Presseaussendungen

Elastan-Recycling: Dehnbare Lebensdauer für Textilien

Beim Tragen bequem, beim Recycling höchst unangenehm: Elastan macht die Wiederverwendung von Textilien schwierig. An der TU Wien wurde dafür eine Lösung gefunden.

Emanuel Boschmeier bei der Verleihung des INI-Preises, dahinter Textilproben, bearbeitet mit den neuen Recycling-Methoden.

© Johannes Hloch

Emanuel Boschmeier bei der Verleihung des INI-Preises, dahinter Textilproben, bearbeitet mit den neuen Recycling-Methoden.

Kleidung ist viel zu schade, um sie einfach zu entsorgen und zu verbrennen. Ab 2025 sollen in der ganzen EU Alttextilien gesammelt und recycelt werden. Um mit der gewaltigen Menge an Textilien, die dann anfallen wird, effizient und umweltgerecht umzugehen, sind verbesserte Recyclingverfahren dringend notwendig.

Schwierig ist das Recycling von Mischtextilien – ganz besonders dann, wenn sie Elastan enthalten. An der TU Wien wurden daher nun Methoden entwickelt, mit denen man Elastan nicht nur besser und umweltfreundlicher als bisher detektieren kann, sondern es dann auch noch auf schonende Weise abtrennen kann, um gleichzeitig andere Fasern unbeschädigt zurückzugewinnen. Entscheidend dabei ist es, die passenden Lösungsmittel zu finden.

Elastan, der Maschinenkiller

„Viele Materialien, die wir zur Herstellung von Kleidung verwenden, sind als reines Material problemlos recyclierbar – etwa Baumwolle, Polyester oder Polyamid“, erklärt Emanuel Boschmeier, der derzeit am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien an einer Dissertation zu diesem Thema arbeitet. „Doch Elastan, selbst wenn es nur in geringen Mengen beigemischt ist, macht das bisher übliche Recycling mit herkömmlichen Methoden unmöglich.“

Elastan ist derart dehnbar, dass die Reißmaschinen, mit denen Textilien üblicherweise vor dem Recycling zerkleinert werden, nicht damit zurechtkommen. Elastan führt zu Verschmutzungen, Verstopfungen und Verklumpungen in den Maschinen.

Zuverlässig detektieren

Man braucht daher in einem ersten Schritt eine zuverlässige und schnelle Methode, um den Elastangehalt in Textilien überhaupt zuverlässig zu messen. „Bei unseren Recherchen stellten wir fest, dass es eine solche Methode bisher nicht gab“, sagt Emanuel Boschmeier. „Die üblichen Testmethoden arbeiten mit Lösungsmitteln, die als gesundheitsschädigend eingestuft werden, außerdem sind sie äußerst zeitintensiv.“

Im Labor von Vasiliki-Maria Archodoulaki wurde ein neuartiges „Elastan Quantification Tool“ entwickelt, eine Detektionsmethode, bei der man misst, wie viel Elastan tatsächlich in einem Kleidungsstück ist. Die Detektionsmethode basiert auf der Spektroskopie im mittleren Infrarot, welche gemeinsam mit Bernhard Lendl für die Fragestellung optimiert wurde.

Fasern sortenrein trennen

Der nächste Schritt war, eine Methode zu finden, Elastan von anderen Fasern zu trennen. „Wir experimentierten mit unterschiedlichen Lösungsmitteln und führten theoretische Untersuchungen durch. So stießen wir schließlich auf ein ungefährliches Lösungsmittel, das ganz selektiv das Elastan entfernt, und die wiederverwendbaren Fasern intakt lässt“, sagt sein Betreuer Andreas Bartl. Die Methode wurde bereits zum Patent angemeldet. Man kann auf diese Weise Materialien wie Polyester oder Polyamid fast vollständig zurückgewinnen – und sogar das Lösungsmittel selbst kann zurückgewonnen und weiterverwendet werden.

Auch wenn Wolle mit Polyester und Elastan kombiniert vorliegt, lassen sich die einzelnen Bestandteile nutzen: Die Wolle wird mit Enzymen unter milden, ungefährlichen Bedingungen abgebaut. Dabei entsteht ein Aminosäurecocktail, der etwa in der Kosmetikindustrie oder in der Düngemittelproduktion genutzt werden kann. Danach trennt man das Elastan ab und recyclingfähiger Polyester bleibt übrig.

Forschungspreis für Emanuel Boschmeier

Die Forschungsarbeit wurde als Teil des EU-Projekts SCIRT (System Circularity and Innovative Recycling of Textiles) durchgeführt. Emanuel Boschmeier erhielt für seine Ergebnisse den INI-Award für Innovation und Nachhaltigkeit im Ingenieurwesen, vergeben vom Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein (ÖIAV) und der Industriellenvereinigung (IV).

 

Originalpublikation

E. Boschmeier et al., New separation process for elastane from polyester/elastane and polyamide/elastane textile waste. Resources, Conservation and Recycling, 198, 107215., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis

Emanuel Boschmeier
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166152
emanuel.boschmeier@tuwien.ac.at

Andreas Bartl
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166102
andreas.bartl@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at