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Prof. Gerhard Jangg (1927–2023): Ein Nachruf

Die Technische Universität Wien und das Institut für Chemische Technologien und Analytik trauern um ao.Univ.Prof. i.R. Dr. Gerhard Jangg, der am 29.11.2023 im 97. Lebensjahr verstorben ist.

Porträtbild Gerhard Jangg in s/w mit schwarzen Balken links und rechts. Aufgenommen in einem privaten Raum.

© privat

Gerhard Jangg war ein hervorragender akademischer Lehrer, der zu formulieren verstand.

Gerhard Jangg wurde am 27.9.1927 in Villach geboren. Wie bei vielen seiner Generation endete die Schulzeit 1944 mit einer Notmatura; unmittelbar danach wurde er zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und geriet in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung studierte er an der damaligen Technischen Hochschule Wien das Fach Technische Chemie und promovierte 1954 mit einer Dissertation über die Viskosität von Glasschmelzen. Anschließend arbeitete er als Hochschulassistent zu den Themen Erzaufbereitung und vor allem Amalgammetallurgie. 1965 habilitierte er sich für das Gebiet „Chemische Technologie der Metalle mit besonderer Berücksichtigung der chemischen Erzaufbereitung und der Hydrometallurgie“. 1971 wurde er zum ao.Univ.Prof. und zum Leiter der Abteilung Pulvermetallurgie am damaligen Institut für Chemische Technologie anorganischer Stoffe ernannt. Mit Ende 1992 ging Gerhard Jangg in den Ruhestand.  

In der Pulvermetallurgie, die sich mit der Berufung von Richard Kieffer, dem ehemaligen Vorstand der Firma Plansee, am Institut etabliert hatte, fand Gerhard Jangg seine Berufung. Er forschte im Bereich der Eisenpulvermetallurgie und der Sinterstähle; daraus entwickelte sich auch die Kooperation des Instituts mit Fa. Miba Sintermetall AG – heute Miba Sinter Austria GmbH, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster –, die bis zum heutigen Tage andauert, über mehr als 50 Jahre. Ein weiterer Schwerpunkt, auf dem Gerhard Jangg Pionierarbeit leistete, waren die dispersionsverfestigten Werkstoffe für Hochtemperaturanwendungen, neben Cu-Al2O3 vor allem mit Al4C3 verstärktes Aluminium, das er erfand und für das er die Technik des Reaktionsmahlens entwickelte. Spätere Arbeiten befassten sich mit dispersionsverfestigten Superlegierungen und Platinwerkstoffen, ebenfalls für Anwendungen unter extremen Bedingungen. All diese Forschungsarbeiten wurden in enger Zusammenarbeit mit der Industrie durchgeführt. Gerhard Jangg hatte für die Bedürfnisse der Industrie ein besonderes Gespür und hat auch seinem Nachwuchs eingeschärft „Ihr müsst lernen, mit dem Kopf der Industrie zu denken“. Dementsprechend haben viele seiner Schülerinnen und Schüler später sehr erfolgreich in der Industrie gewirkt.

Gerhard Jangg war ein hervorragender akademischer Lehrer, der selbst ein ausgezeichneter Formulierer war und auch seinen Nachwuchs das Abfassen von klaren und präzisen akademischen Arbeiten und Veröffentlichungen gelehrt hat. „Eine Dissertation muss sich so spannend lesen wie ein Kriminalroman“, war seine Devise. Entsprechend interessant lesen sich seine Publikationen und Bücher auch heute noch. Wenn es um wissenschaftliche Ergebnisse ging, war er ein kritischer und harter Diskussionspartner, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berge hielt, der es aber auch nicht nur tolerierte, sondern sogar schätzte, wenn man ihm ebenso klar und gut argumentiert Kontra geben konnte. Er war aber auch ein Chef, auf den man sich in jeder Schwierigkeit verlassen konnte, weil er sich für seine Schülerinnen und Schüler verantwortlich fühlte und auch immer wusste, wie er am besten helfen konnte.

Ein besonderes Anliegen waren Gerhard Jangg die Kontakte zu den Forscherinnern und Forschern im damaligen Ostblock, vor allem der DDR, der CSSR und der UdSSR. Er hielt diese Kontakte trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten konsequent aufrecht; aus Solidarität mit den dortigen Partner_innen, die unter für uns heute schwer vorstellbaren Bedingungen hervorragende Forschungsleistungen erbrachten, für die aber Kontakte zu westlichen Instituten oft eine entscheidende Hilfe waren. Diese Beharrlichkeit machte sich nach dem Fall des Eisernen Vorhanges bezahlt, denn viele dieser Kooperationen bestehen bis heute. Ebenso hat er auch gerne Studierende aus dem Ausland, vor allem dem Nahen Osten, für Diplomarbeiten und Dissertationen aufgenommen, die ihm das durch intensive Leistungen und eine großteils bis heute bestehende Verbundenheit gedankt haben.

Alle, die das Privileg hatten, mit Gerhard Jangg zusammenzuarbeiten, ob aus dem universitären Bereich oder der Industrie, werden ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.    

Herbert Danninger