Allgemeines

Neu zu errichtende Überbrückungsbauten für bestehende Verkehrswege fordern vermehrt den Einsatz von Bauverfahren, die mit möglichst geringer Beeinträchtigung des Verkehrs eine rasche Herstellung ermöglichen. Der Einsatz von Fertigteilen bietet eine Möglichkeit die Sperrzeiten durch die Errichtung von neuen Brücken zu minimieren.
Wetter- und zeitunabhängige Vorfertigung, gleichbleibend hohe Fertigungsqualität, kürzere Bauzeit und Wirtschaftlichkeit sind nur einige Gründe, warum im Bauwesen generell ein Trend in Richtung Fertigteile festzustellen ist. Nicht zuletzt wegen des hohen Vorfertigungsgrades erfüllt der Stahl-Beton Verbundbau  alle Voraussetzungen, um Brücken für Verkehrsüberführungen ohne erhebliche Verkehrsunterbrechungen zu errichten und kommt daher in diesen Bereichen oft zur Anwendung.  Fertigteilträger aus Stahlbeton bzw. Spannbeton können alternativ zu den Stahlträgen des Verbundbaues eingesetzt werden, jedoch erfordert das höhere Eigengewicht der Stahlbeton-Spannbeton-Varianten meist einen Mehraufwand in punkto Transport, Kran- und Hebetechnik.

Um den Betonbau auf diesem Gebiet konkurrenzfähiger zu machen, wurde ein Forschungsvorhaben ins Leben gerufen, mit dem Ziel leichte dünnwandige Stahlbeton-Fertigteile zu entwickeln, die kostengünstig hergestellt werden und alternativ zu Stahlträgern im Brücken- und Ingenieurbau eingesetzt werden können (Abb. 1).

Entwurf einer Autobahnüberführung – Prinzip-Skizze für das Bauen mit trogförmigen Halbfertigteil-Trägern und Halbfertigteil-Deckenelementen

Abb. 1: Entwurf einer Autobahnüberführung – Prinzip-Skizze für das Bauen mit trogförmigen Halbfertigteil-Trägern und Halbfertigteil-Deckenelementen

Die Idee

Die Idee besteht darin, aus  Gitterträgerdecken beziehungsweise Doppelwandelementen trogförmige Fertigteilträger (Abb.2) zu produzieren, die gleichzeitig als Schalung und Rüstträger genützt werden, um damit Stege von Plattenbalkenbrücken ohne temporäre Hilfsunterstellungen betonieren zu können. Die dünnwandigen, trogförmigen Fertigteile sind leicht und in Hinblick auf Transport- und Baulogistik mit herkömmlichen Transport-, Kran- und Hubgeräten bereitstellbar.

Trogförmiger Fertigteilträger aus Gitterträgerdecken (l)

Abb.2: Trogförmiger Fertigteilträger aus Gitterträgerdecken (l)

Doppelwandelementen (r)

bzw. Doppelwandelementen (r)

Die Fertigteilträger bilden nur die Außenhaut des endgültigen Tragwerks, die allerdings aus höherfesten Betonrezepturen mit dichtem Gefüge im Betonwerk hergestellt wird und somit als hochwertiger Schutz dient. Der restliche Teil kann monolithisch ausgeführt werden.  Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von möglichen statischen Systemen und folglich ein großes Anwendungsspektrum für diese Fertigteil-Ortbeton-Hybridbauweise. Demnach können beispielsweise bei mehrfeldrigen Überführungsbauwerken in einer ersten Bauphase die Fertigteilträger versetzt werden und in weiterer Folge, durch das Ausfüllen mit Ortbeton, ein Durchlaufträger-System hergestellt werden. Aber auch integrale Rahmenbauwerke sind möglich, da der Hauptanteil des Tragwerkes aus Ortbeton besteht und somit eine monolitische Verbindung zwischen Unterbau und Tragwerk erzeugt werden kann. Somit können die Vorteile einer einfachen Montage und die einer robusten Bauweise optimal genützt werden.

Um die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Fertigteile in den  Phasen des Transports und des Ausbetonierens gewährleisten zu können, werden die Fertigteilträger vorgespannt. Außerdem bewirkt die Vospannung ein Überdrücken der Querfugen, sodass dort keine Schwachstellen im Endzustand zu erwarten sind. Zusätzlich zu den Transportspanngliedern können bereits im Werk, falls erforderlich, die Spannglieder für den Endzustand und ein großer Teil der schlaffen Bewehrung eingebaut werden. Dadurch minimiert sich zusätzlich der Aufwand auf der Baustelle.

Großversuche

Großversuche liefern wertvolle Erkenntnisse, um Montagearbeiten optimieren und konstruktive Details verbessern zu können. Zur praxisnahen Erprobung der Halbfertigteilträger wurden an zwei Versuchsträgern zahlreiche Belastungstests durchgeführt. Ein 30 m langer Einfeldträger, hergestellt aus Gitterträgerdecken, wurde in zwei Schritten ausbetoniert, siehe Abb.3 (l). Um die Belastung des Füllbetons aufnehmen zu können, musste der Träger stufenweise, je nach Menge des Füllbetons, vorgespannt werden. Die Einleitung der Vorspannkraft erfolgt über die im Endquerträger einbetonierten Verankerungen und zwei Umlenksättel, welche im Zuge der Bodenplatten-Herstellung betoniert wurden. Neben der ausführlichen Dokumentation des Verhaltens der Fertigteilträger während des Vorspann- und Füllvorgangs wurde eine Langzeitmessung durchgeführt, um die Kriechverformungen der hoch vorgespannten Fertigteile feststellen zu können. Dadurch konnten wesentliche Erkenntnisse über die Spannungsumlagerungen vom Fertigteil in den Füllbeton gewonnen werden. Im Anschluss wurde der Einfeldträger einer reinen Torsionsbelastung ausgesetzt, um einerseits das Verbundverhalten zwischen Fertigteil und Füllbeton zu testen, und andererseits die Schubtragfähigkeit bei unterschiedlicher Verbügelung und unter Berücksichtigung der Längsvorspannung bei fehlender Längstorsionsbewehrung zu untersuchen.

Versuchsgelände Fa.Oberndorfer in Gars am Kamp – Ausbetonierter Fertigteilträger aus Gitterträgerdecken (l) – Versuchsträger aus Doppelwandelementen (r)

Abb.3: Versuchsgelände Fa.Oberndorfer in Gars am Kamp – Ausbetonierter Fertigteilträger aus Gitterträgerdecken (l) – Versuchsträger aus Doppelwandelementen (r)

Der zweite Versuchsträger mit einer Länge von 30 m, bestehend aus Doppelwandelementen mit einer Gesamtbreite von 50 cm, wurde aus vier 7,5 m langen Einzelstücken zusammengesetzt, siehe Abb.3(r). Die beschränkte Dicke der Doppelwandelemente führt zu Fragstellungen im Hinblick auf das Stabilitätsverhalten. Während der Bauphasen  zur Errichtung einer Plattenbalkenbrücke müssen die Halbfertigteile hoch vorgespannt werden, um die Belastung des Füllbetons aufnehmen zu können. Um Aussagen über den Grenzwert der zulässigen Druckspannungen treffen zu können, und um ein örtliches Stabilitätsversagen bei hohen Druckspannungen auszuschließen, wird an diesem Versuchsträger ein zentrischer Druckversuch durchgeführt, in dem 2 Spannglieder mit je 31 Litzen angespannt werden. Die Ergebnisse dieses Versuchs sind im Sommer 2013 zu erwarten.

Partner

Das FFG Forschungsvorhaben wird vom Verband Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke, den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und der österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen- Finanzierungs- Aktiengesellschaft (ASFINAG) finanziell unterstützt.  


Weitere Partner:
•    Franz Oberndorfer GmbH & Co KG
•    Grund- Pfahl- und Sonderbau
•    SWIETELSKY Bau GmbH

Ansprechpartner:

Kontakt: DI David Wimmer

email: david.wimmer@tuwien.ac.at