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Prof. Erich Knözinger (1939–2023): Ein Nachruf

Die TU Wien, die Fakultät für Technische Chemie und das Institut für Materialchemie trauern um Univ.-Prof. i.R. Dr. Erich Knözinger.

Schwarz-weiß-Brustbild von Erich Knözinger. Er trägt ein kariertes Hemd und eine Jeansjacke.

Univ. Prof. Dr. Erich Knözinger wurde am 11. März 1939 in München geboren. Nach seinem Physikstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität München, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster (1958–1964) wurde er ebendort 1966 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert mit dem Titel seiner Dissertationsschrift „Organische Ionenaustauscherharze als heterogene Katalysatoren“.

Nach Abschluss der Promotion arbeitete er zunächst zwei Jahre in Caracas/Venezuela als Profesor Asistente, Escuela de Física y Matemáticas an der Universidad Central de Venezuela, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster. Daran schloss er zwei weitere Jahre als Postdoc in der Arbeitsgruppe von Prof. Heinrich Noller am Institut für Physikalische Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München an. Daraufhin entschied er sich für einen Wechsel in die Industrie, übernahm eine Stelle in der Abteilung Anwendungstechnik und Training bei Beckman Instruments GmbH in München, wo er für wesentliche Neuentwicklungen im Einsatz der Fourier-Methode im Bereich der Fernen Infrarot (FIR) Spektroskopie verantwortlich zeichnete. Nachdem Erich Knözinger 1975 als Dozent für Allgemeine und Physikalische Chemie in die akademische Welt zurückkehrte, habilitierte er sich 1976 an der Gesamthochschule Siegen für das Fach Physikalische Chemie und wurde 1981 zum Professor für Physikalische Chemie ernannt. 1993 nahm er den Ruf auf eine ordentliche Professur für Physikalische Chemie an die Technische Universität Wien an, die er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2007 innehatte. Gleichzeitig übernahm er auch die Leitung des damaligen Institutes für Physikalische und Theoretische Chemie, aus dem später durch Zusammenschluss mit anderen Arbeitsgruppen das Institut für Materialchemie wurde.

Erich Knözingers anfängliches Interesse galt der Matrixisolationsspektroskopie zur Untersuchung von molekularen Clustern in kryogenen Matrizes, wie sie unter Verwendung von Molekularstrahlmethoden erzeugt werden können. Dabei war das Verhalten der isolierten Cluster von gleich großem Interesse wie die Struktur und Morphologie der Inertgas-Matrizes, in die die IR-aktiven Cluster eingebettet wurden. Damit verwandte Themen wie heterogene physikalisch-chemische Prozesse an atmosphärischen Aerosolen oder die Deposition von Nichtgleichgewichtsfestkörpern aus der Gasphase zur Erzeugung neuer Katalysatormaterialien wurden gleichermaßen wichtige Bestandteile seines Forschungsgebietes. Dabei spielten IR-Spektroskopie, Elektronenspektroskopie und Röntgenbeugung eine wichtige Rolle zur Verbrückung der verschiedenen Themen. Dies führte schließlich dazu, dass Erich Knözinger den Prozess der Gasphasendeposition bei Temperaturen von einigen Kelvin auf die Erzeugung und Deposition von nanoskaligen Metalloxidpartikeln übertrug, um grundlegende Keim- und Strukturbildungsprozesse zu untersuchen. Insbesondere durch seine IR-spektroskopischen Untersuchungen zu reaktiven Oxidoberflächen erwarb er sich in der Oberflächenchemie von hochdispersen Festkörpern großes Ansehen.

Die hohe Flexibilität in der Auswahl seiner wissenschaftlichen Themen ist durch das breite Spektrum seiner Arbeiten in verschiedenen Wissenschaftsgebiete belegt. Sie reichen von FIR-spektroskopischen Untersuchungen an Molekülen und Clustern bis hin zur Oberflächenchemie und Katalyse. Erich Knözinger war in mehreren, sehr verschiedenen Gebieten und damit auch in unterschiedlichen Scientific Communities aktiv, und wurde durch seine grundlegenden, wissenschaftlichen Arbeiten geschätzt.

Die Arbeit als Hochschullehrer hatte für ihn herausragende Bedeutung. Die minuziöse Vorbereitung seiner Lehrveranstaltungen, der ständige und überprüfende Blick auf die Trennung zwischen wesentlichen und weniger wichtigen Wissensinhalten, und sein manchmal auch kämpferisches Eintreten für die sinnvolle Zusammenstellung neuer Studienpläne wurde von Kolleg_innen, Mitarbeiter_innen und letztendlich auch von Studierenden respektiert. Er war ein begeisterungsfähiger und gleichzeitig für seine Mitarbeiter_innen auch ein begeisternder Hochschullehrer, der das Gebiet der physikalischen Chemie an der TU Wien viele Jahre mit vollem Einsatz vertrat.

Erich Knözinger war ein konstruktiv kritischer Beobachter von universitären Abläufen und der österreichischen Hochschulpolitik. In der Zeit seines Wirkens an der TU Wien und für Österreicher_innen manchmal ungewohnt, sprach er Probleme unverblümt offen an und präsentierte mögliche Lösungs- und Verbesserungsvorschläge.

Die Kolleginnen und Kollegen, die das Glück hatten mit ihm unmittelbar zusammenzuarbeiten, werden ihn auch als geselligen und humorvollen Menschen in Erinnerung behalten. Er liebte Sprachen und das Reisen. Als Mensch und Hochschullehrer war er für viele Vorbild und gleichzeitig auch Freund.

Erich Knözinger verstarb am 27.12.2023 im Kreise seiner Familie. Wir gedenken seiner in Hochachtung und großer Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit.

 

Oliver Diwald
(Paris Lodron Universität Salzburg)

Hinrich Grothe
(TU Wien)

Günther Rupprechter
(TU Wien)