Tomsk Polytechnic University, Russia, Summer Semester 2021/22
Roberta Kleedorfer
(This blog is available in German language only)
März 2022
Covid, Krieg, Sanktionen - ein guter Start ins Auslandsemester
Nachdem Covid mich schon mehr als einmal dazu gezwungen hat mein Auslandsemester aufzuschieben, ging es für mich am 31. Januar endlich los Richtung Tomsk, eine Studierendenstadt im Süden Sibiriens. Doch zuerst musste noch ein kurzer 2-Tage Zwischenstopp in Moskau her, wo ich meine Tante besuchte und mir den Kremel, die Erlöserkathedrale und die Innenstadt anschaute. Zwei der wichtigsten Sachen für den Alltag in Russland konnte ich mir hier auch gleich zulegen: 1. eine russische Simkarte zum Telefonieren und vor allem für die mobilen Daten und 2. eine russische Bankomatkarte, da viele Zahlungen schon vor den Sanktionen gegen Russland nur von einem Rubelkonto aus funktionierten.
Nach vier weiteren Flugstunden dann endlich in Tomsk angekommen, mussten wir nicht nur einen PCR Test machen, sondern auch weitere medizinische Untersuchungen wie z.B. ein Lungenröntgen und einen Check auf Scabies über uns ergehen lassen. Bis wir das negative Ergebnis vom PCR Test erhielten, durften wir offiziell das Studierendenwohnheim nicht verlassen, aber obwohl es ein Drehkreuz mit Zutrittskartenscan und Temperaturmessgerät beim Eingang gibt, war das Raus- und Reinkommen nie ein Problem, wenn man die Securitydame beim Eingang lieb gefragt hat. Natürlich geht das Fragen nur auf Russisch, denn jemanden zu finden, der Englisch kann, ist hier mitten in Sibirien doch eher unüblich, da ist es meist sogar wahrscheinlicher, dass jemand Deutsch kann.
Am 07. Februar hat dann auch schon das Semester an der TPU, der Tomsk Polytechnic University begonnen. Allerdings waren leider alle Kurse im ersten Monat bis zum internationalen Frauentag wegen Covid noch online. So sah man sich zwar während der Kurse nicht persönlich, aber danach und an den freien Tagen haben wir immer etwas gemeinsam mit vielen anderen internationalen Studierenden gemacht. Neben dem Besuch russischer Bars, Restaurants und Clubs, haben wir auch das Beste aus dem kalten Wetter und dem vielen Schnee gemacht. Zum Glück hatte es so gut wie nie weniger als -20°, da konnte man schon schöne Winterspaziergänge entlang und auf dem zugefrorenen Fluss Tom machen, eislaufen auf zugefrorenen Teichen und am Stadtplatz gehen, mal Langlaufski ausborgen und auch Skifahren, auf zwei kleinen nahegelegenen Hügeln mit jeweils nur einem richtig alten Schlepp- bzw. Tellerlift. Auch das Feiern von Masleniza zum Einläuten des Frühlings hier in Russland mit dem Verbrennen der Puppe und dem Essen von ganz vielen Blinys, den russischen Palatschinken, war natürlich ein Muss. Aber auch abseits von Masleniza stehen Blinys bei mir regelmäßig am Speiseplan, nachdem es hier haufenweise Standorte des Fastfoodlokals Sibirskiye Bliny gibt, wo man günstig die verschiedenst gefüllten Palatschinken zu jeder Tageszeit bekommt. Ein Highlight Ende Februar war auch der Besuch bei einem Huskyzüchter, wo wir das Hundeschlittenfahren austesten konnten. Allerdings war das das letzte gemeinsame Erlebnis mit vielen der Austauschstudierenden hier. Nachdem der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ausgebrochen ist, mussten viele das Auslandsemester abbrechen, aus persönlichen Gründen, weil die Heimuniversitäten es verlangt haben oder sogar alle Abkommen mit russischen Partneruniversitäten terminiert haben oder das Außenministerium es stark empfohlen hat. Dadurch, dass wir hier mitten in Russland sind, sind wir doch weit weg von den Konfliktzonen, aber die Sanktionen und neuen Regelungen in Russland sind doch eindeutig spürbar. Unsicherheiten, ob es möglich ist das Auslandsemester bis zum Ende durchziehen zu können, wie es potenziell mit Heimreiserouten aussieht, aber auch finanziell, ob man trotz russischer Bankomatkarte weiterhin zahlen kann und wie es weitergeht, sind bei uns allen doch immer im Hinterkopf. Dass Instagram und Co. nicht mehr funktionieren in Russland ist da das geringste Problem, vor allem nachdem mit dem VPN-Zugang der TU-Wien weiterhin alle wichtigen Informationskanäle und sozialen Plattformen zugänglich sind. Zum Glück kann ich nach jetzigem Stand mein Auslandssemester hier noch fortsetzen und im nächsten Blogeintrag mehr über meinen Aufenthalt hier, unseren Trip zum zugefrorenen Baikalsee Ende März und der Stimmung der Russ_innen zum Krieg erzählen.
April 2022
Es ist jetzt Ende April, ich bin noch immer hier in Tomsk, und die bekannte Situation hat sich auch wieder etwas normalisiert. Sibirien ist halt doch weit weg von der ganzen Thematik. Nicht einmal alle Sanktionen greifen hier, denn dass McDonalds z.B. alle Filialen in Russland geschlossen hat, sieht man hier nicht. Weiters war interessant, dass die Russen begonnen haben Zucker zu hamstern und auch normales Papier knapper wurde. Es kam auch zu Verteuerungen in manchen Lokalen, was wir zuerst besonders an dem etwas teurer gewordenem Bier beobachten konnten. Natürlich gehören Gesprächsthemen rund um den K... (oops) ... die „militärische Spezialoperation“ immer noch zu vielen Konversationen unter uns Austauschstudierenden und sogar mit unseren russischen Studierendenfreunden. Bei einigen der russischen Studierenden kann man doch auch die Unzufriedenheit erkennen und von diesen wollen viele so bald als möglich bzw. haben sogar schon aufgrund der politischen Situation das Land verlassen. Die russische Propaganda ist auch allgegenwertig. So war eines Tages der Stadtplatz, wo bei meiner Ankunft noch wunderschöne Eisskulpturen gestanden sind, plötzlich voll mit russischen Propagandastellagen. Tomsk Z, Za Presidenta, Za Россию („für Russland, für den Präsidenten“) und sie zeigten einfach nur wie schön und gut alles auf der Krim seit 2014 doch ist. Richtige Kriegspropaganda mit dem klassischen Za Pobedu („für den Sieg“) und Soldaten abgebildet haben wir erstmals auf unserem Baikaltrip gesehen, als wir einen Stopp in Irkutsk eingelegt haben.
Wenn man schon mal im Winter mitten in Russland ist, dann kann man sich die Chance nicht einfach entgehen lassen, den zugefrorenen Baikalsee zu besuchen. Die Professor_innen an der Uni sind weniger streng zu uns Austauschstudierenden und hatten nichts dagegen, dass wir einfach mal zehn Tage im Semester weg waren. So bin ich Ende März mit sieben weiteren Austauschstudierenden zwei Nächte und einen Tag mit dem Zug nach Irkutsk und dann weiter mit dem Bus nach Olchon, einer Insel im Baikalsee, gereist. Als wir da aufgeregt vor unserer ersten Reise mit der Transsib auf dem Bahnsteig gewartet haben, ist auch ein vollbeladener Güterzug mit einigen Panzern und weiteren Armeefahrzeugen an uns vorbeigebraust. Wir haben uns danach nur angesehen und genickt, da wir wohl wussten, wo dieser Zug hinfährt. Unbeirrt davon und dass uns angetrunkene Typen im Zugbistro etwas ungut gekommen sind, nachdem sie herausgefunden haben, dass wir Ausländer_innen sind, haben wir unseren Trip fortgesetzt. Schon allein die fünfstündige Busfahrt nach Olchon war ein Highlight, wenn der Bus plötzlich von der Straße aufs 120cm dicke Eis abbiegt und darauf einfach bis zur Insel fährt, ohne dass wir eine Fähre benötigt hätten. Die Fahrt übers Eis ist auch richtig angenehm, vor allem wenn man sie mit dem Gerüttel über die unbefestigten Straßen auf Olchon vergleicht. Die nächsten zwei Tage haben wir dann Exkursionen mit einem örtlichen Guide gemacht, der uns mit einem Kleinbus am Eis zum Süd- und Nordende der Insel geführt und am Weg immer wieder Stopps für schöne Fotos eingelegt hat. Zu Mittag hat er in einem Kessel über einem Lagerfeuer gut gekocht, einmal Ucha, eine russische Fischsuppe, die wir Mitten am Eis genossen haben. Auch einen Stopp zum Eislaufen am Baikalsee mussten wir unbedingt einlegen. Am letzten Tag haben wir dann die Banya, eine russische Sauna getestet. Darin sitzt man mit Filzhüten, lässt sich garen und zur Abkühlung rennt man dann raus und klettert durch ein Loch im Eis in den Baikalsee. Auch Fahrräder haben wir uns auf der Insel ausgeliehen. Mein Fazit: durch Schnee fahren ist sehr anstrengend, auf Eis fahren ist dafür sehr smooth aber beim Bremsen sollte man aufpassen und am besten keinen Schlenker machen, sonst rutscht einem schnell einmal das Fahrrad unter dem Hintern weg. Vor den 36 Stunden Zugfahrt zurück, haben wir noch einen Tag Zwischenstopp in Irkutsk eingelegt, um uns die Stadt anzusehen. Wieder zurück in Tomsk mussten wir erneut einen kurzen Medizincheck, auf Fieber, Läuse und Scabies, über uns ergehen lassen, um wieder ins Wohnheim einziehen zu können.
Weitere zwei Tage Abwesenheit von der Uni haben wir uns gegönnt, um einen Wochenendtrip nach Sheregesh zum Skifahren zu unternehmen. Leider gab es so spät in der Saison (Mitte April) keinen direkten Bus mehr dorthin und so mussten wir die zehnstündige Fahrt aufteilen und einen Zwischenstopp in Kemerowo einlegen. Eine von Industrie lebende Stadt, in der man die Luftverschmutzung nicht nur atmet, sondern teilweise auch sieht. In Sheregesh angekommen, hat man so richtig gesehen, dass es dieses Jahr ein warmer Winter mit wenig Schnee war. Bei teilweise 15 Grad haben wir ordentlich geschwitzt und mussten die Jacken beim Skifahren ablegen. Auch die Pisten waren nicht mehr in bestem Zustand. Konnten anfangs die offenen Erd-, Stein- und Grasstellen, die mit Stöcken gekennzeichnet waren, noch umfahren werden, war das am letzten Tag nur mehr teilweise möglich, sodass es unvermeidbar war über kleine Steinchen (und auch größere Steine) zu rattern. Aber trotzdem würde ich das Skigebiet empfehlen, schon allein um den Unterschied zu unseren in Österreich festzustellen. Die Pisten sind abwechslungsreich und die Kosten belaufen sich auf weniger als die Hälfte. Und auch wenn die Sicherheit mancher Sessellifte zu hinterfragen wäre, gab es doch auch einen brandneuen Doppelmayrlift aus 2021.
In Tomsk ist nun endlich der Frühling angekommen, und da wo man zuvor noch Gatschlacken und Matsch ausweichen musste und hoffte, nicht noch auf den letzten eisigen Gehsteigen auszurutschen, ist jetzt freie Bahn. Eines Tages zwischendurch - wohl um dem April alle Ehre zu erweisen - gab es ein paar Millimeter Neuschnee, die aber am nächsten Tag genauso plötzlich wieder verschwunden waren.
Im nächsten Blogeintrag geht es weiter mit meiner Erkundung von Russland bzw. Sibiren. Ein Trip nach Wladiwostok über die Maifeiertage steht an.
Mai 2022
Wie bereits angekündigt, ging es für mich Anfang Mai mit zwei weiteren Austauschstudierenden in den äußersten Südosten Russlands nach Wladiwostok. Obwohl wir dabei gut eineinhalb Woche unterwegs waren, verpassten wir nur drei Tage Uni. Mit weniger Zeitaufwand wäre sich diese Reise auch kaum ausgegangen, denn schon die reine Fahrzeit betrug über vier Tage mit dem Zug hin, beziehungsweise sechs Stunden mit dem Flugzeug zurück. Nachdem wir natürlich nicht vier Tage am Stück im Zug sitzen wollten, legten wir zwei Zwischenstopps ein, um uns die Städte Ulan-Ude und Chabarowsk anzuschauen. Ulan-Ude liegt noch ein Stück östlicher als Irkutsk und ist die Hauptstadt der Teilrepublik Burjatien (Бурятия) in Russland. Die letzten paar Stunden Fahrt dorthin gingen direkt am Baikalsee vorbei, der selbst zu dieser Jahreszeit noch größtenteils zugefroren ist. Ulan-Ude ist das buddhistische Zentrum Russlands mit dem Tempel Iwolginski Dazan (Иволгинский Дацан), der etwas außerhalb der Stadt liegt. Bei der wie üblich in Russland supergünstigen Taxifahrt dorthin, haben wir gleich ganz andere Eindrücke bekommen: durch eine flache Steppenlandschaft ging es einfach dahin, bis uns plötzlich eine der etwas mageren Kühe mitten auf der Straße entgegenkam. Die Stadt selbst besitzt auch schon einen „asiatischeren Flair“, sowohl was die Leute als auch die Gebäude betrifft, bei denen das eine oder andere ein geschwungenes Dach aufweist. Auch das ethnografische Freilichtmuseum war sehr interessant, obwohl ich mir in Zukunft zweimal überlegen würde, ob ich mir das ansehe, da der Zoo, der dabei ist, die Tiere in nicht mal ansatzweise artgerechten Käfigen hält.
Mit einer über zweitägigen Zugfahrt ging es weiter nach Chabarowsk, wie gewohnt im offenen Schlafbereich mit einem Platzkartenticket (плацкарт), aber auch mit einer Dusche pro Wagon. In Chabarowsk sieht man schnell, dass es sich um eine etwas wohlhabendere Stadt handelt. Es gibt kaum welche der typischen alten Holzhäuser und viele Grünflächen zwischen den beiden Hügeln, auf denen die Stadt erbaut ist. Auch die Uferpromenade entlang des Amur ist schön ausgebaut. Wir unternahmen eine Exkursion mit einem Guide raus aus der Stadt in die Natur, wo es angeblich sogar wildlebende Tiger gibt, und obwohl ich nicht alles was er uns auf Russisch erzählt hat, verstanden habe, war es sehr interessant und wir konnten trotz des nicht allzu guten Wetters bis ins nahe China sehen. Aber selbst hier mitten in den Wäldern konnte man bemerken, dass in Russland Umweltbewusstsein nicht existiert und diverser Müll die Wege ziert.
Weiter ging es nach Wladiwostok, unserer Enddestination, das nur noch eine Nacht Zugfahrt von Chabarowsk entfernt war. Dort angekommen, merkten wir sofort, dass der 9. Mai, der Tag des Sieges, vor der Tür steht. Überall wurden Vorbereitungen für die Militärparade getroffen und man sah immer mehr Leute, die sich das orange-schwarze Sankt-Georgs Band (Георгиевская ленточка) angesteckt hatten. Nur selten war das „Z“ zu sehen. Auch Matrosen sah man die ganze Zeit auf den Straßen herumpatrouillieren. Unsere Unterkunft lag auf einem Hügel, von dem aus man eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt und die Solotoi-Brücke (золотой мост) hat. Auch am Abend des 9. Mais konnten wir von dort aus das zehnminütige Feuerwerk bewundern, sowie ein Gebäude entdecken, dessen Fenster in „Z“-Form leuchteten. Am nächsten Tag konnten wir leider nur einen kurzen Blick auf ein paar Schiffe der russischen Pazifikflotte erhaschen, aber ließen uns ein paar wenige Schwimmzüge im eiskalten Meer des Pazifiks nicht entgehen, bevor wir auf der Insel Russki am Sandstrand entlangspazierten, die wir über die imposante Schrägseilhängebrücke Russki-Brücke (Русский мост) erreichten. Das war auch schon das Ende des Trips, denn am nächsten Tag ging es wieder mit dem Flugzeug zurück. Beim Fliegen bemerkten wir die drei Stunden Zeitverschiebung eindeutig stärker als im Zug, und wie nach jeder Reise mussten wir danach auch wieder den kurzen Medizincheck über uns ergehen lassen, um wieder ins Wohnheim zu dürfen. Mittlerweile sind auch in Tomsk Temperaturen über 20 Grad häufiger anzutreffen, sogar über 30 Grad hatte es schon an einigen Tagen.
Wie auch bei uns in Österreich, gibt es auch hier in Russland eine Lange Nacht der Museen, die wir nutzten, um uns ein paar Museen und Programmpunkte anzusehen. Bei dieser Gelegenheit haben wir uns auch im schönen alten Universitätshauptgebäude der TPU eine Ausstellung angeschaut.
Jetzt, Ende Mai, ist das Semesterende schon ganz nah. Zwei Lehrveranstaltungen sind sogar schon vorbei. Zum Glück habe ich nur in einem einzigen Kurs eine Prüfung, die restlichen werden anhand einer Abschlusspräsentation, einem Projekt oder den Hausaufgaben und Reports bewertet. Nachdem meine Zeit in Russland merkbar dem Ende zugeht, muss ich auch langsam ans Buchen der Heimreise denken, was durch die jetzige Situation - es gibt noch immer keine Direktflüge nach Österreich - doch etwas umständlicher ist. Mehr dazu, wie ich meinen „langen“ Heimweg zurück nach Österreich antrete, folgt dann in meinem nächsten und letzten Blogeintrag.
Juni 2022
Es ist so weit! Ich bin bei meinem letzten Blogeintrag angekommen, den ich mittlerweile schon wieder von zuhause in Wien schreibe. Obwohl die Heimreise insgesamt mehrere Tage gedauert hat, habe ich dabei doch noch viel gesehen und glücklicherweise keine Schwierigkeiten erlebt, obwohl ich dabei die meiste Zeit allein unterwegs war.
Nachdem ich also die letzten Abgaben und Präsentationen Anfang Juni hinter mich gebracht hatte und wir uns auch von unseren Russischlehrerinnen bei Tee, Schokolade und Kuchen verabschiedet hatten, nutzte ich die letzten paar Tage für richtiges Sightseeing in Tomsk, um mir noch einmal alles anzusehen und Souvenirs zu kaufen. Dabei hat es sich sehr gut ergeben, dass am 7. Juni der 418. Geburtstag von Tomsk gefeiert wurde, wo rund um den Novosobornaya Platz viele Stände und Programmpunkte zur russischen Kultur und ganz besonders zur Geschichte von Tomsk zu sehen waren. Am 13. Juni trat ich dann meinen Heimweg an, natürlich nicht ohne großes Verabschieden von allen und die traurige Realisation, dass das Semester jetzt wirklich zu Ende war. Nachdem ich meine in Russland gekauften Sachen wie Eislaufschuhe und Kochutensilien weiter verschenkt und den Rest in meinen großen Koffer, Rucksack und Handgepäckstrolley verfrachtet hatte, ging es zeitig in der Früh mit dem Bus nach Nowosibirsk los, wo ich noch einen Tag Zwischenstopp einlegte, um die Stadt zu besichtigen. Am 14. Juni folgte eine gut zweitägige Zugfahrt nach Moskau, wo noch mal Sightseeing mit meiner Tante am Programm stand. Leninmausoleum, ein Bunker aus Stalinzeiten und auch die berühmten U-Bahn-Stationen waren dabei. Auch bei einem Schulfest der deutschen Schule, die meine Cousine besucht, war ich dabei, wo sich kaum jemand etwas anmerken ließ, dass viele der Schüler_innen und auch Lehrer_innen nächstes Jahr nicht mehr in Russland sein werden, beziehungsweise schon das Land verlassen mussten. Nachdem ich zum Glück einiges von meinem zu schweren Gepäck meinem Onkel auf einer Geschäftsreise nach Wien mitgeben konnte, ging es etwas bequemer mit dem Schnellzug „Sapsan“ nach Sankt Petersburg, welches zurecht den Spitznamen „Venedig des Nordens“ trägt. Ich kam zur Zeit der „weißen Nächte“ dort an, was bedeutete, dass ich bis Mitternacht die Stadt besichtigen konnte, weil da noch immer Dämmerung herrscht und es nur sehr kurz völlig dunkel wird in der Nacht. Natürlich musste ich mir in Sankt Petersburg auch die Eremitage und die Peter und Paul Festung anschauen, aber auch das nachgebaute Bernsteinzimmer im Katharinenpalast und eine nächtliche Bootsfahrt, um das Öffnen der Zugbrücken zu beobachten waren Highlights. Ich versuchte meine restlichen Rubel loszuwerden und schloss meinen Bankaccount, bevor es am Nachmittag des 21. Junis mit einer gut achtstündigen Busfahrt nach Tallin, Estland, weiterging. Ich war froh, dass ich mich gegen eine Fahrt über Nacht entschieden hatte, da die Grenzkontrollen insgesamt drei Stunden dauerten – besonders die ukrainischen Fahrgäste wurden dabei sehr genau überprüft, wobei ich nicht hätte schlafen können. Danach war ich doch etwas erleichtert, dass in Russland alles gut funktioniert hat und ich wieder zurück in der EU war. Den folgenden Tag verwendete ich zur Besichtigung der wunderschönen Altstadt Tallinns und des Maritime Museums und am 23. Juni startete mein Flug nach Wien. Allerdings mit einem achtstündigen Zwischenstopp in Helsinki, wo ich mir ebenfalls noch ein wenig die Stadt und die Festung Suomenlinna anschaute.
Mein Fazit zu diesem Auslandssemester: Jederzeit wieder! Es war eine unglaublich tolle Zeit, wo ich sehr viel gesehen, gelernt und erlebt habe. Der Zeitpunkt war klarerweise nicht der beste, doch die politische Entwicklung konnte niemand vorhersehen, und rückblickend hatte ich dadurch ganz andere Einblicke in das Land und die Leute.