Excimer-Laser Corneal Shaping System: Grundlagen, Realisierung und erste klinische Anwendung
Bei bestimmten Hornhauterkrankungen (z. B. Pilzinfektionen, Wucherungen) ist oft die einzige Möglichkeit das Sehvermögen des Auges zu retten, indem die befallene Region oder aber auch die gesamte Hornhaut durch eine Spenderhornhaut ersetzt wird (lamellierende bzw. penetrierende Keratoplastik).
Weiters bieten Transplantate aus Spenderhornhäuten, die als „lebende“ Kontaktlinsen auf das fehlsichtige Auge genäht werden (aphake und myope Epikeratophakie), einen möglichen Ausweg, wenn die vorliegende starke Fehlsichtigkeit Berufsgruppenvorgaben nicht erfüllt (z.B. Pilot/Pilotin) oder situativ bzw. krankheitsbedingt weder mit Brille noch mit Kontaktlinsen korrigiert werden kann. Die „lebende“ Kontaktlinse wächst nur in der Randzone in die Patientenhornhaut ein und kann dadurch später auch wieder entfernt werden, ohne das zentrale Sehvermögen zu beeinträchtigen. Bislang wurden mechanische Methoden zur Herstellung solcher Transplantate eingesetzt, dabei wurde gefrorenes Spenderhornhautgewebe mit Diamant- oder Stahlmessern ausgestanzt (Kryodrehbank, Mikrokeratom, Rotorkeratom). Allerdings ist dabei immer das Risiko einer schwerwiegenden mechanischen Beschädigung der Spenderhornhaut gegeben. Im Gegensatz zu der bisherigen rein mechanischen Bearbeitung der Spenderhornhaut, wurde mit dem „Excimer-Laser Corneal Shaping System“ ein computergesteuertes System entwickelt, das die Bearbeitung von frischem Spendergewebe mittels gepulster Laserstrahlung mit μm-Genauigkeit erlaubt. Dabei eignet sich zur Herstellung der hochpräzisen Transplantate aus menschlicher Hornhaut die Abtragung mittels Excimer-Laser bei 193 nm Wellenlänge besonders gut.
Zur sterilen Präparation der Spenderhornhäute wurde die Anlage in einer Clean Box eingebaut. Die Spenderhornhaut wird zuerst vermessen und in einer konkaven Halterung befestigt. Die dadurch verursachte Krümmungsänderung und Verschiebung der Hornhautlamellen geht mithilfe eines mathematischen Modells in die weiteren Berechnungen ein. Über die Software werden die individuell für den Patienten benötigten Parameter, wie z.B. Durchmesser der optischen Zone, Form der Randzone, Brechkraft, zentrale und minimale Dicke sowie die Umrissform des Transplantates, eingegeben. Nun wird mittels des computergesteuerten Positioniersystems die Spenderhornhaut unter dem fokussierten Excimer-Laserstrahl (ArF, 193 nm) gemäß der Berechnungen bewegt. Der Photoablationsprozess ermöglicht eine effektive Abtragung mit Schädigungszonen kleiner 0,3 μm in dem Gewebe, das die Abtragungszone umgibt.
Die Präzision und Reproduzierbarkeit, mit welcher das System arbeitet, wurde mithilfe zweier experimenteller Methoden getestet. Erstens wurden planparallele Polymethylmetarcrylat (PMMA)-Scheiben nach dem gleichen Schema wie die Spenderhornhäute mithilfe eines modifizierten Programmes bearbeitet. Die Messung der erzielten Brechkraft ist mithilfe eines computerisierten Scheitelbrechwertmessers möglich. Die zu erzielende Sollbrechkraft wurde mit hoher Präzision erreicht. Zweitens wurden Spenderhornhäute bearbeitet und mithilfe der computerisierten Videokeratoskopie (TMS) vermessen, wobei eine Präzisions-Stahlkugel als Auflage diente und die Hornhaut des Patienten simulierte.
In der ersten klinischen Anwendung wurde zur Deckung einer lamellierende Keratektomie nach rezidivierenden Pterygium (gefäßhaltige Gewebswucherung) ein Transplantat mit frei entworfener Umrissform bei konstanter Dicke gewählt. Das Transplantat war nach drei Tagen epithelialisiert, nach drei Monaten klar. Der zweitePatient erhielt eine Epikeratophakie bei Keratoconus (Ausdünnung und kegelförmige Verformung der Hornhaut), auch dabei blieb das Transplantat klar. Das System stellt eine wesentliche Verbesserung der Präparation gegenüber den bisher verwendeten Methoden dar, da einerseits eine mechanische Schädigung der Spenderhornhaut entfällt und andererseits eine höhere Präzision gegeben ist.
Die Flexibilität des Systems ermöglicht, den gesamten Bereich der Transplantatherstellung sowohl für die penetrierende und lamellierende Keratoplastik, als auch der Lentikelherstellung für die Epikeratophakie abzudecken. Je nach klinischer Notwendigkeit kann der Chirurg die Parameter des refraktiven Lentikels (Gesamtdurchmesser, Durchmesser der optischen Zone, Brechkraft, Mindestdicke, Dicke der Randzone) oder des Transplantates für die lamellierende Keratoplastik (Durchmesser bei runden oder elliptischen Formen oder völlig beliebige Umrissform, Dicke) selbst bestimmen.
Dasselbe trifft auch auf die Transplantate bei penetrierenden Operationen zu; bei diesen können Durchmesserund Kantenneigung (parallel, konvergent und divergent zur optischen Achse) ebenso wie runde und elliptische Formen, aber auch völlig freie Umrissformengewählt werden.