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150 Jahre Wiener Schule der Höheren Geodäsie

Im Herbst 1857 hat der Professor für „Praktische Geometrie“ am Polytechnischen Institut auf dem Karlsplatz in Wien, Dr. Josef Herr, regelmäßige Vorlesungen über „Höhere Geodäsie“ aufgenommen und damit diese Wissenschaft von der Astronomie getrennt.

Josef Herr

Josef Herr

Josef Herr

Herr war Gründer des „Instituts für Höhere Geodäsie und Sphärische Astronomie“ im Jahre 1866, das erste seiner Art überhaupt, und nach der Erhebung des Polytechnikums zur Technischen Hochschule 1872 deren erster Rektor. Von Beginn an hat die „Wiener Schule“ neben der Größe und Gestalt der Erde und ihres Schwerefeldes auch ihre Dynamik, also ihr Rotationsverhalten und die Taumelbewegung ihrer Achse, als Forschungsziel verfolgt.

Die „Höhere Geodäsie“ schafft damit verbindliche Referenzsysteme für alle anderen Geowissenschaften. Der Geodät darf sich nach einem Wort von Prof. Karl Rinner  (Graz) mit Recht „Notar der Erde“ nennen. Die „Wiener Schule“ hat die Höhere Geodäsie nicht nur als Teil der Berufsausbildung für Vermessungsingenieure betrachtet, sondern auch immer als Teil des allgemeinen Strebens, die Welt zu verstehen. In dem angekündigten Vortrag wird die wechselvolle Geschichte des Instituts und der bisher sieben Lehrstuhlinhaber geschildert. Zwei von ihnen haben in Unfällen einen gewaltsamen Tod erlitten. Eine gewisse Stagnation während der Kriegs- und Nachkriegszeit konnte überwunden und der Übergang von der klassischen zur modernen Geodäsie bewältigt werden.

Gestützt auf modernste Verfahren, wie der „Interferometrie über lange Basen“ und der Satellitenortung hat sich Wien unter der Leitung des gegenwärtigen Ordinarius zu einem Kompetenzzentrum der Erforschung der Dynamik des Erdkörpers entwickelt.

Kurt Bretterbauer