Porträtfoto von Sabine Mitterer

DI Dr. Sabine Mitterer

Excimer-Laser Corneal Shaping System: Grundlagen, Realisierung und erste klinische Anwendung

Bei bestimmten Hornhauterkrankungen (z. B. Pilzinfektionen, Wucherungen) ist oft die einzige Möglichkeit das Sehvermögen des Auges zu retten, indem die befallene Region oder aber auch die gesamte Hornhaut durch eine Spenderhornhaut ersetzt wird (lamellierende bzw. penetrierende Keratoplastik).

Weiters bieten Transplantate aus Spenderhornhäuten, die als „lebende“ Kontaktlinsen auf das fehlsichtige Auge genäht werden (aphake und myope Epikeratophakie), einen möglichen Ausweg, wenn die vorliegende starke Fehlsichtigkeit Berufsgruppenvorgaben nicht erfüllt (z.B. Pilot/Pilotin) oder situativ bzw. krankheitsbedingt weder mit Brille noch mit Kontaktlinsen korrigiert werden kann. Die „lebende“ Kontaktlinse wächst nur in der Randzone in die Patientenhornhaut ein und kann dadurch später auch wieder entfernt werden, ohne das zentrale Sehvermögen zu beeinträchtigen. Bislang wurden mechanische Methoden zur Herstellung solcher Transplantate eingesetzt, dabei wurde gefrorenes Spenderhornhautgewebe mit Diamant- oder Stahlmessern ausgestanzt (Kryodrehbank, Mikrokeratom, Rotorkeratom). Allerdings ist dabei immer das Risiko einer schwerwiegenden mechanischen Beschädigung der Spenderhornhaut gegeben. Im Gegensatz zu der bisherigen rein mechanischen Bearbeitung der Spenderhornhaut, wurde mit dem „Excimer-Laser Corneal Shaping System“ ein computergesteuertes System entwickelt, das die Bearbeitung von frischem Spendergewebe mittels gepulster Laserstrahlung mit μm-Genauigkeit erlaubt. Dabei eignet sich zur Herstellung der hochpräzisen Transplantate aus menschlicher Hornhaut die Abtragung mittels Excimer-Laser bei 193 nm Wellenlänge besonders gut.

Zur sterilen Präparation der Spenderhornhäute wurde die Anlage in einer Clean Box eingebaut. Die Spenderhornhaut wird zuerst vermessen und in einer konkaven Halterung befestigt. Die dadurch verursachte Krümmungsänderung und Verschiebung der Hornhautlamellen geht mithilfe eines mathematischen Modells in die weiteren Berechnungen ein. Über die Software werden die individuell für den Patienten benötigten Parameter, wie z.B. Durchmesser der optischen Zone, Form der Randzone, Brechkraft, zentrale und minimale Dicke sowie die Umrissform des Transplantates, eingegeben. Nun wird mittels des computergesteuerten Positioniersystems die Spenderhornhaut unter dem fokussierten Excimer-Laserstrahl (ArF, 193 nm) gemäß der Berechnungen bewegt. Der Photoablationsprozess ermöglicht eine effektive Abtragung mit Schädigungszonen kleiner 0,3 μm in dem Gewebe, das die Abtragungszone umgibt.

Die Präzision und Reproduzierbarkeit, mit welcher das System arbeitet, wurde mithilfe zweier experimenteller Methoden getestet. Erstens wurden planparallele Polymethylmetarcrylat (PMMA)-Scheiben nach dem gleichen Schema wie die Spenderhornhäute mithilfe eines modifizierten Programmes bearbeitet. Die Messung der erzielten Brechkraft ist mithilfe eines computerisierten Scheitelbrechwertmessers möglich. Die zu erzielende Sollbrechkraft wurde mit hoher Präzision erreicht. Zweitens wurden Spenderhornhäute bearbeitet und mithilfe der computerisierten Videokeratoskopie (TMS) vermessen, wobei eine Präzisions-Stahlkugel als Auflage diente und die Hornhaut des Patienten simulierte.

In der ersten klinischen Anwendung wurde zur Deckung einer lamellierende Keratektomie nach rezidivierenden Pterygium (gefäßhaltige Gewebswucherung) ein Transplantat mit frei entworfener Umrissform bei konstanter Dicke gewählt. Das Transplantat war nach drei Tagen epithelialisiert, nach drei Monaten klar. Der zweitePatient erhielt eine Epikeratophakie bei Keratoconus (Ausdünnung und kegelförmige Verformung der Hornhaut), auch dabei blieb das Transplantat klar. Das System stellt eine wesentliche Verbesserung der Präparation gegenüber den bisher verwendeten Methoden dar, da einerseits eine mechanische Schädigung der Spenderhornhaut entfällt und andererseits eine höhere Präzision gegeben ist.

Die Flexibilität des Systems ermöglicht, den gesamten Bereich der Transplantatherstellung sowohl für die penetrierende und lamellierende Keratoplastik, als auch der Lentikelherstellung für die Epikeratophakie abzudecken. Je nach klinischer Notwendigkeit kann der Chirurg die Parameter des refraktiven Lentikels (Gesamtdurchmesser, Durchmesser der optischen Zone, Brechkraft, Mindestdicke, Dicke der Randzone) oder des Transplantates für die lamellierende Keratoplastik (Durchmesser bei runden oder elliptischen Formen oder völlig beliebige Umrissform, Dicke) selbst bestimmen.

Dasselbe trifft auch auf die Transplantate bei penetrierenden Operationen zu; bei diesen können Durchmesserund Kantenneigung (parallel, konvergent und divergent zur optischen Achse) ebenso wie runde und elliptische Formen, aber auch völlig freie Umrissformengewählt werden.

Lebenslauf

Ausbildung

  • 1983-1990: Studium der Technischen Physik an der TU Wien
  • 1990-1993: Doktoratsstudium an der TU Wien

Beruflicher Werdegang

  • 1990-1993: Vertragassistentin am Institut für Allgemeine Physik an der TU Wien
  • 1994-2001: Leitende Physikerin am Institut für Radioonkologie am Kaiser-Franz-Josef-Spital
  • 2001-2009: MA 22 – Wiener Umweltschutzabteilung: Leiterin des Bereiches Finanz-, Büromanagement, IKT und Controlling Leitung des Bereiches Controlling Leitung und Programmmanagement „ÖkoBusinessPlan Wien“
  • 2010-2011: MA 36 – Technische Gewerbeangelegenheiten, behördliche Elektro- und Gasangelegenheiten, Feuerpolizei und Veranstaltungswesen: Koordinatorin für Qualitätsmanagement und Projektkoordination
  • 2011-2013: Magistratsdirektion der Stadt Wien – Geschäftsbereich Bauten und Technik, Stadtbaudirektion – Gruppe Umwelttechnik: Koordination von Umweltprojekten, Legal Compliance und Controlling
  • Seit 2013: Magistratsdirektion der Stadt Wien – Präsidialabteilung:
    Leiterin der Stabstelle Personal, Controlling u. Budget

Auszeichnungen

  • 1993: Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien
  • 1993: Mobilitätsstipendium der Akademisch-Sozialen Arbeitsgemeinschaft Österreichs
  • 1994: Eintrag der Dissertation als „Einmillionstes Buch“ der TU Wien-Bibliothek

Zur Initiative des Dr. Ernst Fehrer-Preises und Fortsetzung der Forschungen:

Die Bedeutung der Ereignisse erfasste ich erst im Rahmen der akademischen Feier, bei der ich Dr. Ernst Fehrer zum ersten Mal begegnete.

Nun ist es bereits 23 Jahre her, dass Dr. Ernst Fehrer mir den von ihm gestifteten Preis überreicht hat, aber die Erinnerung an das Bewerbungsverfahren, welches schlussendlich durch die akademische Feier anlässlich der Preisüberreichung am 3. Dezember 1993 gekrönt war, ist nach wie vor präsent.

Am Anfang meiner interdisziplinären wissenschaftlichen Arbeit im Überschneidungsbereich von Physikund Medizin standen durchaus ernsthaft vorgebrachte Befürchtungen mehrerer Institutskolleg_innen, menschliche Körperteile könnten das Institut verseuchen. Doch das wissenschaftliche Projekt entwickelte sich vielversprechend und schließlich reichte mein Institutsvorstand, Prof. Hannspeter Winter, die Arbeit für den Dr. Ernst Fehrer-Preis ein. Am Ende des Auswahlprozesses waren wir nur mehr zwei Kandidat_innen und für die der endgültigen Entscheidung zugrundeliegende Präsentation durch den jeweiligen Institutsvorstand musste ein Poster erstellt werden. Prof. Winter war von meinem Poster angetan, und ich freute mich, dass ich ihn beeindruckt hatte. Und noch größer war meine Freude, als er mit mitteilte, wir hätten es geschafft! Der Dr. Ernst Fehrer-Preis ging also an mich, und ich ging auf Jobsuche.

Auch frühere Preisträger_innen waren anwesend und stellten sich als „Fehrer-Preis-Familie“ vor. Im Anschluss an die akademische Feier war eine Tafel im Restaurant des Hotels Bristol für ungefähr 30 Personen vorbereitet worden. Die folgenden zwei Stunden an der Seite Dr. Ernst Fehrers haben einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Seine charismatische Persönlichkeit, sein Wissen und sein imposantes Lebenswerk beeindruckten mich immens, und ich empfinde bis heute die größte Hochachtung vor seiner Innovationsfähigkeit, Kreativität und positiven menschlichen Ausstrahlung. Er hatte auch die Größe, nicht nur positive Entwicklungen anzusprechen, und so imponierte mir besonders sein starker Wille, sich beim Aufbau seiner Firma und Umsetzung seiner Ideen trotz der anfänglich fehlenden Unterstützung von außen nicht von seinem Weg abbringen zu lassen.

Ich konnte damals noch nicht wissen, auf wie viele der von Dr. Ernst Fehrer angesprochenen Aspekte ich später bei meinem beruflichen Werdegang noch zurückgreifen würde. Seine an mich vermittelte Wertehaltung waren jedenfalls exzellentes Rüstzeug und tragfähige psychologische Stütze, um alle Widrigkeiten und Schwierigkeiten zu meistern und so erfüllt mich bis heute große Dankbarkeit, dass ich Dr. Ernst Fehrer ein wenig kennen lernen durfte.

Ich bin stolz darauf, Mitglied der Fehrer-Preis-Familie zu sein. Rückblickend kann ich diese zwei Stunden als einer der inspirierendsten meines Lebens bezeichnen, sowie die damals als Hauptgang servierte „Ente mit Rotkraut“ getrost als legendär. Die Großzügigkeit der Auslobungeines Forschungspreises durch Dr. Ernst Fehrer und der Weiterführung durch seine Familie soll an dieser Stelle selbstverständlich nicht unerwähnt bleiben, und so gilt mein Dank auch seinem engsten Familienkreis.