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Neue, ungiftige Herstellungsmethode für „Wundermaterial“ MXene

Das Nanomaterial MXene wird für Batterietechnologie oder als Hochleistungs-Schmiermittel eingesetzt. Bisher entstanden bei der Herstellung giftige Abfallprodukte. An der TU Wien fand man neue Wege.

Drei Wissenschaftler in weißen Mänteln im Labor

Es ist einer der bedeutsamsten Trends in der Materialwissenschaft: Materialien, die nur aus einer einzigen Schicht von Atomen bestehen, sogenannte „2D-Materialien“, zeigen oft völlig andere Eigenschaften als dickere Schichten aus denselben Atomen. Begonnen hat diese Forschungsrichtung mit dem Nobelpreis-gekrönten Material Graphen. Nun forscht die TU Wien gemeinsam mit den Firmen CEST und AC2T unter anderem an der Materialklasse der MXene (sprich: Maxene), die hauptsächlich aus Titan und Kohlenstoff bestehen. 

Sie haben Eigenschaften, die beinahe wundersam klingen: Man kann sie für die Abschirmung elektromagnetischer Wellen verwenden, für Energiespeicherung oder für neuartige Sensoren. An der TU Wien stellte man fest: Sie eignen sich auch verblüffend gut als Festkörper-Schmiermittel, selbst unter den härtesten Bedingungen, wie sie etwa in der Weltraumtechnik vorkommen. Das Problem daran war bisher nur: Die Herstellung dieser MXene galt als extrem gefährlich und giftig. Doch nun wurde ein neuer Weg gefunden: Statt giftige Säure verwendet man nun elektrischen Strom. Die neue Synthesemethode wurde nun im renommierten Fachjournal „Small“ publiziert. 

Schluss mit giftiger Flusssäure

„Um MXene herzustellen, braucht man zunächst sogenannte MAX-Phasen. Das sind Materialien, die beispielsweise aus Schichten von Aluminium, Titan und Kohlenstoff bestehen können“, erklärt Pierluigi Bilotto von der Tribologie-Forschungsgruppe am Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung der TU Wien. „Bisher verwendete man Flusssäure, um das Aluminium herauszuätzen, dadurch bekam man dann ein System atomar dünner Schichten, die sich mit sehr wenig Widerstand gegeneinander verschieben können. Das macht diese MXene zu einem tollen Schmiermittel.“

Doch mit Flusssäure zu hantieren ist keine leichte Aufgabe. Sie ist giftig und umweltschädlich, es gibt strenge Vorschriften, wie man mit dieser Chemikalie umzugehen hat. Man braucht spezielle, teure Laboreinrichtungen dafür, und man bekommt Abfallprodukte, die aufwändig entsorgt werden müssen. „Das war der Grund, warum MXene in der Industrie bisher noch nicht den großen Durchbruch feiern konnten“, sagt Pierluigi Bilotto. „Es ist schwer, einen solchen Prozess auf industrieller Skala neu aufzubauen, viele Firmen scheuen diesen Schritt verständlicherweise.“

So machte sich Pierluigi Bilotto auf die Suche nach einer besseren Methode, gemeinsam mit Prof. Carsten Gachot und Prof. Markus Valtiner (TU Wien), Markus Ostermann von CEST in Wiener Neustadt, Marko Pjlievic von AC2T und anderen. 

Elektrochemie

„Die Elektrochemie bietet eine alternative Möglichkeit, die Aluminium-Verbindungen in der MAX-Phase aufzubrechen“, sagt Pierluigi Bilotto. „Wenn man elektrische Spannung anlegt, wirkt ein elektrischer Strom auf die MAX-Phase, die chemische Reaktionen an den Oberflächen hervorrufen kann. Indem wir die Spannung genau richtig einstellen, können wir die Reaktionen so anpassen, dass nur Aluminiumatome entfernt werden, sodass elektrochemische MXene als Endprodukt übrig bleiben.“ 

Das Team fand heraus, dass man mit einer ganz speziellen Elektrochemie-Technik das elektrochemische Ätzen und die Gesamtqualität der Maxene verbessern kann: Nämlich mit wohldosierten Strom-Pulsen. Während man sonst oft das Problem hat, dass die Reaktivität der Oberfläche nach kurzer Zeit stark absinkt, führen kurze Strom-Pulse bei MAX-Phasen-Materialien dazu, dass sich kleine Wasserstoff-Bläschen bilden, durch die die Oberfläche immer wieder gereinigt und reaktiviert wird. So lässt sich die elektrochemische Reaktion länger aufrechterhalten und eine große Menge an MXene entsteht.

Das gewonnene Produkt wurde anschließend aufwändig analysiert – seine Eigenschaften sind mindestens so gut wie die von MXenen, die bisher mit Einsatz von Flusssäure hergestellt wurden. „Mein Ziel ist, dass die Herstellung von MXene extrem einfach wird. Es sollte in jeder Küche möglich sein“, sagt Pierluigi Bilotto. „Und wir sind sehr nahe dran.“

 

Originalpublikation

M. Ostermann, M. Piljevi, öffnet eine externe URL in einem neuen Fensterć, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster et al., Pulsed Electrochemical Exfoliation for an HF-Free Sustainable MXene Synthesis, Small, 2500807 (2025). , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Rückfragehinweis

Dr. Pierluigi Bilotto
Forschungsbereich Tribologie
Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung
Technische Universität Wien
+43 1 58801 30781
pierluigi.bilotto@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Kommunikation
Technische Universität Wien
+43 664 60588 4127
florian.aigner@tuwien.ac.at