ERC-Grant für Michael Feischl: Große Präzision, kleiner Aufwand

Prof. Michael Feischl untersucht, wie man bei komplizierten Rechenaufgaben mit minimalem Computeraufwand maximale Genauigkeit erreicht. Dafür erhält er einen ERC Consolidator Grant.

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© Matthias Heisler

Wird die Welt am Computer simuliert, ist das niemals ganz exakt. So ähnlich wie jedes Bild am Computer aus einzelnen Pixeln besteht, teilt man auch in komplizierten wissenschaftlichen Berechnungen die Welt in kleine Portionen auf. Wie man das macht, hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie lang die Rechnung dauert und wie präzise das Ergebnis ist.

Prof. Michael Feischl vom Institut für Analysis und Scientfic Computing der TU Wien entwickelt mathematische Methoden, um am Computer partielle Differentialgleichungen möglichst schnell und präzise zu lösen. Er wurde nun vom European Research Council (ERC) mit einem ERC Consolidator-Grant ausgezeichnet – einer der prestigeträchtigsten und höchstdotierten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft.

Wie präzise darf’s denn sein?

Angenommen, man möchte berechnen, wie sich die Temperatur in Österreich in den nächsten Tagen verändern wird – wie lässt sich das am Computer beschreiben? Man stellt sich ein dreidimensionales Gitter vor und speichert für jeden Gitterpunkt einen Temperaturwert (und andere Werte wie Druck, Windgeschwindigkeit usw.) ab. Wie sich die Temperatur an einem bestimmten Punkt ändern wird, hängt von den Daten der umgebenden Punkte ab.

Wie viele Gitterpunkte man wo braucht, ist oft schwer zu sagen: Bei stabiler Wetterlage ist die Temperatur oft über viele Kilometer ziemlich gleichmäßig und daher reicht ein grobes Gitter. In einem Gewitter kann sich die Temperatur örtlich sehr schnell ändern und man braucht ein extrem feines Gitter. Dasselbe gilt für die Zeit: Bei schnellen Prozessen braucht man eine hohe zeitliche Auflösung, bei langsameren genügt eine geringere.

Der Kern der physikalischen Wissenschaften

„Wir beschäftigen uns mit partiellen Differentialgleichungen“, sagt Michael Feischl. „Sie sind die Grundlage fast jeder physikalischen Computersimulation – von der Geophysik bis zur Astrophysik, von der Strömungslehre bis zum Elektromagnetismus. Auch in anderen Bereichen wie Finanzmathematik oder Machine Learning verwendet man partielle Differentialgleichungen.“

Diese partiellen Differentialgleichungen werden auf einer Art Gitter gelöst – allerdings muss dieses Gitter nicht völlig gleichmäßig sein. Vielleicht braucht man in einem Bereich eine bessere Auflösung als anderswo, vielleicht sind nicht alle Zeiträume gleich kritisch. „Wenn man die Präzision erhöhen und gleichzeitig Rechenzeit sparen möchte, dann muss man die Gitter auf intelligente Weise an das jeweilige Problem anpassen“, erklärt Michael Feischl. „Allerdings ist adaptive Gitteranpassung für partielle Differentialgleichungen bis heute mathematisch nicht gut verstanden.“ Für komplexe Simulationen aus der Physik und Technik gibt es bis heute keine Algorithmen, von denen man garantieren kann, dass sie die optimale Balance aus Präzision und Geschwindigkeit ermöglichen.

Genau das möchte Michael Feischl nun in seinem ERC-Grant-Projekt ändern. „Die Grundlage dafür ist eine neue mathematische Erkenntnis, die nun erstmals in der Geschichte der computergestützten Mathematik einen Weg aufzeigt, wie man das Problem für realistische, zeitabhängige Rechenaufgaben lösen kann“, ist Michael Feischl zuversichtlich. Das Projekt verbindet mehrere Teilgebiete der Mathematik – darunter die Finite-Elemente-Theorie, Matrixtheorie, nichtlineare partielle Differentialgleichungen und Fehlerschätzung.

Michael Feischl

Michael Feischl studierte Mathematik an der TU Wien, wo er im Jahr 2015 auch promovierte. Danach forschte er an der University of New South Wales in Sydney, Australien, bis er 2017 dann Junior Research Group Leader am Karlsruher Institut für Technologie wurde. Es folgte eine Professur an der Universität Bonn, 2019 schließlich kehrte Feischl als Associate Professor an die TU Wien zurück. Bereits 2017 wurde er mit dem DECRA Award ausgezeichnet, dem höchsten australischen Preis für junge Forscherinnen und Forscher. Der ERC Consolidator Grant des European Research Council, dotiert mit rund 2 Millionen Euro, ist nun ein weiterer wichtiger Meilenstein in Feischls Karriere.

 

Rückfragehinweis

Prof. Michael Feischl
Institut für Analysis und Scientific Computing
Technische Universität Wien
+43 1 58801 10154
michael.feischl@tuwien.ac.at

Text: Florian Aigner