Flüssiger Treibstoff aus Erdgas und Biomasse
Shell-Techniker und VW-Techniker ausgezeichnet
Der höchstdotierte Automobil-Technikerpreis der Welt wurde heute an der TU-Wien an Dr.-Ing. Wolfgang Warnecke (Shell) und Dr.-Ing. Wolfgang Steiger (VW) für die Entwicklung eines flüssigen Treibstoffes aus Erdgas (GTL) und Biomasse (BTL) und dessen Einsatz in Automobilen verliehen.
Der „Professor Ferdinand Porsche Preis 2005“ der Technischen Universität Wien ist mit 50.000 EUR gemeinsam von der Porsche Holding, Salzburg und der Porsche AG, Stuttgart dotiert und wird an Techniker verliehen, deren Erfindungen die Entwicklungen des Automobils nachhaltig beeinflussen.
Hinter dem Kürzel GTL (Gas to Liquids) und BTL (Biomass to Liquids) steht eine der Aufsehen erregendsten Entwicklungen alternativer Treibstoffe. Diese synthetischen Treibstoffe ermöglichen es nicht nur, neue Energiequellen zu nutzen – und damit die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern – sie verbrennen auch schadstoffärmer. „Es ist eine Kraftstoffquelle, die als wichtige Zwischenstufe bis zur ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff und damit dem Serieneinsatz der Brennstoffzelle dienen kann und die heutige einseitige Abhängigkeit vom Erdöl verringert“, wies Prof. Dr. Bernhard Geringer, Leiter des Institutes für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau an der Technischen Universität Wien, auf diese Entwicklung hin. Geringer weiters: „Das Bestechende an diesem Ansatz ist die Möglichkeit, aus einer Vielzahl an organischen Ausgangssubstanzen ein wohl definiertes Endprodukt zu synthetisieren.“
Die Entwicklung zielt darauf hin, die Kraftstoffverknappung zu entschärfen, indem zusätzliche Primärenergiequellen als Treibstoffe einbezogen werden. Dabei bildet die erdgasbezogene Primärenergie der ersten Phase hin zu GTL, auch Synfuel genannt. Dazu kommen regenerative Quellen, beginnend mit Biomasse und damit Bioenergie, die eine zweite Phase hin zu BTL oder auch Sunfuel genannt, einleiten. „Die letzte, ultimative Lösung könnte dann Wasserstoff sein, wenn dieser regenerativ erzeugt wird“, sagte Geringer.
Für die Zukunft von Treibstoffen bringt diese Entwicklung viele neue Möglichkeiten mit sich. So können bisher keine oder nur unwirschaftlich genutzte Erdgasfelder zur Kraftstofferzeugung verwendet werden. Auch Kohle lässt sich auf diese Art (CTL – Coal to Liquids) als Treibstoff nutzen, was in vielen Teilen der Welt wie etwa in China ein interessanter Ansatz zur Treibstoffgewinnung sein könnte. Gleiches gilt für den biogenen Ansatz, wo es eine ganze Reihe von Ausgangsprodukten für die Herstellung flüssigen Kraftstoffes gibt.
Die besondere Reinheit der auch als „Designer-Kraftstoffe“ bezeichneten Flüssigkeiten haben deutliche Vorteile im Verbrauch und bei den Schadstoffemissionen (das Reduktionspotenzial liegt je nach Schadstoffkomponente bei bis zu 50 Prozent). Bei den BTL-Kraftstoffen kommt der geschlossene CO2-Kreislauf noch als entscheidender weiterer Vorteil hinzu. Das bei der Verbrennung im Motor frei werdende CO2 wird von den Pflanzen anschließend wieder in Biomasse gebunden. Die Energie dazu kommt hierbei nahezu komplett aus der Sonnenenergie.
Der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG, Dr. Wendelin Wiedeking, hob in seiner Laudatio die Bedeutung der Arbeit der beiden Preisträger für die nachhaltige Mobilität und die Zukunft des Automobils generell hervor: „Sie haben mit ihrer Grundlagenforschung zum Einsatz synthetischer Kraftstoffe großen Innovationsgeist bewiesen. Vor dem Hintergrund immer knapper werdender natürlicher Ressourcen und der damit einhergehenden Verteuerung des Rohstoffs Öl kommt den Ergebnissen ihrer wissenschaftlichen Arbeit eine enorme Tragweite zu. Bereits in wenigen Jahren werden die positiven Folgen ihrer Erkentnisse für die Automobilindustrie in vollem Umfang erkennbar sein.“
Dieser von Shell inzwischen in Malaysia für den kommerziellen Einsatz hergestellte neue synthetische Treibstoff wurde in Zusammenarbeit mit der VW-Konzernforschung auf die Anforderungen im Automobilbetrieb erprobt und definiert. Dieser sehr reine und klare synthetische Diesel wird bereits bei der Shell-Dieselkraftstoffsorte „V-Power-Diesel“ in Deutschland, Österreich und den Niederlanden beigemischt und bringt besseres Verbrennungsverhalten sowie weniger Emissionen.
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Der „Professor Ferdinand Porsche Preis“ der TU Wien wurde von der Tochter Ferdinand Porsches, Frau Kommerzialrat Louise Piech, im Jahr 1976 gestiftet, 1977 erstmals seit 1981 alle zwei Jahre an Techniker verliehen, die Innovationen zur wesentlichen Entwicklung des Automobils liefern.
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