Konstruktion eines elektronischen Reglers für Dieseleinspritzpumpen
Die Problemstellung des im September 1978 erteilten Forschungsauftrages der Firma Friedmann & Maier in Hallein lag zunächst in der Entwicklung eines elektronischen Volllastreglers für Dieselmotore. Die von diesem Regler zu messenden Motor-Parameter sind Drehzahl, Lufttemperatur, Motortemperatur, Kraftstofftemperatur, Luftdruck und Ladedruck. Anhand dieser zu messenden Parameter soll nach gewissen Kennlinienfeldern und analytischen Zusammenhängen die maximale Einspritzmenge gesteuert werden. Die Regelung ist jedoch nur so lange im Eingriff, so lange der Fahrfußhebel voll durchgetreten ist. Nimmt die/der Fahrzeuglenker_in den Fahrfußhebel zurück, so wird das elektronische System vom mechanischen entkoppelt, und der Motor ist nur mehr rein mechanisch geregelt. Das gilt besonders für die Leerlauf- und für die Endabregelung.
Motorversuche zeigten, dass die Dynamik des elektronischen Reglers der dem mechanischen deutlich überlegen ist. Ein Grund für die relativ schlechte Dynamik des mechanischen Reglers liegt sicher darin, dass die Stellkraft des Reglers drehzahlabhängig ist. Das rührt daher, dass ein Fliehgewicht-Federsystem, das mit der Einspritzpumpendrehzahl rotiert, die Stellkraft aufbringen muss. Diese nimmt jedoch etwa quadratisch mit fallender Drehzahl ab. Damit auch bei niederen Drehzahlen ausreichend Stellkraft vorhanden ist, muss die rotierende Masse relativ groß sein. Jedoch ist dadurch die Trägheit des Systems groß, und die Regeldynamik wird schlecht.
Von dieser Abhängigkeit zwischen Drehzahl und Stellkraft löst man sich bei einem elektronischen Regler. Man wählt ein Stellglied, das genügend rasch die notwendige Stellkraft aufbringen kann. Die Anforderungen an dieses Element sind sehr hoch, da es direkt am Motor montiert ist und damit Temperaturen bis 150°C und Rüttelbeschleunigungen bis 100 g ausgesetzt ist. Der Istwertaufnehmer muss ebenfalls an der Einspritzpumpe angebracht sein. Von seiner Genauigkeit hängt, trotz der oben erwähnten Umweltbedingungen, speziell auf lange Sicht gesehen, die Positioniergenauigkeit ab. Wählt man einen Schrittmotor als Stellglied, so reduziert sich die Istwerterfassung auf die Kontrolle der Rotorstellung an einigen Positionen, was mit weit geringerem Aufwand möglich ist. Ein weiterer Vorteil des Schrittmotors liegt in der digitalen Ansteuerung, die z.B. direkt von einem Rechner über Leistungsendstufen erfolgen kann.
Durch die positive Prüfstandserfahrung mit dem ersten Reglermuster, das bereits eine Regelung über den gesamten Last- und Drehzahlbereich demonstrieren konnte, wurde der Forschungsauftrag erweitert, und zwar auf die Erstellung eines vollelektronischen Reglers. Dieser Regler besteht aus einer Geberauswerteelektronik für Drehzahl, Fahrpedalstellung, Luft-, Lade- und Kraftstofftemperatur sowie Luft- und Ladedruck. Zusätzlich sind einige Eingänge, die von der/vom Benutzer_in für bestimmte Funktionen wie „Schaltvorgang erfassen“,„Motorstaubremse ist betätigt“ usw. belegt werden können, vorhanden.
Ein Mikroprozessor verarbeitet die Signale der Geberauswerteelektronik und berechnet anhand von Kennlinienfeldern und analytischen Zusammenhängen die einzuspritzende Kraftstoffmenge. Anschließend generiert der Rechner das zur Ansteuerung des Schrittmotors notwendige Bitmuster, das über eine Endstufe zum Schrittmotor gelangt und so den Ist-Wert korrigiert. Außerdem stehen noch einige von der/vom Benutzer_in zu definierende Ausgänge für beispielsweise „Abgasrückführungsklappe betätigen“ oder ähnliches zur Verfügung. An die V24-Schnittstelle des Reglers kann ein Terminal angeschlossen werden, das im Bedarfsfall gewisse vom Mikroprozessor ausgewertete Größen mitschreibt, um jederzeit die fehlerlose Funktion des Reglers überprüfen zu können. Rechner, Geberelektronik und Schrittmotor werden von zwei Schaltnetzteilen aus der Fahrzeugbatterie gespeist. Sie arbeiten sowohl an einem 12V als auch an einem 24V Bordnetz, ohne dass dafür ander „Hardware“ eine Änderung vorgenommen werden muss.
Der Regler wurde am Institut für Allgemeine Elektrotechnik und Elektronik zu einem einsatzfähigen Prototyp entwickelt, und er bewies seine Eignung an verschiedenen Motoren im LKW und im PKW. Vor allem für schnell laufende PKW-Dieselmotore, die mit Pumpedüsen bestückt sind, ist deren elektronische Regelung unumgänglich notwendig. Die neuen Ideen, die in diesem Regler verwirklicht wurden, führten zur Einreichung von 14 Patenten.
Der Regler wurde von der zu diesem Zweck im Frühjahr 1983 neu gegründeten Firma Voest-Alpine-Friedmann (90% Anteile VOEST-ALPINE AG und 10% Friedmann & Maier AG) weiterentwickelt. Aufgrund der Übernahme der Firma Friedmann & Maier AG im Jahr 1986 durch die Firma Robert BOSCH AG übernahm die Firma VOESTALPINE alle Anteile von der Firma Friedmann & Maier AG und änderte den Firmennamen auf VOEST-ALPINE AUTOMOTIVE (VAA). Die Firma VAA betrieb zwei Standorte, einen in Linz für die Mechanik/Hydraulik der Dieselreglerentwicklung und einen Standort in Wien für die Elektronik der Dieselreglerentwicklung.
Noch vor erfolgreicher Einführung der elektronischen Dieselregelung auf dem Markt durch die Firma VAA übernahm im Jahr 1990 die Firma Robert BOSCH AG die Firma VAA und transferierte die Konzernkompetenz für die elektronische PKW Dieselreglerentwicklung nach Wien.