Presseaussendungen

IT-Karriere für Frauen: nur hoch qualifiziert und kinderlos

Länderübergreifende EU-Studie mit Beteiligung der TU Wien beleuchtet die berufliche Situation von Frauen in der IT-Branche.

Wien (TU). - Nach wie vor sind Frauen im IT-Bereich unterrepräsentiert. Und das nicht nur in Österreich sondern im gesamten europäischen Raum. Eine länderübergreifende EU-Studie, an der das Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung der Technischen Universität Wien beteiligt war, beleuchtet nun umfassend die Bedingungen für Frauen in einem Berufsfeld, in dem ständig neue Jobs entstehen. Darüber hinaus wurden zielgruppenspezifische Maßnahmen entwickelt, um IT-Berufe für Frauen attraktiver zu machen.

Vor- und Nachteile für Frauen
Lange und vor allem unregelmäßige Arbeitszeiten sind die größte Belastung für Frauen in diesem Berufsfeld. Weiters entstehen für Frauen mit Kindern erhebliche Nachteile, weil sie auf Grund der mangelnden Planbarkeit, Beruf und Familie kaum vereinbaren können. Daher verlassen diese Frauen auch die Branche eher wieder beziehungsweise streben sie in geringerem Ausmaß höhere Positionen an als kinderlose Frauen. Positive Faktoren für Frauen sind Autonomie und Selbstständigkeit, das relativ gute Einkommen in vielen Bereichen sowie der mit der IT-Branche verbundene Status. Frauen bewerten zudem den Abwechslungsreichtum der Tätigkeitsbereiche als äußerst attraktiv. Dies sind Ergebnisse des europäischen Projekts "Widening Women's Work in Information and Communication Technology" (www-ict).

Ein europäisches Problem
An dem von der Europäischen Kommission im "Information Society Technologies" (IST) Programm geförderten Projekt waren sowohl Forschungseinrichtungen als auch PraktikerInnen aus arbeitsmarkt- und wirtschaftsnahen Organisationen in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Österreich und Portugal beteiligt. Das Datenmaterial setzt sich aus insgesamt 140 biographischen Interviews (33 davon mit Männern) und mehreren Firmen-Fallstudien zusammen.

Über den geringen Frauenanteil im IT-Sektor gibt es zwar viel Zahlenmaterial, jedoch mit wenig Aussagekraft. Ein Grund dafür liegt in der Beschränkung der meisten Erhebungen auf die klassischen IT-Berufsfelder wie Netzwerktechnik, Softwareentwicklung sowie Produkt- und Systementwicklung. Ein wesentlicher Ansatzpunkt der aktuellen Studie war deshalb die Ausweitung des Forschungsraumes, um dem Boom in der IT-Branche mit seinen sich ständig wandelnden, neuen Jobprofilen gerecht zu werden. So wurden auch rund um den klassischen IT-Sektor angesiedelte Bereiche, wie der Internet- und Multimediabereich, e-commerce/e-business, Management und die "qualifizierten Informations-ArbeiterInnen", wie HelpDesk-Verantwortliche, Info-BrokerInnen, BibliothekarInnen und auch Online-RedakteurInnen, miteinbezogen. Das umfangreiche Datenmaterial machte auch Unterschiede in den einzelnen Berufsfeldern deutlich, wie beispielsweise die extrem ungünstigen Arbeitsbedingungen mit hoher Stressbelastung und geringer Bezahlung in den Webdesignbereichen. Die männlich dominierte Kultur und die mangelnde Unterstützung in Karriereplanung und Weiterbildung sind typisch für diese Branche.

Die typische IT-Frau gibt es nicht
Nach eindeutigen Merkmalen der "IT-Frau" suchten die ForscherInnen vergeblich. Einige biographische Muster lassen sich aber trotzdem festmachen: Frauen mit "geradlinigen Karriereverläufen" zeigten schon früh Interesse an Naturwissenschaften. Viele Frauen verstehen Technik wiederum als Hilfsmittel, um ihr künstlerisches oder journalistisches Interesse zu verwirklichen. Andere betrachten die IT-Branche als erstrebenswertes Berufsfeld, um ihren sozialen Status zu verbessern oder dem ländlichen Raum bzw. ihrem Herkunftsmilieu zu entfliehen. Selbstständige, autonome Frauen wiederum schätzen die Gestaltungsmöglichkeiten.

Maßnahmen zur Verbesserung der Situation
Umfassende, sorgfältige und differenzierte Berufsinformation ist eine dringend notwendige Voraussetzung. Eine genaue Beschreibung der Jobprofile und die weitgehende Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Situation von versorgungspflichtigen Frauen und Männern sind für die langfristige Erhöhung des Frauenanteils im IT-Bereich ebenfalls unumgänglich. Jobwechsel müssen erleichtert sowie klare Kriterien für die Personalauswahl entwickelt werden. Weiters fordern die Forscherinnen mehr Möglichkeiten der berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung und die Förderung von Mentoringprogrammen und Frauennetzwerken für Austausch, Unterstützung und Kooperation zwischen Expertinnen, Anwenderinnen und Lehrenden.