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Wie man Kohlendioxid für immer loswird

Was passiert, wenn man abgeschiedenes CO2 in den Boden pumpt? Hochaufwändige Computersimulationen ermöglichen es nun, das langfristige Verhalten vorherzusagen.

Schnitt durch die Erde, an der Oberfläche Fabriken, im Boden ein CO2-Researvoir

CO2 unter der Erde langfristig speichern? Das ist möglich.

Wir müssen unseren CO2-Ausstoß stoppen, wenn wir das Klima retten wollen – daran besteht kein Zweifel. Aber das alleine wird nicht reichen. Zusätzlich wird es auch nötig sein, bereits in der Atmosphäre vorhandenes CO2 einzufangen und dauerhaft zu lagern, etwa indem man es tief in den Boden pumpt. Das wirft natürlich die Frage auf: Was passiert langfristig mit diesem CO2? Bleibt es garantiert im Boden, oder kann es sein, dass es über Jahrzehnte oder Jahrhunderte doch wieder entweicht?

Hochaufwändige numerische Simulationen auf Supercomputern zeigen nun erstmals genau, was passiert, wenn sich CO2 mit Grundwasser mischt: In einem komplexen Zusammenspiel aus CO2-reicheren und CO2-ärmeren Bereichen sinkt das CO2-reichere Wasser langsam nach unten, das CO2 kann somit dauerhaft in der Erde aufbewahrt werden.

CO2 steigt auf – aber CO2-haltiges Wasser sinkt ab

Tief im Boden ist der Druck so hoch, dass Kohlendioxid eine Flüssigkeit ist – allerdings mit deutlich geringerer Dichte als Wasser. Man könnte daher meinen, dass CO2 sofort nach oben driften muss, wenn man es unter die Erde ins Grundwasser pumpt. Doch die Sache ist etwas komplizierter.

„Pures CO2 hat zwar eine geringere Dichte als Wasser, aber die Sache ändert sich, wenn CO2 in Wasser gelöst ist. Bei dieser Vermischung wird das Gesamtvolumen kleiner, eine dichtere Flüssigkeit entsteht“, erklärt Marco De Paoli, Leiter des Forschungsprojekts. Stark CO2-haltiges Wasser hat eine höhere Dichte als Wasser mit geringerem CO2-Anteil und sinkt daher nach unten.

Marco De Paoli arbeitet derzeit sowohl an der Universität Twente/Enschede in den Niederlanden als auch an der TU Wien und ist derzeit dabei, nach Wien zu übersiedeln. 2024 wurde ihm vom European Research Council ein ERC-Grant zugesprochen, dieses millionenschwere Projekt wird er ab Herbst 2025 am Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung der TU Wien umsetzen.

Unregelmäßige Strukturen, die nach unten sinken

„Dadurch, dass CO2-reicheres Wasser eine höhere Dichte hat als CO2-armes Wasser, ergibt sich im porösen Gestein eine hochinteressante Dynamik“, sagt Marco De Paoli. „Dort, wo die CO2-Konzentration am höchsten ist, sinkt die Mischung schneller nach unten, das wiederum sorgt für noch bessere Durchmischung.“ So bildet sich ein netzartiges Muster aus CO2-reicheren und CO2-ärmeren Gebieten.

Insgesamt, so konnte das Team mit seinen Computersimulationen zeigen, sinkt das CO2 nach unten und bleibt auch dort – für unbeschränkte Zeiträume. Aus den Berechnungen konnte das Team einfache Modelle ableiten, die nun in der Praxis verwendet werden können, um den CO2-Fluss im Boden vorherzusagen und Injektions-Strategien zu entwickeln, ohne für jede Situation aufwändige Computersimulationen durchführen zu müssen.

Passende geologische Bedingungen

Das funktioniert freilich nicht überall. Man braucht zunächst eine möglichst undurchlässige Gesteinsschicht, unter der sich das CO2 zunächst sammeln kann, bis es sich in Wasser gelöst hat. Das Gestein darunter sollte möglichst porös sein, damit das CO2-haltige Wasser leicht nach unten sinken kann. Ist das geschehen, spielt die undurchlässige Gesteinsschicht darüber keine Rolle mehr. Auch geologische Veränderungen, etwa Erdbeben oder menschliche Eingriffe, würden die Situation nicht mehr beeinflussen. Das CO2 ist sicher im Boden verwahrt.

„Solche geologischen Gegebenheiten sind gar nicht so selten“, sagt Marco De Paoli. „Man könnte ehemalige Erdöllagerstätten verwenden. Es gibt auch sowohl unter dem Meeresgrund als auch im Landesinneren große Gebiete, sogenannte salzhaltige Aquifere, wo CO2-Speicherung nach diesem Schema möglich wäre. Alleine in Österreich gibt es mindestens sechs solche Aquifere.“

In seinem ERC-Forschungsprojekt will Marco De Paoli in den nächsten Jahren an der TU Wien noch weitere wichtige Fragen beantworten. So soll etwa auch geklärt werden, wie sich das Gestein verändert, wenn es von CO2-haltigem Wasser durchflossen wird. Durch bestimmte chemische Reaktionen können sich bestimmte Mineralien im Gestein auflösen, wodurch ein noch höherer CO2-Fluss nach unten möglich wäre. „All diese Fragen müssen genau geklärt werden, wenn wir die Effekte des Klimawandels in großem Stil abmildern wollen“, sagt Marco De Paoli.

 

Diese Forschungsarbeit, die durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe und das Gemeinsame Unternehmen für Europäisches Hochleistungsrechnen (EuroHPC) finanziert wurde, ist das Ergebnis einer internationalen Kollaboration, an der Wissenschaftler_innen der Universität Twente (Enschede, Niederlande), der Universität La Sapienza (Rom, Italien), der Universität Newcastle (Newcastle upon Tyne, Vereinigtes Königreich) sowie die Doktorandinnen Lea Enzenberger und Eliza Coliban von der TU Wien beteiligt waren.

Originalpublikation

M. De Paoli et al., Simulation and Modeling of Convective Mixing of Carbon Dioxide in Geological Formations, Geophysical Research Letters 52, 7, e2025GL114804 (2025).
https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2025GL114804, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster 

Frei zugängliche Version auf arxiv: https://arxiv.org/abs/2501.06090, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis

Marco De Paoli, PhD
Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung
Technische Universität Wien
marco.de.paoli@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Kommunikation
Technische Universität Wien
+43 664 60588 4127
florian.aigner@tuwien.ac.at