Wie man Schallwellen durchs Labyrinth lenkt

Eine Wellen-Manipulationstechnik der TU Wien wurde nun erstmal im Experiment getestet: Schallwellen lassen sich damit mühelos durch komplizierte Strukturen leiten.

Durch dieses Röhrensystem werden die Schallwellen geleitet.

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Durch dieses Röhrensystem werden die Schallwellen geleitet.

Durch dieses Röhrensystem werden die Schallwellen geleitet. [1]

Andre Brandstötter (l) und Stefan Rotter

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Andre Brandstötter (l) und Stefan Rotter

Andre Brandstötter (l) und Stefan Rotter

Ständig haben wir es mit Wellen zu tun, die auf komplizierte Weise abgelenkt werden: Ein Lichtstrahl fällt durch ein Glas Milch und wird in alle Richtungen gestreut. Elektromagnetische Wellen vom Handymasten werden gestreut oder absorbiert, sodass wir uns in Innenräumen über schlechten Empfang ärgern.

An der TU Wien entwickelt man Methoden, Wellen gezielt so zu manipulieren, dass sie sich praktisch ungestört fortbewegen können. In einer Kooperation mit einer Forschungsgruppe der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) und der Universität Kreta wurde diese Methode nun im Experiment umgesetzt. Mit präzise gesteuerten Lautsprechern gelang es, eine Schallwelle durch ein Rohr mit diversen Hindernissen zu schicken. Langfristig könnten solche Technologien dazu führen, Lichtwellen zu manipulieren und Objekte unsichtbar zu machen.

Licht oder Schall – auf die Welle kommt es an
Um das Konzept für verlustfreien Wellentransport zu testen, entschied man sich für Schallwellen. „Unsere Technik lässt sich grundsätzlich auf jede Art von Welle anwenden“, sagt Prof. Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien. „Mathematisch gesehen spielt es keine Rolle, ob es sich um Lichtwellen, Schallwellen oder quantenphysikalische Materiewellen handelt – aber in der Akustik sind die Experimente besonders anschaulich durchzuführen.“

Um die Welle auf genau die richtige Weise zu manipulieren, muss man an bestimmten Orten Energie zuführen oder abziehen. Das gelingt mit speziellen Lautsprechern, die entlang eines meterlangen Schallrohrs angebracht sind. „Die Lautsprecher sind allerdings nicht dazu da, um die ursprüngliche Schallwelle auf der anderen Seite des Rohres einfach zu reproduzieren - das wäre zu einfach“, erklärt Andre Brandstötter, ein Ko-Autor der Studie und Doktorand in der Gruppe von Stefan Rotter. „Es geht darum, die Schallwelle Punkt für Punkt zu manipulieren und sie gewissermaßen durch das Rohr hindurch zu lotsen, sodass sie an bestimmten Stellen im Rohr immer genau dieselbe Stärke hat.“

Die Lautsprecher werden so gesteuert, dass die Welle lokal verstärkt oder abgeschwächt wird. „Dadurch können wir der komplizierten Streuung entgegenwirken, die sonst unvermeidlich wäre, wenn die Welle auf ein Hindernis trifft“, sagt Rotter.

Das Röhren-Labyrinth
Das Experiment wurde mit einer luftgefüllten Röhre durchgeführt, in der unregelmäßige Hindernisse eingebaut wurden. Schickt man eine Schallwelle durch dieses Rohr, kommt am Ende praktisch kein Schall an. Wenn man allerdings die in die Röhre eingebrachten Lautsprecher nach den mathematischen Regeln steuert, die das Team der TU Wien entwickelt hat, dann verlässt die Schallwelle das Rohr so, als wäre sie unterwegs auf kein einziges Hindernis gestoßen.

Das Experiment in Lausanne zeigt, dass die Wellen-Manipulationstechnologien der TU Wien tatsächlich praxistauglich sind. Das Ziel ist nun, die Möglichkeiten dieser Technologie weiter auszubauen. „Wenn dasselbe im dreidimensionalen Raum mit Lichtwellen gelingt, könnte man im Prinzip Objekte unsichtbar machen“, sagt Stefan Rotter. Während für eine mögliche „Tarnkappe“ freilich noch einige weitere Entwicklungsschritte nötig sind, könnte die neue Technik heute schon für verschiedene Anwendungen in der Nachrichtenübertragung höchst interessant sein.


Originalpublikation:E. Rivet et al., Constant-pressure sound waves in non-Hermitian disordered media, Nature Physics, 2018. DOI: 10.1038/s41567-018-0188-7., öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster

Zum Nachlesen:Der Strahl, der unsichtbar macht , öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster
[1] Foto: Etienne Rivet, EPF Lausanne


Kontakt:
Prof. Stefan Rotter
Institut für Theoretische Physik
Technische Universität Wien
Wiedner Hauptstraße 8-10, 1040 Wien
T: +43-1-58801-13618
stefan.rotter@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Technische Universität Wien
PR und Marketing
Resselgasse 3, 1040 Wien
T: +43-1-58801-41027
florian.aigner@tuwien.ac.at