Die Mobilfunkbranche steht vor großen Herausforderungen: Neue Dienste und Services werden angeboten, gewöhnliche Sprachtelefonate werden in Zukunft nur noch einen kleinen Teil des Datenvolumens ausmachen, rasant zunehmen wird die Kommunikation zwischen Maschinen.
Um auch dann noch eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit der Mobilfunknetze gewährleisten zu können, ist eine intelligente, flexible Steuerung nötig. Dabei wird künstliche Intelligenz (AI) eine zentrale Rolle spielen. Mit sogenannten „digitalen Zwillingen“, mit denen ein Teil des Mobilfunknetzes am Computer möglichst präzise simuliert werden kann, wird AI für Sicherheit, Effizienz und sogar möglichst geringen Stromverbrauch sorgen. Die Forschung daran wird nun von einem neuen Christian Doppler Labor vorangetrieben, das am 15. November 2023 an der TU Wien eröffnet wurde. Unterstützt wird das Labor vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft BMAW, sowie von den Firmenpartnern A1 Telekom Austria, Nokia Solutions and Networks, ÖBB-Personenverkehr.
Arbeits- und Wirtschaftsministerium fördert anwendungsorientierte Grundlagenforschung
„Die Mobilfunkbranche steht vor großen Herausforderungen: Ob nun die Zunahme an Diensten und Services oder der Einsatz in sicherheitskritischen Umgebungen, die Komplexität steigt und muss bewältigt werden", betont Florian Frauscher, Leiter der Sektion Wirtschaftsstandort, Innovation und Internationalisierung im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. „Dieses neue CD-Labor will die verfügbaren Ressourcen mittels Digitalen Zwillingen und KI optimieren, was Kosten senken, Energie und Ressourcen einsparen und das Benutzererlebnis schneller und reibungsloser machen wird. Eine win-win-win Situation für Unternehmen, Konsumenten und Umwelt. Nicht zuletzt wird die Forschung im CD-Labor dazu beitragen, Österreich an der Spitze technologischer Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation zu halten, und so den Standort Österreich weiter zu stärken.“
Sicherheit und Effizienz für das Netz
„Bei manchen Aufgaben im Mobilnetz dürfen einfach keine Fehler passieren“, sagt Dr. Philipp Svoboda vom Institut für Telekommunikation der TU Wien, der das neue CD-Labor leitet. „Der Zugverkehr ist ein Beispiel dafür: Wenn ein Signal an eine Weiche gesendet werden soll, dann darf dieses Signal nicht verspätet ankommen. Wir müssen das Netz so steuern, dass eine verlässliche und rechtzeitige Übertragung gewährleistet ist.“
Das lässt sich auf unterschiedliche Weise machen. Man könnte zum Beispiel einen bestimmten Anteil der Infrastruktur permanent für bestimmte Dienste reservieren, erklärt Svoboda: „Das ist so ähnlich als würde man auf der Autobahn permanent eine Fahrspur für die Rettung bereitstellen. Prinzipiell funktioniert das, aber damit hat man dann eben überall eine Fahrspur weniger zur Verfügung. Unser Ziel ist es, eine leistungsfähigere Methode zu entwickeln, die auf genauer Kenntnis der aktuellen Situation basiert“
Der digitale Zwilling
Um solche effizienteren Methoden zu finden, bildet man das Mobilfunksystem (oder einen Teil davon) in Form eines „digitalen Zwillings“ ab. Dabei handelt es sich um ein Computermodell, das der realen Welt möglichst exakt entspricht. Mit diesem digitalen Zwilling können wir Vorhersagen treffen und simulieren, wie sich das reale Netz unter bestimmten Bedingungen verhalten wird: So wird eine präzise und vorausschauende Steuerung des Netzwerkmanagements möglich.
Philipp Svoboda unterstreicht die Notwendigkeit, im digitalen Abbild des Netzes möglichst viele Facetten der Wirklichkeit einzufangen. "Um eine verlässliche Netzleistung zu gewährleisten, müssen wir verstehen, wie sich Umgebungsvariablen auf den Empfang auswirken und wie sich Nutzer typischerweise verhalten", erklärt Svoboda. Kommt es etwa zu störenden Reflexionen oder Abschirmungen? Wie verhalten sich die User typischerweise, und was kann man daraus lernen? Wenn man das weiß, erlaubt der digitale Zwilling, Strategien zu simulieren, die das Netzwerk optimal steuern.
Ein wichtiger Punkt dabei ist die Priorisierung von sicherheitsrelevanten Diensten: "Die Übertragung von Signalen an eine Eisenbahnweiche muss Vorrang haben, mit der Garantie einer punktgenauen Zustellung, um die Sicherheit zu jeder Zeit aufrechtzuerhalten", betont Svoboda. So wird sichergestellt, dass sicherheitskritische Kommunikation stets die erforderliche Priorität erhält und zuverlässig innerhalb der zeitkritischen Rahmen erfolgt.
Der digitale Zwilling dient nicht nur der Echtzeitoptimierung, sondern auch der strategischen Netzplanung. "Mit diesem Modell lässt sich beispielsweise bestimmen, welche Infrastrukturinvestitionen den größten Nutzen bringen und an welchen Standorten die Errichtung zusätzlicher Sendemasten erforderlich ist", sagt Philipp Svoboda.
Er ist fest davon überzeugt, dass künstliche Intelligenz in diesem Prozess eine Schlüsselrolle einnehmen wird. "Es gibt viele vielversprechende Ideen in diesem Bereich, die noch auf ihre Umsetzung warten. Das ist es, was wir nun vorantreiben möchten." Durch fortschrittliche Verfahren des maschinellen Lernens soll die KI befähigt werden, das Mobilfunksystem dynamisch anzupassen, kontinuierlich neue Daten zu integrieren und dabei stets ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafter_innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).
Rückfragehinweis
Dr. Philipp Svoboda
Institute of Telecommunications
Technische Universität Wien
+43 1 58801 38984
philipp.svoboda@tuwien.ac.at
Aussender:
Dr. Florian Aigner
PR und Marketing
Technische Universität Wien
Resselgasse 3, 1040 Wien
+43 1 58801 41027
florian.aigner@tuwien.ac.at