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Mikrochips der Zukunft: Noch fehlen passende Isolatoren

Als Isolator für miniaturisierte Transistoren der Zukunft wurde bisher hexagonales Bornitrid gehandelt. Neue Untersuchungen der TU Wien zeigen: Hier war man vermutlich auf einem falschen Weg.

Leckstrom (dargestellt durch graue Linien) fließt durch drei Atomlagen hBN (violett). Vordergrund: Theresia Knobloch und Tibor Grasser

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Leckstrom (dargestellt durch graue Linien) fließt durch drei Atomlagen hBN (violett). Vordergrund: Theresia Knobloch und Tibor Grasser

Leckstrom (dargestellt durch graue Linien) fließt durch drei Atomlagen hBN (violett).

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Leckstrom (dargestellt durch graue Linien) fließt durch drei Atomlagen hBN (violett).

Seit Jahrzehnten geht der Trend in der Mikroelektronik hin zu immer kleineren und kompakteren Transistoren. 2D-Materialien wie Graphen gelten hier als Hoffnungsträger: Es handelt sich um die dünnsten Materialschichten, die überhaupt möglich sind, sie bestehen nur aus einer oder wenigen Atomlagen. Trotzdem können sie elektrischen Strom leiten – herkömmliche Siliziumtechnologie hingegen funktioniert bei dieser geringen Schichtdicke nicht mehr.

Allerdings verwendet man solche Materialien nicht im luftleeren Raum, man muss sie mit passenden Isolatoren kombinieren, um sie einerseits von unerwünschten Umwelteinflüssen abzuschotten und um andererseits den Stromfluss über den sogenannten Feldeffekt zu steuern. Dafür wurde bisher in der Regel hexagonales Bornitrid (hBN) verwendet, da es eine hervorragende Umgebung für 2D-Materialien bildet. Untersuchungen der TU Wien, in Kooperation mit der ETH Zürich, dem russischen Ioffe Institut und Forschenden aus Saudi-Arabien und Japan zeigen nun allerdings, dass im Gegensatz zu bisherigen Annahmen dünne hBN Schichten als Isolatoren für künftige, miniaturisierte Feldeffekttransistoren nicht geeignet sind – es kommt zu exorbitanten Leckströmen. Wenn 2D-Materialien also tatsächlich die Halbleiterindustrie revolutionieren sollen, muss man sich auf die Suche nach anderen Isolator-Materialien machen. Die Studie wurde nun im Fachjournal „Nature Electronics“ veröffentlicht.

Das vermeintlich perfekte Isolatormaterial

„Auf den ersten Blick passt Hexagonales Bornitrid so gut zu Graphen und zweidimensionalen Materialien wie kein anderer Isolator“, sagt Theresia Knobloch, Erstautorin der Studie, die derzeit im Team von Tibor Grasser am Institut für Mikroelektronik der TU Wien an ihrer Dissertation arbeitet. „Genau wie die 2D-Halbleiter, die es einschließen soll, besteht auch hBN selbst bloß aus einzelnen atomaren Lagen, die nur schwach aneinander gebunden sind.“

Dadurch können aus hBN auf einfache Weise atomar glatte Oberflächen hergestellt werden, die den Transport von Elektronen durch 2D-Materialien nicht stören. „Man könnte deshalb meinen, dass hBN das perfekte Material ist – sowohl als Substrat, auf dem man die Dünnschicht-Halbleiter platziert, als auch als Gate-Isolator, den man zum Bau von Feldeffekttransistoren benötigt“, sagt Tibor Grasser.

Kleine Leckströme mit großen Auswirkungen

Ein Transistor kann mit einem Wasserhahn verglichen werden – mit dem Unterschied dass statt einem Wasserstrom elektrischer Strom ein- und ausgeschaltet wird. Wie bei einem Wasserhahn ist es auch bei einem Transistor sehr wichtig, dass aus dem Ventil selbst nichts austritt. 

Genau dafür ist beim Transistor der Gate-Isolator zuständig: Er isoliert die steuernde Elektrode, über die der Stromfluss ein- und ausgeschaltet wird, vom Stromkanal selbst, durch den dann der Strom fließt. Ein moderner Mikroprozessor enthält etwa 50 Milliarden Transistoren – daher kann auch ein geringer Stromverlust an den Gates eine enorme Rolle spielen, weil dadurch der Gesamtenergieverbrauch stark ansteigt.

Das Forschungsteam untersuchte nun die Leckströme, die durch dünne hBN-Schichten fließen, sowohl experimentell als auch mithilfe theoretischer Berechnungen. Dabei zeigte sich, dass einige jener Eigenschaften, die hBN zu einem so gut geeigneten Substrat machen, gleichzeitig die Leckströme durch hBN stark erhöhen. Bornitrid hat eine kleine Dielektrizitätskonstante – das heißt, dass das Material nur eine geringe Wechselwirkung mit elektrischen Feldern zeigt. Das führt dazu, dass die in miniaturisierten Transistoren zum Einsatz kommenden hBN Schichten nur ein paar Atomlagen dick sein dürfen, damit das elektrische Feld des Gates den Kanal in ausreichendem Maße steuern kann. Gleichzeitig werden so aber die Leckströme zu groß, da diese bei dünnen Schichten exponentiell ansteigen.

Die Suche nach Isolatoren

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich hBN nicht als Gate-Isolator für miniaturisierte Transistoren basierend auf 2D-Materialien eignet“, sagt Tibor Grasser. „Diese Erkenntnis ist eine wichtige Orientierungshilfe für zukünftige Studien, aber sie ist erst der Anfang der Suche nach geeigneten Isolatoren für kleinste Transistoren. Derzeit kann kein bekanntes Materialsystem alle Anforderungen erfüllen, aber es ist nur eine Frage der Zeit und der investierten wissenschaftlichen Ressourcen bis ein geeignetes Materialsystem gefunden wird.“ 

„Das Problem ist komplex, aber dadurch wird es umso wichtiger, dass viele Wissenschaftler sich seiner Lösung verschreiben, denn kleine, schnelle und vor allem energiesparende Computerchips wird unsere Gesellschaft in Zukunft brauchen“, ist Theresia Knobloch überzeugt.


Originalpublikation

T. Knobloch et al., The performance limits of hexagonal boron nitride as an insulator for scaled CMOS devices based on two-dimensional materials, Nature Electronics 4, 98–108 (2021)., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Dazu auch das Editorial von „Nature Electronics“, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster


Kontakt

Dipl.-Ing. Theresia Knobloch
Institut für Mikroelektronik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 36059
theresia.knobloch@tuwien.ac.at

Prof. Tibor Grasser
Institut für Mikroelektronik
Technische Universität Wien
+43 1 58801 36000
tibor.grasser@tuwien.ac.at