Die Anfänge
Dr. Ernst Fehrer wurde am 24. März 1919 in Linz geboren. Ambitionen in Richtung einer Karriere in der Technik waren bereits früh spürbar: Als er 14 Jahre alt wurde, stellte ihm sein Vater einen eigenen Raum für Experimente zur Verfügung. Es folgte ein Startversuch mit einer selbst gebauten Rakete, wobei sowohl die Tür als auch die Fenster des Raumes zu Bruch gingen. Mit 15 Jahren entwickelte er seine erste Spinnmaschine. Das erste Patent meldete er im Alter von 18 Jahren an.
Dr. Ernst Fehrer studierte während des Krieges vier Semester Technische Physik an der TU Wien. Nach dem Krieg vollendete er sein Studium der Theoretischen Physik an der Universität Graz und promovierte im Herbst 1947 zum Doktor phil. Zurück in seiner Heimatstadt Linz offerierte ihm sein Vater eine Position in dessen Rosshaarspinnerei. Dort gelang es ihm jedoch schwer, seine technischen Bedürfnisse zu befriedigen und seine Patente in die Praxis umzusetzen. Nichtsdestotrotz wurde ihm auf diese Weise die Möglichkeit geboten, im väterlichen Betrieb Textilmaschinen, die größtenteils noch auf Technologien aus dem 19. Jahrhundert beruhten, näher kennenzulernen. Der Anreiz nach verbesserten und neuen Maschinen war relativ rasch gegeben.
Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt erkannte Dr. Ernst Fehrer das Prinzip der Marktnischen: „Selbst aus kleinsten wirtschaftlichen Anfängen kann man auf Spezialgebieten der Technik marktbeherrschende Positionen erlangen, wenn man Maschinen entwickelt, die in ihrer Leistung und Rationalität führend sind, und wenn man sich ferner mit Maschinenkonstruktionen befasst, die den sogenannten Wachstumsbranchen dienlich sind„.
Dr. Ernst Fehrer nahm sein Vorhaben ernst: Er begann in fremden Werkstätten eigene Maschinen zu bauen. Die ständig wachsende Nachfrage nach seinen Spezialmaschinen und der Wunsch nach einer optimalen Verwertung seiner Patente bedurften jedoch einer Veränderung. „I had no money at that time. The first machines I built out of scrap materials were spinning and curling machines for animal hair. After I sold these machines to the United States I was a very rich man within two years. It sounds like an untrue story, but it’s true“, erzählt er 1996 im Interview mit dem Magazin America’s Textiles International.
Die Vision: Eine eigene Fabrik. So gründete Dr. Ernst Fehrer im Mai 1953 eine Firma, die sich mit dem Bau von Textilmaschinen befasste. Die Eckdaten im Mai 1953: 100.000 Schilling Startkapital, 1 Drehbank, Schlosser und eine Werkshalle mit 400 m2. Der Zeitpunkt – ein wirtschaftlich gesehen schwieriger.
Vom Kokosgarn zum Nadelfilz
Hergestellt wurden in den ersten 10 Jahren Maschinen und Anlagen für die Kroll- und Gummihaar-Industrie, für die Gewinnung von Kokosfasern sowie für die Kokosgarn- und Gummikokoserzeugung. Zu diesem Zeitpunkt wurden allein mehr als 1.000 Spinn- und Krausmaschinen für die Herstellung von Matratzenfüllstoffen entwickelt, gebaut und exportiert.
- 1965 folgte die Produktion der ersten Fehrer-Nadelfilzmaschinen in Modulbauweise. Die Herstellung von Maschinen für die Nonwoven-Produktion sollte später die Weltgeltung des Unternehmens sichern. Synthetische Fasern, vor dem Zweiten Weltkrieg noch völlig unbekannt, ermöglichten dabei neue Technologien. Nonwovens, mechanisch und/oder chemisch verfestigte Faservliese, waren zu diesem Zeitpunkt aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Zum Beispiel Nadelfilze als Bodenbeläge, Syntheseleder für Bekleidung, technische Filze für die Papiererzeugung sowie als Filter, Isolationsmaterialien oder zur Schalldämmung. Die Produktion dieser neuen Artikel erforderte auch eine ebenso neue Maschinentechnik, wodurch Dr. Ernst Fehrer mit seinem Technikerteam Pionierarbeit leistete. Etwa durch die Entwicklung hochmoderner Nadelfilzmaschinen zur mechanischen Verfestigung von Faservliesen oder durch die Entwicklung von Vliesmaschinen und Karden auf aerodynamischer Basis zur Herstellung dreidimensionaler Faservliese.
- 1967 begann Dr. Ernst Fehrer mit der Produktion der ersten Doppelbrett-Nadelfilzmaschinen – bei 1.000 Hüben pro Minute.
- 1968 folgte der Verkauf der NL 18 Papiermachernadelfilzmaschinen mit neuartigem Filzwechselsystem sowie der ersten K 12 Wirrvlieskarde. Die K 12 erreichte Arbeitsbreiten bis zu 5,4 m und diente der Herstellung von Wirrvliesen aus allen Arten von Synthesefasern, textilen Abfallfasern und Naturfasern im Gewichtsbereich bis zu 2.000g/m2.
- 1973 produzierte Dr. Ernst Fehrer die erste Einbrett Nadelfilzmaschine mit 1.200 Hüben pro Minute bei fundamentloser Aufstellung.
- 1976 wurde als Weiterentwicklung der NL 18 die erste NL 19 Papiermachernadelfilzmaschine produziert, mit Arbeitsbreiten von bis zu 15,8 m. Sie ermöglichte eine gleichzeitige Vernadelung von beiden Seiten des Filzes mit einem patentierten Schwenktisch, wodurch der Filzwendevorgang wegfiel. Es folgte die Herstellung der NL 36 und NL 42 Maschinen, die ebenso auf Basis der doppelseitigen Vernadelung entwickelt wurden.
25 Jahre, 400 Patente und 98% Exportquote
In den ersten 25 Jahren von Dr. Ernst Fehrers Firma wurden mehr als 1.000 Nadelfilzmaschinen und über 400 Vliesanlagen in die ganze Welt exportiert. Aufgrund der sehr hohen Produktionsleistungen seiner Maschinen und Anlagen ergaben sich Marktanteile von bis zu 90%. So wurde zum damaligen Zeitpunkt etwa die Hälfte der Weltpapierproduktion auf Filzen hergestellt, die mit Maschinen aus der Produktion Dr. Ernst Fehrers genadelt worden sind.
Bis 1979 wurden etwa 250 Mio. Schilling in den Auf- und Ausbau der Firma Fehrer investiert. Weitere 150 Mio. Schilling wurden an Forschungs- und Entwicklungskosten aufgewendet, um von Stunde Null an ein den internationalen Ansprüchen gerecht werdendes Maschinenbauprogramm zu schaffen. In diesem Zusammenhang wurden weder Subventionen irgendeiner Art noch geförderte langfristige Investitionskredite oder dergleichen in Anspruch genommen.
98% aller bis zu diesem Zeitpunkt verkauften Maschinen wurden in mehr als 70 Länder der Erde exportiert – mit einem Exporterlös von insgesamt über 3 Milliarden Schilling: „Meine Tätigkeit als Unternehmer ist nur Mittel zum Zweck um auch weiterhin neue, revolutionierende und bahnbrechende Maschinensysteme für die Textilindustrie entwickeln und finanzieren zu können.“
Von Linz bis zum Mond
„Wenn ein Österreicher bei der NASA gut bekannt ist, dann bin das ich“, erzählte Dr. Ernst Fehrer in einem Interview mit dem Wirtschaftsblatt 1997. Ihm gelang es, mithilfe eines von ihm entwickelten Materials aus Glasfasern, Kohlefasern und schwer brennbaren Fasern, die Abschussrampen bei Raketenstarts widerstandsfähig zu machen. Während Beton zerbröselt und Stahl weggeschmolzen wäre, hielt das Material von Dr. Ernst Fehrer den hohen Temperarturen beim Start der Trägerraketen stand.
Und er widmete sich weiteren Innovationen: Der Verarbeitung von Flachs zu einem neuen Autowerkstoff. Dem Gedanken lag zu Grunde, dass Autos zukünftig nicht nur mehr aus Stahl, Blech oder Kunstsoff hergestellt würden, sondern aus recyclingfähigen Faserverbundstoffen, bestehend aus NaturFasern wie Flachs, Jute, Holz- oder Palmfasern. Im März 1999 feierte Dr. Ernst Fehrer seinen 80. Geburtstag. „80 Jahre und kein bisschen leise“ berichtete die OÖ Rundschau. Um die 1.000 Patente lauteten damals auf seinen Namen.
Die bedeutendsten Produkte
Zu den bedeutendsten Produkten, die weltweit mit Fehrer „Nonwoven“-Maschinen hergestellt wurden, zählten unter anderem:
- Syntheseleder (Weltmarktanteil 80%)
- Trocken- und Preßfilze für die Papierindustrie (Weltmarktanteil über 90%)
- Geotextilien für den Straßen- und Tunnelbau (Weltmarktanteil ca. 50%)
- medizinische/sanitäre Hygienevliese (Weltmarktanteil 30%)
- High Loft-Vliese für die Polster- und Möbelindustrie (Weltmarktanteil 50%)
- Nadelfilze für die textile Auskleidung von Autos (Weltmarktanteil 60%)
Mit den Fehrer Friktionsspinnmaschinen DREF II und DREF III hergestellte Produkte umfassten etwa:
- Decken und andere textile Produkte aus Abfall- und Regeneratfasern – Recycling-Prozess (Weltmarktanteil 50%)
- Asbestsubstitution für Brems- und Kupplungsbeläge (Weltmarktanteil 30%)
- „Fireblocker“ für die Flugzeug-, Raketen- und Raumfahrtindustrie sowie den militärischen Sektor (Weltmarktanteil 20%)
- Faserverbundstoffe (Composits) unter Verwendung von DREF III-Hybridgarnen für die Auto- und Flugzeugindustrie (Weltmarktanteil 10%)
Erfinder bis zuletzt
Bis zu seinem Tod arbeitete Dr. Ernst Fehrer an weiteren Entwicklungen im Nonwoven-, Nadelfilzmaschinen- und Spinnmaschinensektor. Er verstarb am 1. Dezember 2000 im 82. Lebensjahr in Linz.