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Erfolgreich gründen: Simona Hübl über Start-ups, Teamdynamik und den Einfluss von KI
Gründerin und Entrepreneurin Simona Hübl kennt beide Seiten des Entrepreneurships sehr gut: was es braucht, um einerseits erfolgreich zu gründen und die andere Seite um als Investorin im Venture Capital Bereich erfolgreich zu sein.

In ihrem Expert Talk am 10. April 2025 auf Einladung der TU Wien Akademie für Weiterbildung erörtert Frau Hübl, warum Unternehmertum das Risiko wert ist, was die größten Herausforderungen heute sind und wie Künstliche Intelligenz die Start-up Szene verändert. Wir haben sie bereits vorab zu einem Interview gebeten.
Simona Hübl, Sie haben einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, haben schon immer im Tech-Umfeld gearbeitet und Ihre Karriere im Bereich Venture Capital begonnen. Welche Eigenschaften oder Merkmale sind Ihnen aus eigener Erfahrung bei erfolgreichen Technologie-Startup-Gründer_Innen immer wieder aufgefallen?
Startups sind gerade in der Anfangsphase wirklich auf Menschen angewiesen. Produkte ändern sich. Die Märkte entwickeln sich weiter. Es ist das Gründer_innen -Team, das über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheidet.
Die besten Gründer_innen bringen diese spannende Mischung aus Bescheidenheit und Selbstvertrauen mit. Sie hören auf Feedback und scheuen sich nicht, Ideen, die nicht funktionieren, schnell zu verwerfen. Gleichzeitig halten sie an ihrer Vision fest, auch wenn alle anderen denken, sie seien verrückt.
Nachdem ich selbst den Sprung vom VC zum Gründen geschafft habe, verstehe ich erst jetzt wirklich, wie schwierig dieses Gleichgewicht sein kann. Selbstvertrauen und Arroganz können sich manchmal ähnlich anfühlen. Ich versuche ständig, diesen schmalen Grat zu finden - genug Vertrauen in meine Vision zu haben, um sie mit ganzem Herzen zu verfolgen, und gleichzeitig die Arroganz zu vermeiden, die mich dazu bringen könnte, wertvolles Feedback abzulehnen oder den Bezug zur Realität zu verlieren. Das ist ein empfindliches Gleichgewicht, an dem ich jeden Tag arbeite.
Wie Sie gerade erwähnt haben, haben Sie kürzlich den Sprung ins Unternehmertum gewagt und zusammen mit zwei Kollegen die Jobplattform Nejo, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster gegründet. Laut einer Studie des Harvard Business School-Professors Noam Wasserman scheitern 65 % der Unternehmen aufgrund von Konflikten zwischen den Co-Foundern. Was war der Grund dafür, dass Sie sich entschieden haben, gemeinsam mit zwei anderen ein Start-up zu gründen? Haben Sie einen persönlichen Rat, wie man Gründer_inne-Konflikte vermeiden kann?
Ich habe diese Statistiken in der Praxis erlebt, als ich im Bereich Risikokapital tätig war. Co-Founder Konflikte kommen sehr häufig vor und werden nicht nur hässlich, sondern machen ein Unternehmen oft wirklich kaputt. Investor_innen werden nicht in ein Unternehmen investieren, bei dem ein_e nicht-operative_r und oft nicht-kooperative_r Mitgründer_in am Kapitaltisch sitzt und einen ebenso großen Anteil hält wie alle anderen Co-Founder hält.
Aber: Die Daten zeigen auch deutlich eine andere Seite. Die durchschnittliche Anzahl der Co-Founder in Einhorn-Unternehmen liegt bei 2-3.
Für mich hängt die Entscheidung von den sich ergänzenden Fähigkeiten ab. Meine Mitgründer und ich bringen jeweils unterschiedliche Stärken mit ein. Die Rechnung ist einfach - jeder von uns bekommt nur ein Drittel des Kuchens, aber wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam einen viel größeren Kuchen backen können.
Um Co-Founder Konflikte zu vermeiden muss man in die Vorbereitung investieren. Führen Sie die schwierigen Gespräche vor dem Start. Wir haben über unsere Motivation, unsere persönlichen Ziele, unsere finanzielle Situation und darüber gesprochen, wie lange jeder von uns arbeiten könnte, ohne ein Gehalt zu verdienen. Wir sprachen über unsere Vorstellungen von der Unternehmenskultur, über die Vorteile von Fern- und Präsenzarbeit und über unseren Ansatz bei der Einstellung von Mitarbeiter_innen.
Dass sind keine einfachen Gespräche, aber sie decken potenzielle Probleme auf, bevor sie zu echten Problemen werden. Es geht darum, die Erwartungen vom ersten Tag an in Einklang zu bringen. Mitgründer_innen zu finden ist ein bisschen wie eine_n Lebenspartner_in zu finden - die Beziehung erfordert ständige Arbeit, klare Kommunikation und gegenseitigen Respekt.
Ganz gleich, wie gut Sie sich vorbereiten, Sie sollten immer eine angemessene Vereinbarung über die Übertragung von Anteilen treffen. Wenn jemand ausscheidet, werden seine Anteile neu verteilt. Standardmäßig werden die Anteile der Gründerin oder des Grüners über einen Zeitraum von 4 Jahren monatlich übertragen, mit einer Sperrfrist von 1 Jahr.
Ihr jüngst gegründetes Unternehmen Nejo ist eine Jobplattform, die KI-gestützte Recherchen anbietet, indem sie offene Stellen direkt von Arbeitgeber_innen-Websites sammelt. Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung bei der Gründung von Nejo und wie haben Sie sie gemeistert?
Meine größte Herausforderung ist es zu akzeptieren, dass die Entwicklung eines Produkts Zeit braucht. Ich bin von Natur aus ungeduldig und habe eine Hands-on-Mentalität, und es ist frustrierend, dass ich nicht einfach selbst in den Code springen und mithelfen kann. Die Wahrheit ist, dass ich keine Programmierkenntnisse habe, und meine Co-Founderr würden mich sowieso nie in die Nähe der Codebasis lassen. Wahrscheinlich ist das auch besser so.
Als Risikokapitalgeberin war ich daran gewöhnt, ein einigermaßen fertiges Produkt zu sehen, und nicht die chaotische Mitte, in der die Dinge halbfertig und voller Fehler sind. Aber Sie wissen wahrscheinlich, wie das Sprichwort lautet: „"If you ship it when it's perfect, you shipped it too late." Es ist ein täglicher Kampf, das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen der Auslieferung von etwas, das die Nutzer_innen wirklich lieben werden, und dem Eingeständnis, dass es angesichts der Zeit- und Ressourcenbeschränkungen, die wir haben, unmöglich perfekt sein kann.
Sie haben einmal über sich selbst gesagt, dass Sie jeden Tag versuchen, etwas zum ersten Mal zu tun. Was haben Sie gestern zum ersten Mal gemacht?
Gestern habe ich versucht, ein Ohr an einen gehäkelten Waschbären zu nähen, den ich für eine schwangere Freundin mache. Das habe ich noch nie gemacht, und ich war erstaunlich angespannt dabei. Ich hatte mehrere Abende hintereinander an diesem Waschbären gearbeitet, er war fast fertig, aber wenn ich das zweite Ohr versaut hätte - also asymmetrisch geworden wäre -, hätte es wahrscheinlich keine gute Möglichkeit gegeben, es zu reparieren.
Mein Freund bemerkte, wie nervös ich war und sagte scherzhaft: „Ich wusste gar nicht, dass du solche Versagensängste in dir hast.“ Die Wahrheit ist, dass ich definitiv diese Sorgen habe (und ich erinnere ihn oft daran!), aber ich probiere lieber etwas aus und scheitere, als dass ich im später auf mein Leben zurückblicke und mich frage wie anders es gewesen wäre, wenn ich mich nicht von meiner Angst hätte zurückhalten lassen.
Das Waschbären-Ohr ist ganz gut geworden. Nicht perfekt, aber wie heißt es schön in der Startup-Welt: erledigt besser als perfekt!
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