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Es macht mir Freude, Menschen zu helfen.

Mit Oktober hat nicht nur das neue Rektorat, sondern auch die neue Behindertenbeauftragte Nicole Kretschy gestartet. Sie folgt nach 22 Jahren Marlene Fuhrmann-Ehn nach.

Porträt Nicole Kretschy

Nicole Kretschy, seit Okotber 2023 die Behindertenbeauftrage der TU Wien

Eine Universität soll allen Menschen offenstehen und keine Barrieren aufweisen. Dass das an der TU Wien passiert und Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung trotzdem studieren können, gibt es eine Behindertenbeauftragte. Diese ist ab sofort dem neuen Bereich Student Support zugeordnet. Mit Oktober hat Nicole Kretschy die Aufgabe der Behindertenbeauftragten übernommen. Im Interview gibt sie Einblick in die Aufgaben und Schwerpunkte ihrer Arbeit.

 

Was sind die Aufgaben einer Behindertenbeauftragten?

Nicole Kretschy (NK): In meiner Arbeit geht es darum, Studierende mit Behinderung zu unterstützen ihr Studium an der TU Wien machen zu können. Das Aufgabengebiet ist vielfältig. Es beginnt immer mit einem Gespräch mit den Betroffenen, um herauszufinden, welche Unterstützung gebraucht wird. Danach folgen je nach Schwere und Art der Beeinträchtigung dann die Maßnahmen. Das kann ein Gespräch mit den Lehrenden sein, wo ich im Namen der Studierenden beispielsweise um mehr Zeit bei den Prüfungen bitte oder das Suchen von Tutor_innen, die Studierende in die Vorlesungen begleiten und für sie mitschreiben, dass sich die Studierenden ganz auf die Vorlesung konzentrieren können. Jeder braucht etwas Anderes, d.h. es geht bei mir wirklich um individuelle Unterstützung. In meiner kurzen Zeit hier ist mir aufgefallen, dass viele Studierende gar nichts von dem vielfältigen Angebot der TU Wien wissen, sie kommen meist auf Empfehlung von anderen Studierenden. Sie sind sehr zurückhaltend und oft erstaunt, wie viel Unterstützung sie bekommen können.

Sind Sie neu an die TU Wien gekommen bzw. welchen Aufgabenbereich hatten Sie zuvor über?

NK: Ich bin schon länger an der TU Wien, allerdings habe ich bisher am Campus Getreidemarkt in der Materialwissenschaft gearbeitet. Nach meinem Studium der Biologie mit Schwerpunkt auf Humangenetik, bin ich über Chemie schließlich bei der Materialwissenschaft gelandet. Durch meine intensive Beschäftigung mit den menschlichen Genen habe ich gutes Hintergrundwissen zu genetisch bedingten Behinderungen. Nachdem ich selbst eine Studierende mit Behinderung war, kann ich mich als Betroffene außerdem wirklich gut in die Studierenden, ihre Probleme und Ängste hineinversetzen.

Ich freue mich sehr auf meine neue berufliche Herausforderung, es macht mir großen Spaß, Menschen zu helfen, einen Sinn in meiner Arbeit zu sehen und am Ende des Tages nach Hause zu gehen und zu wissen, dass ich jemandem weiterhelfen konnte. Das ist ein schönes Gefühl.

Welche Schwerpunkte werden Sie setzen?

NK: Ich sehe drei große Schwerpunkte: Zum einen geht es um Infrastruktur-Themen also um bauliche, aber auch technische Gegebenheiten, die möglicherweise angepasst und barrierefrei gemacht werden müssen. Wobei wir hier an der TU Wien schon sehr weit sind, vor allem was den barrierefreien Zugang zu Gebäuden, Hörsälen und anderen Räumen angeht.
Der zweite Schwerpunkt ist die individuelle Unterstützung der Studierenden. Wie schon eingangs angesprochen, ist es diese individuelle Unterstützung, die wichtig ist, da jede Einschränkung andere Maßnahmen und Lösungsansätze verlangt.
Zu guter Letzt gibt es noch den Bereich Öffentlichkeitsarbeit, also der Austausch und das Netzwerken mit anderen Behindertenbeauftragten, um die Situation für Menschen mit Behinderung zu verbessern sowie das Angebot an der TU Wien unter den Studierenden noch bekannter zu machen. Deswegen waren wir im Rahmen des Wintersemester-Starts bei vielen Erstsemestrigen-Veranstaltungen, um das Programm näher vorzustellen.

Mit welchen Anliegen können sich Studierende an Sie wenden?

NK: Die Anliegen sind so vielfältig wie die Studierenden selbst. Es kommen Studierende zu mir, die aufgrund einer Bewegungseinschränkung Unterstützung brauchen, aber es wenden sich auch Studierende mit Lernschwächen, Konzentrationsschwächen oder Legasthenie an mich. Egal wie schwer der Grad der Beeinträchtigung ist, es lohnt sich auf jeden Fall das Gespräch mit mir zu suchen. Oft sind es Kleinigkeiten wie die bereits erwähnte verlängerte Prüfungszeit, die das Studium für Betroffene noch weiter erleichtern.

Was macht es aus Ihrer Sicht so schwierig mit einer Behinderung zu studieren?

NK: Es ist eigentlich nicht die Behinderung, die Schwierigkeiten bereitet, sondern das Umfeld. Wenn man beispielsweise von Geburt an bewegungseingeschränkt ist, dann hat man als Studierende_r bereits gelernt, mit dieser Beeinträchtigung umzugehen, weiß, was man sich zutrauen kann oder nicht. Trotzdem ist es gut und wichtig, dass Studierende wissen, da gibt es jemanden an den ich mich wenden kann, wenn ich doch einmal Unterstützung brauche.
Anders ist es, wenn jemand nach einem Unfall plötzlich mit gewissen Einschränkungen konfrontiert ist. In so einem Fall brauchen die Betroffenen dann meist mehr Hilfe, denn die Einschränkung ist ja für sie ganz neu und plötzlich müssen sie anders an der Universität agieren. Auch in diesem Fall ist es hilfreich, wenn sie sich an mich wenden.

Mir ist es sehr wichtig zu vermitteln, dass Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung keine Sonderbehandlung bekommen, sondern bestmögliche Unterstützung, die ihnen trotz der Beeinträchtigung ein Studium an der TU Wien ermöglicht.

Was ist der Unterschied zwischen einer Behindertenbeauftragten und einer Behindertenvertrauensperson (Anmerkung derzeit ARat Gerhard Neustätter)?

NK: Meine Arbeit beschränkt sich auf die Studierenden der TU Wien, mein Kollege Gerhard Neustätter fokussiert auf den Arbeitsmarkt, er kümmert sich also um die Mitarbeiter_innen der TU Wien, sowohl um das allgemeine als auch um das wissenschaftliche Personal. Mitarbeiter_innen, die eine Behinderung oder chronische Erkrankung haben, können sich an ihn wenden und er kümmert sich um ihre Anliegen genauso vertrauensvoll wie ich mich für die Studierenden einsetze.

 

Weitere Unterstützungsangebote wie die psychosoziale Einzelberatung und Gruppenworkshops gibt es auf der Student Support Website