Die Konferenz Smart Rail Via Vindobona ist eine internationale Fachkonferenz mit dem Fokus auf die Bahnachse Wien-Prag-Dresden-Berlin. Sie wird in Kooperation der TU Wien, TU Prag und TU Dresden ausgetragen und hat zum Ziel, neben hochinteressanten Fachvorträgen mit Bezug zum und laufenden Einblicken sowie aktuellen Informationen rund um den bedeutenden Korridor und mit dem notwendigen ergänzenden Blick über den Tellerrand auch eine aktive Vernetzung der Akteurinnen und Akteure aus den drei Ländern entlang der Achse, aus angrenzenden Ländern und allen interessierten Personen untereinander herzustellen.

Rückblick

Begrüßung und Einleitung

Am 28. und 29. Jänner 2025 fand zum ersten Mal die Konferenz Smart Rail Via Vindobona statt. Prof. Bernhard Rüger durfte als Gastgeber 75 internationale Gäste und Vortragende aus den Anrainerstaaten der Via Vindobona – Deutschland, Tschechien und Österreich – sowie aus Dänemark, der Schweiz, der Slowakei und Ungarn im Festsaal der TU Wien begrüßen.

Nach der Begrüßung leitete Herr Dr. Rudolf Heidu (TU Prag) die Konferenz mit einem Überblick über die Geschichte des Via Vindobona-Korridors und seiner heutigen Relevanz ein. Im Gepäck mit dabei hatte er unter anderem Bilder von historischen Reisezügen, die auf der Via Vindobona im Einsatz waren und als Sinnbild für die Reisekultur zwischen Dresden, Prag und Wien standen. Durch das Zusammenwachsen der mitteleuropäischen Wirtschaftsräume wird eine attraktive und smarte Eisenbahnverbindung zwischen diesen Städten in Zukunft eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

Korridor Via Vindobona

Im ersten Themenblock ging es um die Einordnung der Via Vindobona in die Europäischen Korridore und korrespondierende nationale Pläne. Herr Petr Provazník (Správa železnic) begann mit dem Aufzeigen der europäischen Perspektive. Zwei Korridore des TEN-V-Kernnetzes verlaufen abschnittsweise auf der Via Vindobona, der Ostsee-Adria-Korridor und der Rhein-Donau-Korridor. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, die entsprechenden Strecken auszubauen und für den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr zu ertüchtigen. Darauffolgend wurden mehrere laufende europäische Streckenausbauten an der Via Vindobona in Tschechien aufgezeigt.

Der europäischen Perspektive folgten Vertreter der Infrastrukturbetreiber Österreichs, Tschechiens und Deutschlands und berichteten über die Ausbaupläne des Schienennetzes in den jeweiligen Ländern. Herr Viktor Plank (ÖBB-Infrastruktur AG) erläuterte den Planungsprozess, der hinter dem Entwurf des Zielnetzes 2040 steht und betonte dabei auch das Ziel, den Mobilitätsbereich der ÖBB bis 2035 CO2-neutral zu gestalten. Außerdem wurden die Projekte im erweiterten Zulauf der Via Vindobona beleuchtet, welche bereits Teil des aktuell gültigen Rahmenplans bis 2029 oder des Zielnetzes 2040 sind.

Herr Dr. Roman Štěrba (Správa železnic) stellte die strategischen Ziele und Ausbauvorhaben der Správa železnic in Tschechien vor. Dazu gehörten unter anderem der Neubau von Hochgeschwindigkeitsstrecken, die Vereinheitlichung der Elektrifizierung und die Schaffung günstiger Voraussetzungen für den multimodalen Güterverkehr. Beispielsweise sollen bis zum Jahr 2030 etwa 50 % des Streckennetzes und 90 % der Fahrzeuge in Tschechien mit ETCS ausgerüstet werden. Die geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken sollen bis zum Jahr 2040 die Reisezeit von Prag nach Ústí nad Labem und Brünn auf etwa 40 bzw. 60 Minuten senken.

Herr Kay Müller (DB InfraGO) stellte die Ausbauvorhaben auf deutscher Seite vor, welche im Kontext der Neubaustrecke Dresden – Prag stehen. Der Staatsvertrag, welcher die Zusammenarbeit der Behörden, die Instandhaltung und die Betriebsführung des geplanten Erzgebirgstunnels grenzüberschreitend zwischen Deutschland und Tschechien regeln soll, befindet sich derzeit in Verhandlung. Der im Norden anschließende Abschnitt Berlin – Dresden wird ebenfalls ausgebaut und soll bis Ende 2029 mit ETCS ausgerüstet und für Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h ertüchtigt werden.

Maßnahmen für hochfrequente Korridore

Nach der Mittagspause begann der zweite Themenblock „Maßnahmen für hochfrequente Korridore“ mit der strategischen Kapazitätsplanung im Mischbetrieb. Herr Dr. Michal Drábek (TU Prag) stellte Möglichkeiten für eine integrierte strategische Kapazitätsplanung vor. Eisenbahninfrastrukturunternehmen stehen vor der Herausforderung, sowohl die langfristig stabile Nachfrage im vertakteten Personenverkehr, als auch die kurzfristige Nachfrage im Güterverkehr bei der Kapazitätsplanung zu berücksichtigen. Sein Fazit ist, dass neben der internationalen Koordinierung zwischen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Einhaltung der Null-Symmetrie in den Knoten von entscheidender Bedeutung für die Planung ist, während lokal von der Null-Symmetrie abgewichen werden kann, um Trassenkonflikte zu lösen.

Unter dem Motto „Grips statt Beton“ wurden Schweizer Ansätze zur Kapazitätssteigerung von Herrn Dominic Stucki (SBB) vorgestellt. Die Ansätze fußen auf der Erkenntnis, dass der Anteil der Bahnreise bei der Tür-zu-Tür-Reisezeit durchschnittlich unterhalb von 50 % liegt. Um den Kundinnen und Kunden auch ohne kostspieligen Infrastrukturausbau ein gutes Angebot machen zu können, muss daher über die Systemgrenzen der Eisenbahn hinaus gedacht und die Mobilität auf lokaler Ebene miteinbezogen werden. Ebenso stellte er innovative Ansätze in der Betriebsplanung zur Steigerung der Kapazität auf der Eisenbahn vor.

Herr Dr. Thomas Maly (TU Wien) präsentierte das EU-weit einheitliche Prognosemodell für Schallimmissionen, welches von allen Mitgliedsländern für die strategische Lärmkartierung zu verwenden ist. Anhand expemlarischer Berechnungen zeigte er auf, welche Auswirkungen eine erhöhte Verkehrsleistung und verschiedene Eingangsparameter auf die Lärmprognose einer Eisenbahnstrecke haben.

Herr Dr. Ulrich Maschek (TU Dresden) schloss den zweiten Block mit dem Thema ETCS-Transitionen an Landesgrenzen ab. Er ging auf Probleme ein, die durch Änderung der National Values entstehen können, während eine Staatsgrenze in Europa mit ETCS überquert und auf Halt zugefahren wird. Außerdem zeigte er Lösungsmöglichkeiten für den Fall auf, dass unterschiedliche ETCS-Baselines auf beiden Seiten einer Staatsgrenze verwendet werden und aufgrund dessen die RBC-Kopplung nicht funktioniert.

Infrastrukturmaßnahmen und Teststrecken

Am späten Nachmittag wurden Infrastrukturmaßnahmen und Testumgebungen behandelt. Herr Dr. Andreas Oberhauser (Global Rail) und Herr Peter Juel Jensen (Plasser & Theurer) betonten im Vortrag „Predictive maintenance - also in heavily used corridors“ die Wichtigkeit von datengetriebener vorausschauender Instandhaltung, insbesondere für Hochleistungsstrecken. Die Zustandsdaten der Infrastruktur ermöglichen eine zielgerichtete Planung der notwendigen Maßnahmen, den rechtzeitigen Beginn von Ausschreibungsverfahren und minimierte Sperrzeiten. Herr Jensen erläuterte am Beispiel der Fehlerprognose aus Dänemark, wie Zustandsdaten dazu verwendet werden können, Instandhaltungsintervalle in Abstimmung mit der nationalen Sicherheitsbehörde auszudehnen.

Herr Dr. Matthias Hofmann (BBT SE) berichtete über die Herausforderungen im Tunnelbau für lange, mit höheren Geschwindigkeiten befahrbare Tunnel, speziell im grenzüberschreitenden Fall. Neben den bahntechnischen Herausforderungen, die eine Staatsgrenze mit sich bringt, ging er exemplarisch auch auf planerische Herausforderungen des Brennerbasistunnels ein.

Herr Dr. Kristian Weiland (DB InfraGO) zeigte auf, welche Auswirkungen die stärkere Vernetzung der „Digitalen Leit- und Sicherungstechnik“ auf die Sicherheitsnachweis- und Genehmigungsstruktur eines Produktes hat. Abhilfe soll eine Referenzumgebung schaffen, mit welcher Produktqualifikationen getestet und zugelassen werden können. Die Referenzumgebung kann für maßgeschneiderte Tests mit unterschiedlichen Partnern, Herstellern und Prüflaboren vernetzt werden und ermöglicht die Skalierung in der Umsetzung.

Herr Dr. Falk Angermann gab eine Einführung in das offene digitale Testfeld des Deutsches Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF) welches der Innovation im Schienenverkehrssektor dienen soll und die geplante Erprobungen im Realbetrieb jeglicher Art, einschließlich Schall- und Erschütterungsschutz, ermöglicht. Das zusammenhängende Gebiet im Osten Deutschlands verfügt über ein vielfältiges Streckennetz mit verschiedenen Zugsicherungssystemen und intermodalen Vernetzungsmöglichkeiten. Aktuell baut das DZSF einen Wagen zum Erprobungsträger um, welcher für Versuchsfahrten mit Messtechnik ausgerüstet und flexibel innerhalb des Testfeldes eingesetzt werden kann.

Ausklang

Nach einem spannenden Tag mit vielen aufschlussreichen Vorträgen bedankte sich Prof. Bernhard Rüger bei allen Vortragenden sowie Zuhörerinnen und Zuhörern für das große Interesse und mit dem Hinweis auf die weiteren Konferenzen 2026 in Prag und 2027 in Dresden sowie auf den zweiten Konferenztag mit zwei speziellen, unten dargestellten, Exkursionen. Der erste Konferenztag fand im Sinne des Vernetzens bei einem Abendbuffet seinen gemütlichen Ausklang.

Exkursionen

Am Vormittag des zweiten Konferenztags wurde nach Bahnanreise über das Weltkulturerbe „Semmeringbahn“ eine Exkursion zur Baustelle des Semmeringbasistunnels auf der steirischen Seite in Mürzzuschlag durchgeführt. Nach einem sehr informativen Vortrag zur Historie, zur Planung und schlussendlich zum Bau des Basistunnels durch Herrn Michael Trittin von der Projektleitung Semmering der ÖBB-Infrastruktur AG bestand im Anschluss daran die Möglichkeit, etwas über 500 m in die westliche Tunnelröhre zu gehen um das Bauwerk in seiner ganzen Dimension zu erfassen.

Nach gemeinsamer Rückfahrt wieder über die Semmeringbahn fand am Nachmittag noch eine Führung durch Herrn Andreas Mühlsteiger von ÖBB Technische Services im Werk Simmering statt. Hier gab es neben der Möglichkeit, einen neuen nightjet-Zug der ÖBB von innen zu besichtigen auch viele Einblicke in die Instandhaltung von Reisezugwagen.

Ausblick

Die erste Veranstaltung der Smart Rail Via Vindobona darf als voller Erfolg gewertet werden, was durch zahlreiche positive Rückmeldungen bekundet wurde. Diese Konferenz wird rotierend an einem der Kooperationsstandorte TU Wien, TU Prag und TU Dresden stattfinden. Am 27. und 28.1.2026 findet die Konferenz in Prag, Anfang 2027 in Dresden statt.

Ankündigung Smart Rail Via Vindobona 2026 und 2027

Eckdaten zur Konferenz

  • 28./29. 1. 2025
  • Konferenzsprache Deutsch/Englisch
  • Ort: TU Wien, Karlsplatz 13, 1.Stock, Festsaal

Programm

Di., 28.1.2025  Fachvorträge mit anschließendem Abendessen

ab 9:30 – Eintreffen, Networking/Frühstück

10:00 – Einleitung

  • 10:00  Begrüßung (Bernhard Rüger – TU Wien)
  • 10:10  Historische und aktuelle Bedeutung des Korridors „Via Vindobona“ (Rudolf Heidu – TU Prag, Paul Liebhart – Amt der NÖ Landesregierung)

10:40 – Block 1: Einordnung in Europäische Korridore und korrespondierende nationale Pläne

  • 10:40  Europäische Perspektive (Petr Provazník – Správa železnic [International])
  • 11:05  Ausbaupläne in Österreich (Viktor Plank – ÖBB Infrastruktur AG)
  • 11:30  Ausbaupläne in Tschechien (Roman Štěrba – Správa železnic [Strategie])
  • 11:55  Ausbaupläne in Deutschland (Kay Müller – DB InfraGO)

12:20 – Networking/Mittagsessen

13:30 – Block 2: Maßnahmen für hochfrequente Korridore

  • 13:30  Strategische Kapazitätsplanung im Mischbetrieb (Michal Drábek – TU Prag)
  • 13:55  Grips statt Beton - Schweizer Ansätze zur Kapazitätssteigerung gestern, heute, morgen (Dominic Stucki – SBB)
  • 14:20  Lärmprognose bei steigender Verkehrsleistung nach Europäischem Modell (Thomas Maly – TU Wien)
  • 14:45  ETCS-Transitionen an Landesgrenzen (Ulrich Maschek – TU Dresden)

15:10 – Networking/Kaffeepause

15:30 – Block 3: Infrastrukturmaßnahmen und Teststrecken

  • 15:30  Instandhaltung und Predictive Maintenance für stark frequentierte Korridore (Andreas Oberhauser – Global Rail, Peter Juel Jensen – Plasser & Theurer)
  • 15:55  Spezielle Herausforderungen im Tunnelbau für lange mit höheren Geschwindigkeiten befahrene Tunnel (Matthias Hofmann - BBT-SE)
  • 16:20  Vereinfachte Nachweisführung DLST (Digitale Leit- und Sicherungstechnik) mit einer Referenzumgebung (Kristian Weiland – DB InfraGO)
  • 16:45  DZSF-Testfeld (Falk Angermann – DZSF)
  • 17:05  SRCC Annaberg-Buchholz (Sören Claus  - SRCC GmbH)

17:25 – Konferenzabschluss

ab 17:30 –  Networking/Abendessen

 

Mi., 29.1.2025 Exkursionen

Besichtigung Semmering Basistunnel

Treffpunkt am Bahnhof Mürzzuschlag: 10:30 Uhr (Anreisemöglichkeit ab Wien Hbf 8:58 Uhr)

Projektpräsentation und Tunnelbegehung (begrenzte Teilnehmerzahl: max. 40 Personen)

Dauer: ca. 3 h

Rückreisemöglichkeit nach Wien: Mürzzuschlag ab 13:33 Uhr / Wien Hbf an 15:02 Uhr

ÖBB Technische Services Wien Simmering 15:30 – 17:00 Uhr

 

Bernhard Rüger am Rednerpult

© Thomas Maly

Begrüßung durch Prof. Bernhard Rüger (TU Wien)

Viktor Plank am Rednerpult

© Thomas Maly

Vortrag von Viktor Plank (ÖBB Infrastruktur) zu Ausbauvorhaben in Österreich

Roman Štěrba am Rednerpult

© Thomas Maly

Vortrag von Roman Štěrba (Správa železnic ) zu Ausbauvorhaben in Tschechien

Dominic Stucki am Rednerpult

© Thomas Maly

Vortrag von Dominic Stucki (SBB) zu Möglichkeiten der Kapazitätssteigerung abseits ausschließlicher Infrastrukturmaßnahmen

Konferenzteilnehmer während Vortrag

© Thomas Maly

Interessiertes Auditorium

Exkursionsteilnehmer im Portal des Semmeringbasistunnels

© Bernhard Rüger

Besichtigung des Portals des Semmeringbasistunnels in Mürzzuschlag

Exkursionsteilnehmer im Tunnelröhre noch ohne Gleis

© Bernhard Rüger

Besichtigung westlichen Röhre des Semmeringbasistunnels

Exkursionsteilnehmer im TS Werk neben Nightjet

© Bernhard Rüger

Besichtigung der Arbeitsanlagen des ÖBB TS Werkes in Wien Simmering

Exkursionsteilnehmer in TS Werkshalle vor vielen Zügen

© Bernhard Rüger

Besichtigung der Reisezugwartung im ÖBB TS Werk Wien Simmering