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Prof. Hubert Christian Ehalt (1949–2023): Ein Nachruf

Die TU Wien trauert um Univ. Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt, der am 27. Dezember 2023 im 75. Lebensjahr verstorben ist.

Schwarz-weiß-Porträt von Prof. Ehalt. Graue Balken links und rechts.

© timeline, Rudi Handl

Am 27. Dezember 2023 verstarb Hubert Christian Ehalt. Mit ihm ist ein ausgezeichneter Lehrer und Forscher, ein großartiger und kreativer Kommunikator der Wissenschaft, ein exzellenter Organisator, und vor allem eine kultivierte und liebenswerte Person von uns gegangen. Christian (so durften ihn seine Freunde nennen) Ehalt war nicht nur Ehrensenator und Honorarprofessor der TU Wien, sondern auch ein Freund und Förderer unserer Institution.

Ich lernte Christian Ehalt in meiner Eigenschaft als Vizerektor der TU Wien persönlich kennen. Er arbeitete damals im Rathaus an der Schnittstelle zwischen der Stadt Wien und ihren Hohen Schulen. Es war seine Vision, Wien als Wissenschaftsstadt bekannt zu machen, Wissenschaft der allgemeinen Stadtbevölkerung nahezubringen und den Schatz der Forschung an den Wiener Universitäten nach Möglichkeit für die Stadt und ihre Verwaltung nutzbar zu machen. Bei meiner ersten Begegnung in seinem Büro im Rathaus war das Thema der Diskussion eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Stadt und TU Wien. Die Ideen dazu sprudelten förmlich aus Christian Ehalt heraus. Wir besprachen eine Serie „Wien und die Technik“ innerhalb der „Wiener Vorlesungen“, wir sprachen über eine Datenbank für Diplomarbeiten und Dissertationen mit Bezug zur Stadt Wien, die an der TU Wien verfasst worden waren, und wir diskutierten die Schaffung eines Diplomarbeitspreises der Stadt Wien für die besten Diplomabsolventen der TU Wien. Das Erstaunliche an diesem Gespräch waren nicht nur die vielen Ideen, sondern vor allem die Realisierung all der oben genannten Projekte innerhalb kürzester Zeit.

Der breiteren Öffentlichkeit ist Christian Ehalt sicherlich als „Vater“ der Wiener Vorlesungen, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster bekannt. In den zahlreichen Vorträgen dieser Serie kam es zu wesentlichen intellektuellen Diskursen, die von vielen Vortragenden des In- und Auslandes geführt wurden. In diesen Vorlesungen wurden aktuelle Probleme analysiert, häufig Vorschläge zur Lösung von Problemen gemacht, in jedem Fall aber wissenschaftliche Themen der Bevölkerung der Stadt Wien nahe gebracht. So trugen diese Veranstaltungen zur Intensivierung des intellektuellen Lebens in der Stadt Wien bei. Die Wiener Vorlesungen waren so erfolgreich, so interessant gestaltet, dass ausgesuchte Vorlesungen nebst anschließender Diskussion (unter der Leitung von Christian Ehalt) in das ORF-Fernsehprogramm aufgenommen wurden.

Christian Ehalt brachte für die Aufgabe als Wissenschaftskommunikator und Katalysator für eine gute Zusammenarbeit zwischen der Stadt Wien und den Wiener Hohen Schulen ideale Voraussetzungen mit, wie sein Lebenslauf zeigt. Er wurde 1949 in Wien geboren, wuchs in der Stadt auf und zeigte früh seine künstlerischen Interessen durch den Besuch von Kursen an der Kunstschule und an der Akademie der Bildenden Künste. Nach der Matura und anschließendem Präsenzdienst studierte er an der Universität das Lehramt für Philosophie, Psychologie und Pädagogik. Er entschied sich dann für ein Doktoratsstudium in den Fächern Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 1978 schloss Christian Ehalt das Studium mit dem Dr. phil. ab. Unmittelbar danach begann er seine wissenschaftliche Karriere als Assistent am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster der Universität Wien. Seine erfolgreiche Forschungstätigkeit mündete nach erfolgter Habilitation in einer Professur für die Geschichte der Neuzeit. Seine Lehrtätigkeit begann Christian Ehalt bereits 1979 als Lehrbeauftragter, und er setzte sie als Dozent und Professor an der Universität Wien fort. Aber auch an vielen anderen Universitäten teilte er sein Wissen als Honorarprofessor mit den Studierenden, die von seinem breiten Wissen, geschliffenen Vorlesungsstil und seinem mitreißenden Enthusiasmus für sein Fach begeistert waren. Christian Ehalt kannte also die Befindlichkeiten universitärer Lehre und Forschung aus eigener Anschauung.

Sein Organisationstalent bewies Christian Ehalt in einer Reihe von Projekten, die er für die Stadt Wien, für die Wiener Volksbildung und in der Erwachsenenbildung durchführte. Stellvertretend seien hier die von ihm erdachte „Wiener Vierteltouren“ und die Gründung der „Stadtwerkstatt“ genannt. Er war lange Jahre Generalsekretär des Jubiläumsfonds der Stadt Wien für die Akademie der Wissenschaften. In dieser Funktion konnte ich aus eigenem Erleben sehen, dass sich Christian Ehalt sehr für eine faire Behandlung der eingereichten Projekte aus dem Bereich von Naturwissenschaft und Technik einsetzte.

Neben dem Organisationstalent ist der immense Fleiß von Christian Ehalt hervorzuheben. Seine Publikationstätigkeit war ungeheuer vielfältig und umfangreich. Ich habe zunächst versucht, eine Liste seiner Bücher zusammenzustellen. Als bei meinen Recherchen die Anzahl 50 überschritten wurde, gab ich das Vorhaben auf. Fast unzählbar sind auch seine Beiträge in wissenschaftlichen Journalen, seine Glossen, Aufsätze und kritischen Artikel in den Printmedien, sowie den vielen Buchreihen, für die er als Herausgeber verantwortlich zeichnete. Wie er neben den beschriebenen Aktivitäten noch Zeit für arbeitsreiche Aufgaben wie z. B. die Leitung des Ludwig Boltzmann Instituts für Historische Anthropologie Zeit fand, wird mir für immer ein Rätsel bleiben.

Glücklicherweise fand das Wirken von Christian Ehalt schon zu seinen Lebzeiten Anerkennung und Lob durch zahlreiche Ehrungen, wie beispielsweise die Ehrenmitgliedschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster oder die Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Forschung I. Klasse, oder auch die Ehrenbürgerschaft der Universität Wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster. Ich weiß auch, dass er sich sehr über die Ehrensenatorwürde an der TU Wien gefreut hat, der später die Honorarprofessur an der TU Wien folgte. Christian kam gerne an die TU Wien. Von allen erfolgreichen Projekten, die wir gemeinsam durchführten, bedeutete ihm der Diplomarbeitspreis besonders viel. Er kam gerne zu diesen akademischen Feiern mit der Preisverleihung, zu deren Highlights immer die anregende Rede von Christian zählte.

Mit Wehmut erinnere ich mich an viele hochinteressante Gespräche über Kultur, Kunst und Geschichte, die ich immer als Bereicherung empfand. Ich bin traurig, einen Freund verloren zu haben.

Univ. Prof. i. R. Dr. Hans Kaiser