Dr. Fehrer gratuliert Georg Brasseur

Univ.Prof. DI Dr. Georg BRASSEUR

Konstruktion eines elektronischen Reglers für Dieseleinspritzpumpen

Die Problemstellung des im September 1978 erteilten Forschungsauftrages der Firma Friedmann & Maier in Hallein lag zunächst in der Entwicklung eines elektronischen Volllastreglers für Dieselmotore. Die von diesem Regler zu messenden Motor-Parameter sind Drehzahl, Lufttemperatur, Motortemperatur, Kraftstofftemperatur, Luftdruck und Ladedruck. Anhand dieser zu messenden Parameter soll nach gewissen Kennlinienfeldern und analytischen Zusammenhängen die maximale Einspritzmenge gesteuert werden. Die Regelung ist jedoch nur so lange im Eingriff, so lange der Fahrfußhebel voll durchgetreten ist. Nimmt die/der Fahrzeuglenker_in den Fahrfußhebel zurück, so wird das elektronische System vom mechanischen  entkoppelt, und der Motor ist nur mehr rein mechanisch geregelt. Das gilt besonders  für die Leerlauf- und für die Endabregelung.

Motorversuche zeigten, dass die Dynamik des elektronischen Reglers der dem mechanischen deutlich überlegen ist. Ein Grund für die relativ schlechte Dynamik des mechanischen Reglers liegt sicher darin, dass die Stellkraft des Reglers drehzahlabhängig ist. Das rührt daher, dass ein Fliehgewicht-Federsystem, das mit der Einspritzpumpendrehzahl rotiert, die Stellkraft aufbringen muss. Diese nimmt jedoch etwa quadratisch mit fallender Drehzahl ab. Damit auch bei niederen Drehzahlen ausreichend Stellkraft vorhanden ist, muss die rotierende Masse relativ groß sein. Jedoch ist dadurch die Trägheit des  Systems groß, und die Regeldynamik wird schlecht.

Von dieser Abhängigkeit zwischen Drehzahl und Stellkraft löst man sich bei einem elektronischen Regler. Man wählt ein Stellglied, das genügend rasch die notwendige Stellkraft aufbringen kann.  Die Anforderungen an dieses Element sind sehr hoch, da es direkt am Motor montiert ist und damit Temperaturen bis 150°C und Rüttelbeschleunigungen bis 100 g ausgesetzt ist. Der Istwertaufnehmer muss ebenfalls an der Einspritzpumpe angebracht sein. Von seiner Genauigkeit hängt, trotz der oben erwähnten  Umweltbedingungen, speziell auf lange Sicht gesehen, die Positioniergenauigkeit ab. Wählt man einen Schrittmotor als Stellglied, so reduziert sich die Istwerterfassung auf die Kontrolle der Rotorstellung an einigen Positionen, was mit weit geringerem Aufwand möglich ist. Ein weiterer Vorteil des Schrittmotors liegt in der digitalen Ansteuerung, die z.B. direkt von einem Rechner über Leistungsendstufen erfolgen kann.

Durch die positive Prüfstandserfahrung  mit dem ersten Reglermuster, das bereits eine Regelung über den gesamten Last- und  Drehzahlbereich demonstrieren konnte, wurde der Forschungsauftrag erweitert, und zwar auf die Erstellung eines vollelektronischen Reglers. Dieser Regler besteht aus einer Geberauswerteelektronik  für Drehzahl, Fahrpedalstellung, Luft-, Lade- und Kraftstofftemperatur sowie Luft- und Ladedruck. Zusätzlich sind einige Eingänge, die von der/vom Benutzer_in für bestimmte Funktionen wie „Schaltvorgang erfassen“,„Motorstaubremse ist betätigt“ usw. belegt werden können, vorhanden.

Ein  Mikroprozessor verarbeitet die Signale der Geberauswerteelektronik und berechnet  anhand von Kennlinienfeldern und analytischen Zusammenhängen die einzuspritzende Kraftstoffmenge. Anschließend generiert der Rechner das zur Ansteuerung des Schrittmotors notwendige Bitmuster, das über eine Endstufe zum Schrittmotor gelangt und so den Ist-Wert korrigiert. Außerdem stehen noch einige von der/vom Benutzer_in zu definierende Ausgänge für beispielsweise „Abgasrückführungsklappe betätigen“ oder ähnliches zur Verfügung. An die V24-Schnittstelle des Reglers kann ein Terminal angeschlossen werden, das im Bedarfsfall  gewisse vom Mikroprozessor ausgewertete Größen mitschreibt, um jederzeit die fehlerlose Funktion des Reglers überprüfen zu können. Rechner, Geberelektronik und Schrittmotor werden von zwei Schaltnetzteilen aus der Fahrzeugbatterie gespeist. Sie  arbeiten sowohl an einem 12V als auch an einem 24V Bordnetz, ohne dass dafür ander „Hardware“ eine Änderung vorgenommen werden muss.

Der Regler wurde am Institut für Allgemeine Elektrotechnik und Elektronik zu einem einsatzfähigen Prototyp entwickelt, und er bewies seine Eignung an verschiedenen Motoren im LKW und im PKW. Vor allem für schnell laufende PKW-Dieselmotore, die mit Pumpedüsen  bestückt sind, ist deren elektronische Regelung unumgänglich notwendig. Die neuen Ideen, die in diesem Regler verwirklicht wurden, führten zur Einreichung von 14 Patenten.

Der Regler wurde von der zu diesem Zweck im Frühjahr 1983 neu gegründeten Firma Voest-Alpine-Friedmann (90% Anteile VOEST-ALPINE AG und 10% Friedmann & Maier AG) weiterentwickelt. Aufgrund der Übernahme der  Firma Friedmann & Maier AG im Jahr 1986 durch die Firma Robert BOSCH AG übernahm die Firma VOESTALPINE alle Anteile von der Firma Friedmann & Maier AG und änderte den Firmennamen auf VOEST-ALPINE AUTOMOTIVE (VAA). Die Firma VAA betrieb zwei Standorte, einen in Linz für die Mechanik/Hydraulik der Dieselreglerentwicklung und einen Standort in Wien für die Elektronik der Dieselreglerentwicklung.

Noch vor erfolgreicher Einführung der elektronischen Dieselregelung auf dem Markt durch die Firma VAA übernahm im Jahr 1990 die Firma Robert BOSCH AG die Firma VAA und transferierte die Konzernkompetenz für die elektronische PKW Dieselreglerentwicklung nach Wien.

Lebenslauf

Ausbildung

  • 1971-1979: Studium der Elektrotechnik, Studienrichtung Industrielle Regelungs- und Steuerungstechnik an der TU Wien
    1979-1985: Doktoratsstudium an der TU Wien Promotion mit Auszeichnung

Beruflicher Werdegang

  • 1978-1979: Studienassistent am Institut für Allgemeine Elektrotechnik der TU Wien
  • ab 1984: Koordination der Aktivitäten des Institutes für Allgemeine Elektrotechnik und Elektronik in Forschung, Entwicklung und Lehre auf dem Gebiet der Automobilelektronik Gründung und Leitung der Arbeitsgruppe Automobilelektronik
  • 1979-1985: Vertragsassistent am Institut für Allgemeine Elektrotechnik und Elektronik der TU Wien
  • 1985-1991: Universitätsassistent am Institut für Allgemeine Elektrotechnik und Elektronik der TU Wien
  • seit 1997: Assistenzprofessor
  • seit 1992: Bei IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) aktiv, u.a. Organisation von Konferenzen und Gründungsmitglied des IEEE Instrumentation and Measurement Chapter Austria
  • seit 1995: Technischer Delegierter der FIA und Vorsitzender der technischen Arbeitsgruppe für Solar- und Elektrofahrzeuge (ehrenamtlich)
  • 1998: Erteilung der Lehrbefugnis für das Fach Industrielle Elektronik
  • Seit 1999: Berufung als Ordinarius an das Institut für Elektrische Messtechnik und Messsignalverarbeitung, TU Graz
  • 2001-2008: Leiter des Christian Doppler Labors Kraftfahrzeugmesstechnik an der Technischen Universität Graz
  • 2004-2005: Dekan der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Graz
  • 2013-2022: Präsident der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Auszeichnungen

  • 1982: Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien
  • 1985: Plansee-Preis
  • 1997: Ernennung zum Senior Member des IEEE
  • 2001: Wilhelm Exner Medaille
  • 2007: Erwin Schrödinger Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • 2010: Ernennung zum Fellow des IEEE
  • 2012: Wahl zum wirklichen Mitglied in die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • 2021: Aufnahme in die Deutsche Akademie der Wissenschaften

Veröffentlichungen

  • über 100 internationale wissenschaftliche Publikationen
  • 49 Patente

Zur Initiative des Dr. Ernst Fehrer-Preises:

Durch die große Anzahl an Fehrer Preisträgerrinnen und Preisträgern ist bereits ein Netzwerk aus hervorragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entstanden, die schon fast zwei Generationen abdecken. Der Erhalt des Dr. Ernst Fehrer-Preis war zweierlei:

  • Erstens: Ein große Ehre und Ansporn auf dem Gebiet weiterzuforschen und aus dem prämierten Prototyp („Invention“) eine „Innovation“ zu machen, also ein Produkt zu gestalten, das bei der Bevölkerung ankommt und Fuß fasst.
  • Zweitens: Herrn Dr. Ernst Fehrer näher kennenlernen zu dürfen. Er war ein herausragender Wissenschaftler und wurde eines meiner großen Vorbilder.

Ich hatte die Ehre und Freude Herrn Dr. Fehrer bei der Fehrer AG in Linz zwei- oder dreimal besuchen zu dürfen. Er hat mir Forschungslabors und die Produktion gezeigt und hat sich viel Zeit für Gespräche genommen. Alles bleibende Eindrücke, die mein Leben stark beeinflusst haben. Die Preisträger_innen nutzen aber das Netzwerk aus meiner Sicht zu wenig. Dieses Buch über die Preisträger_innen werden sich in Zukunft, so hoffe ich, immer mehr als Knotenpunkt für Anfragen und Hilfeleistungen  zwischen Preisträger_innen herausstellen. Voraussetzung ist, dass sie alle ihre Expertise in ein paar Worten beschreiben und auf der Passwort geschützten Internetseite hinterlegen. Auch die Familie Fehrer kann dieses Netzwerk vermehrt nutzen.

Die Krönung der Vorweihnachtszeit ist die alljährlich stattfindende Dr. Ernst Fehrer-Preisverleihung. Ich bin meiner Alma Mater zu Dank verpflichtet, dass sie den festlichen Rahmen für die akademische Feier bietet und die Internet-Seite zum Dr. Ernst Fehrer-Preis zur Verfügung stellt und wartet. Insbesondere bin ich der Familie Fehrer zu großem Dank verpflichtet, dass sie jedes Jahr die Mittel für den Preis und die Mittagseinladung anlässlich des Dr. Ernst Fehrer-Preises aufbringt und last but not least möchte ich Frau Clara Mauel danken, dass sie bereits in der dritten Generation und durch ihren hohen persönlichen Einsatz die Tradition des Dr. Ernst Fehrer-Preises aufrecht erhält und intensiviert.