finiten Elementen berechnet und soll in den kommenden Monaten getestet werden.

6. Schlussbemerkungen

Die Versuche haben bestätigt, dass diese neue Keilverankerung (Compoiste Wedge System) gut funktioniert und Faserverbundwerkstoffe damit vorgespannt werden können. Anwendungsgebiete für die Keilverankerung sind beim Vorspannen von Fertigteilen, Vorspannen auf der Baustelle, der Verstärkung von bestehenden Tragkonstruktionen, Fels- und Erdankern, bei dünnwandigen Bauteilen und bei starkem Sulfatangriff zu finden. Geld sparen kann man beim nachträglichen Verstärken mit Vorspannung nicht nur indem weniger CFK-Lamellen notwendig sind, sondern auch indem die Betonaußenfläche nicht entlang des gesamten Brückentragwerks bearbeitet werden muss. Eine Bearbeitung ist nur in den Bereichen der Verankerung notwendig. Dies spart viel Arbeitszeit, Material und damit Kosten. Die in Abbildung 5 dargestellte Verankerung, die speziell für oberflächennahe Vorspannung entwickelt wurde, lässt sich beispielsweise einfach an der Brückenunterseite anbringen. Durch den geringen Abstand der Lamelle von der Bauteiloberfläche entsteht nur ein geringes Versatzmoment, wodurch die Befestigung der Ankerbüchse am Tragwerk weniger Aufwand erfordert.

Durch die einfache Handhabung der Verankerung sollen die Kosten reduziert werden und einen wirtschaftlichen Einsatz von Faserverbundwerkstoffen im Bauwesen besser ermöglichen. Die wesentlichen Entwicklungsschritte sind bereits abgeschlossen. Das Ziel ist nun, in Kooperation mit einer entsprechenden Firma auf eine Zulassung hinzuarbeiten.

Assymmetrische Composite Wedge Verankerung für oberflächennahe vorgespannte Lamellen.

Abbildung 5: Assymmetrische Composite Wedge Verankerung für oberflächennahe vorgespannte Lamellen.

Literaturliste

1] S. L. Burtscher. Keilverankerung für vorgespannte und/oder belastete Zugelemente. Österreichisches Patent AT 412 564 B, E04C 5/12 erteilt am 15.09.2004; PCT-Anmeldung am 22.12.2004 durchgeführt.